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Titan 21

Titan 21

Titel: Titan 21
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Barbour empfand das anders. Aber das, was ihn beschäftigte, wollte keine Gestalt annehmen und entzog sich damit der Analyse.
    »Ich bin hier überfordert«, sagte Wilcox und stand auf. »Ich werde jetzt, mit Ihrer Erlaubnis, Commander, wieder zu meinen Freunden zurückkehren.«
    Clowdis zögerte. Er ahnte ein Risiko, das viel unmittelbarer war als jede Handlung der T'sai. Die Besatzung des Schiffes zählte unter Einschluß seiner Person siebzehn, während unter Deck bereits hundertfünfzehn Kolonisten unruhig zu murmeln und murren begannen. Wenn sie in Panik gerieten, dann war von vorneherein jede Chance für das Überleben dahin.
    Er überlegte, Wilcox festzuhalten, bis sie sich auf einen Aktionsplan geeinigt hatten, tat den Gedanken dann aber ab, weil er aus der Erfahrung wußte, daß man eine Gruppe von Menschen ohne Führer nicht lange in Unsicherheit lassen konnte, ohne daß sie Aufmunterung forderten.
    »Gehen Sie nur«, sagte Clowdis. »Aber bedenken Sie, Wilcox – unsere Chancen, das hier zu überleben, hängen ebenso von Ihnen wie von uns ab. Wenn Sie uns nicht helfen können, dann sorgen Sie dafür, daß Ihre Leute uns in Ruhe lassen.«
    Als Wilcox gegangen war, sahen Clowdis, Vesari und Barbour einander zweifelnd an. Nur Buehls schwerer Atem durchbrach das Schweigen.
    »Vielleicht bleiben sie ruhig«, sagte Barbour schließlich ohne große Überzeugung. »Keiner von ihnen kann eine genaue Vorstellung davon haben, womit wir es hier wirklich zu tun haben.«
    Clowdis zuckte hilflos die Achseln. »Haben wir die denn, Frank?«
    Wilcox ging sofort nach unten, wo er sich Gerüchten und Unruhe ausgesetzt fand. Kaum hatte er den Fuß in die lange Stahlkammer gesetzt, als sich alle um ihn drängten und ein Stimmengewirr die Luft erfüllte.
    Zu seiner eigenen Überraschung schaffte er es, ihnen diese Beruhigung zu liefern. Die Rolle des Anführers war ihm gegen seinen Willen aufgedrängt worden, aber ihre offenkundige Abhängigkeit von ihm verlieh ihm jetzt eine Kraft, von der er gar nicht gewußt hatte, daß er sie besaß.
    »Wir werden hier zur Überprüfung aufgehalten«, sagte er. »Eine Art Einwanderungskontrolle, die wir passieren müssen, ehe wir den Regulus-Planeten beanspruchen können, der unser Ziel ist. Es herrscht keine Gefahr. Commander Clowdis hat die Situation unter Kontrolle.«
    Aber später, als die anderen ihn allein gelassen hatten und in einzelnen Grüppchen erregt miteinander diskutierten, saß Wilcox mit seiner Frau in ihrem engen Kämmerchen und mußte erkennen, daß sein trügerisches Selbstvertrauen sie keineswegs getäuscht hatte.
    »Du hältst mit irgend etwas zurück, Carl«, sagte seine Frau. Sie war jünger als Wilcox, Ende der Zwanzig, und dunkelhaarig und selbst in der billigen und nüchternen Emigrantenkleidung recht hübsch. »Die werden uns zum Umkehren zwingen, nicht wahr?«
    Er schüttelte hilflos den Kopf. »Ich weiß nicht, Alice. Keiner von uns weiß das, nicht einmal der Kommandant. Dieser T'sai sieht wie ein Mensch aus, aber er ist eher ein Gott. Niemand hat eine Ahnung, was er tun wird, wenn wir uns nicht beweisen.«
    Sie legte den Kopf etwas zur Seite und sah ihn prüfend an, fühlte etwas von den Dingen, die hier auf dem Spiel standen.
    »Die T'sai haben das noch nie zuvor getan. Carl, meinst du, sie haben vor, die ganze menschliche Rasse nach dieser Schiffsladung zu beurteilen?«
    Er schreckte vor dem Gedanken zurück. »Hoffentlich nicht! Die Verantwortung…«
    Und dann trieben ihm die verschiedenen Möglichkeiten eisige Schauder über den Rücken: sie selbst abgelehnt, vernichtet oder zur Erde zurückgetrieben; andere bereits geplante Expeditionen blockiert; die Menschheit vielleicht für alle Zeit auf ihren eigenen unfruchtbaren, überfüllten kleinen Ring von Welten beschränkt.
    Aber ebenso unvermeidlich, weil er nämlich von seiner Geburt an ein einfaches Rädchen in einer komplizierten ökonomischen Maschine gewesen war und als solcher nur in seinem unmittelbaren Bereich von Sorgen erfahren, wanderte sein Gedanke zu sich und seiner Frau und ihrem ungeborenen Kind und den anderen Kolonisten zurück, die ihre Brücken verbrannt hatten, um ins Weltall hinauszuziehen.
    Sie konnten nicht umkehren. Es gab für sie auf der Erde keinen Platz, und die Kolonien waren die Hölle für Ausgestoßene, deren Schicksal schlimmer als das von Sklaven war.
    Ebenso gut können wir hier draußen sterben, sagte er sich. Der Gedanke schlug Wurzeln und entfachte den glutenden Funken
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