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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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eines individuellen Lebens.
    Sobald wir der Ansicht waren, unsere Methode vervollkommnet zu haben, mußten wir eine Möglichkeit finden, mit der sich ihre Genauigkeit überprüfen ließ. Zu jener Zeit lief in diesem Bundesstaat ein Mordprozeß, und wir erhielten vom Gouverneur die Genehmigung, einige Tests mit dem Angeklagten durchzuführen. Sie dachten, wir wollten seinen Geisteszustand überprüfen, und wir ließen die Behörden in diesem Glauben, in Wirklichkeit wollten wir feststellen, wann er sterben würde. Als wir die Kurve erstellt hatten, wies sie ein baldiges Ende aus. Wir beobachteten den Prozeß aufmerksam und fühlten uns ganz jämmerlich, als er freigesprochen wurde. Trotzdem wurde er zwei Wochen später, vermutlich von irgendeinem Gangster, erschossen, und soweit wir dies nachprüfen konnten, hatten wir seine Todeszeit bis auf den Bruchteil einer Sekunde genau bestimmt.
    Dies machte uns Mut, doch wir brauchten weitere Fälle. Wir bekamen sie durch das Entgegenkommen eines Krankenhauses, das uns gestattete, die Werte einiger seiner Patienten zu messen – sofern diese einverstanden waren, natürlich. Wir erstellten zweiundzwanzig Berechnungen, und jedesmal, wenn unsere Vorhersage einen frühen Tod ankündigte, trat der zur festgelegten Zeit ein. Zwei unserer Testpersonen sind noch am Leben und haben nach unseren Kurven noch lange Jahre vor sich. Nun muß ich ein wenig abschweifen, damit du den Rest der Geschichte verstehen kannst.
    Als wir nach New York gekommen waren, hatten wir, zusammen mit unserer übrigen Büroeinrichtung, uns eine Sekretärin angeschafft. Ich weiß ihren Namen nicht mehr, aber das spielt auch keine Rolle, denn sie kündigte bald, und eine andere übernahm ihren Posten. So wechselten wir ein paarmal, und bekamen gewöhnlich eine schlechtere als zuvor, doch die schlechteste, die wir jemals hatten, stellten wir direkt vor unseren Abschlußkalkulationen ein. Sie hieß Mabel Thompson und sah verteufelt gut aus, doch mehr kann man wirklich nicht über sie sagen. Ich habe sie ein paarmal zum Essen ausgeführt, doch sobald ich herausgefunden hatte, daß ihr Kopf außen zwar schönes blondes Haar, innen aber kein Gehirn aufwies, verlor sogar das schöne blonde Haar an Attraktivität, und ich ließ sie fallen. Das mußte ich auf jeden Fall tun, denn die Konkurrenz war zu gefährlich.
    Gegensätze ziehen sich vermutlich an, denn sie war so dumm, wie Bob gescheit war. Wie auch immer, es erwischte ihn schwer, und während sie ihn, wie ich meine, nicht besonders gern hatte, hatte sie einen üblen Einfluß auf sein Bankkonto und nahm ihn ganz schön aus. Bob begann an sie anstatt an seine Arbeit zu denken, und ich drängte ihn, die Sache zu beschleunigen und zu heiraten. Ich dachte, daß ein Monat mit Mabel ihn kurieren würde, sie bekäme ihre Scheidung und die Abfindung, auf die sie meiner Überzeugung nach scharf war, dann könnte Bob wieder mit klarem Kopf an die Arbeit.
    Sie verlobten sich auf der Stelle, und sogleich plante sie eine einjährige Weltreise für die Flitterwochen. Das beunruhigte Bob ziemlich, denn ihm war inzwischen sein größter Einfall gekommen, und er wollte kein Jahr verlieren, nicht einmal für Mabel. Sie war wild darauf, ihn zu heiraten und sein Geld ausgeben zu können, gleichzeitig war sie jedoch schlau genug, gewaltiges Interesse für seine Arbeit vorzutäuschen, und hing die ganze Zeit im Büro herum – um ein Auge auf ihre Nachfolgerin zu haben, dachte ich damals.«
    »Hattest du nicht gesagt, daß sie für euch arbeitete?« warf ich ein.
    »Sicher, aber als sie und Bob sich verlobten, schlug ich vor, sie mit einem Zwei-Jahres-Gehalt zu entlassen, damit sie sich auf die Hochzeit vorbereiten konnte. Bob war einverstanden, und wir bekamen ein Mädchen, das Analyse nicht mit ›ü‹ schrieb.
    Mabel war uns im Labor mehr oder weniger im Weg, und um sie zum Schweigen zu bringen und von Bob fernzuhalten, nahm ich eine Menge Veranlagungsquotientenwerte von ihr auf und sammelte andere Daten, die mich in die Lage versetzten, ihre Lebensspanne vorauszusagen, obwohl ich mir dessen zu jener Zeit noch nicht bewußt war. Der große Einfall, an dem Bob arbeitete, war, nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch Ort und Umstände vom Tod eines Menschen vorauszuberechnen. Dies machte eine Reihe komplizierter Zusatzmaßnahmen und Variablen erforderlich und sollte uns eine Weile in Atem halten, doch Bob hatte es sich in den Kopf gesetzt, seine Hochzeit solange hinauszuzögern, bis er
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