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Titan 21

Titan 21

Titel: Titan 21
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Das Gefühl der vom Schicksal bestimmten Unvollständigkeit aller Lebewesen und ihrer Errungenschaften verlieh der galaktischen Gemeinschaft aller Welten einen Zauber, eine Heiligkeit, wie sie mancher kurzlebigen, zarten Blume innewohnt.
    Olaf Stapledon: Der Sternenmacher
     
     
    Eines kann uns die Science Fiction lehren: Selbst der schlimmsten Katastrophe kann man Vergnügen abgewinnen.
    Die Science Fiction in den Magazinen, das darf man nie vergessen, wurde in erster Linie für eine unterprivilegierte Leserschaft geschrieben. Es handelte sich um eine Literatur der Basis, ein Kind der Groschenmagazine. Wenn man schlecht bezahlt und unzureichend gebildet war und in einem primitiven Büro in London oder New York arbeitete und abends in eine armselige Wohnung in einer häßlichen Straße zurückkehrte, dann konnte durchaus eine gute und kathartische Wirkung davon ausgehen, wenn man von der fiktiven Zerstörung seiner Hauptstadt las oder über sie schrieb. Einer der großen Katastrophenromane des neunzehnten Jahrhunderts, After London, wurde von einem Naturalisten und Journalisten namens Richard Jefferies geschrieben, der in London hängen blieb und die Stadt innig haßte. Sein beschwörender Roman, in dem London völlig ausgelöscht wird, wurde von ihm als eine Art Rache an dem verhaßten Kaff geschrieben.
    Doch der eigentliche Fachmann für dieses Thema ist Harry Harrison, der viele Jahre seines Lebens in New York verbrachte, nur um sofort von dort zu fliehen – als er mit der Science Fiction zum erstenmal das große Geld verdiente. In einem eleganten Haus in Dänemark rechnete er gnadenlos mit seiner Heimatstadt in dem inzwischen berühmt gewordenen Roman Make Room! Make Room! ab (deutsch: New York 1999, Bibliothek der Science Fiction Literatur, HEYNEBUCH Nr. 06/26), der unter dem Titel Soylent Green mit Charlton Heston verfilmt wurde, ein Film freilich, der Harrisons Panorama städtischer Übervölkerung bei weitem nicht gerecht wird.
    Harrisons Spezialität sind heruntergekommene Welten, die nicht ganz in Stücke gehen; sein Stil ist im allgemeinen unverkennbar, sowohl persönlich als auch was seine Bücher betrifft. Aber die hier enthaltene Erzählung Final Encounter (Begegnung am Ende) befaßt sich ausnahmsweise mit einer Welt, die wieder zusammenkommt. Das kennzeichnet, glaube ich, das logische Ende des Galaktischen Imperiums. Die beiden Hände falten sich um den Apfel. Es könnte sein, daß derselbe atavistische Drang, der die Science Fiction-Schreiber dazu treibt, das, was sie lieben oder verabscheuen, zu zerstören, sie so häufig dazu drängt, ihre galaktischen Imperien mit einem außergewöhnlichen Feudalsystem zu vermählen, angefüllt mit Lords, schönen Ladies und schwitzenden Bauern. Computer sind selten, dafür tauchen überall im Alltag Juwelen und Geschmeide auf.
    In dieser Hinsicht bleibt Gardner Fox' prunkvoll extravagante Geschichte ihrer Form treu bis zu der lieblichen Moana, von der es hieß, daß ›der dünne Stoff ihrer Robe an schlanken Schenkeln und stolzen Brüsten haftete‹. Und tief unten in den von Speiseresten verdreckten nassen Straßen braut sich die Revolution zusammen. Ebenso aber gibt es eine Superwissenschaft und Reden von ›zwangsweisen interrassischen Heiraten‹. Und so steigen wir symbolisch aus dem Morast und dem Schmutz der Unterstadt in die sauberen, weißen Bereiche der Zitadelle auf. So vollendet sich der Kreislauf des Seins, wie in der Geschichte Harrisons.
    Daß in so vielen Geschichten, wie in der von Fox, der Feudalismus postuliert wird, ist nicht nur eine Laune. In Band {1} wiesen wir auf das stählerne Geld in Isaac Asimovs Foundation hin. Asimov macht keinen Hehl daraus, daß er sich das Römische Imperium zum Vorbild und Beispiel seines Galaktischen Imperiums genommen hat. Aber im allgemeinen bedienen sich die Reiche des Himmels solch feudaler Hintergründe, wie wir sie geschildert haben. Das liefert natürlich all den herrlichen Glanz und die reizvollen Kontraste zwischen dem Leben im Prunk und dem in der Gosse, die dem Herz des Lesers so lieb sind. Aber vielleicht gibt es auch noch einen weniger berechnenden Grund dafür, sich solch anachronistischer Modelle zu bedienen.
    Für die Bedienung dessen, was Lewis Mumford die ›unsichtbare Maschine‹ oder die ›Megamaschine‹ menschlichen Wirkens und menschlicher Leistung nennt, benötigt unsere augenblickliche Zivilisation das Geld so wie das Individuum das Blut braucht. Wir sind Geschöpfe der Wirtschaft
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