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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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oder es ist möglich, durch weitere komplizierte Eingriffe eine der Kurven andere multiplizieren oder dividieren zu lassen, die sich ihrerseits wieder gegenseitig addieren, subtrahieren, multiplizieren oder dividieren, je nach ihrer Programmierung. Drücke ich mich verständlich genug aus?«
     
     

     
    »Allmählich kann ich mir etwas darunter vorstellen«, antwortete ich. »Es klingt machbar.«
    »Machbar? Das ist täglich im Einsatz«, erwiderte er. »Dies war erst der zweite Schritt in Jerninghams Programm. Bis dahin war er schon zu Ende meines zweiten Examensjahres gelangt. Damals schlug er mir dann vor, die Universität zu verlassen, wo wir in unserer Arbeit eher eingeschränkt waren, um hier nach New York zu kommen, wo wir unabhängiger wären. Inzwischen war ich daran interessiert, und als er mir die gleichen Bedingungen wie am College bot – Unkostenerstattung und ein ordentliches Gehalt –, ging ich mit ihm. Wir richteten uns mit unserem Gerät in einem Haus ein, das er gemietet hatte, und fuhren mit unseren Experimenten fort.
    Nach Ablauf eines weiteren Jahres hatten wir eine Maschine konstruiert, die gleichzeitig hundert verschiedene Variablen bewältigen konnte und mit jeder gewünschten Kurve sämtliche Rechenoperationen durchführte. Eine gewaltige Verbesserung, die uns gelang, war, daß wir nicht mehr für jede Kurve einen Operator benötigten. Ein Mann konnte alles bedienen. Außer Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren konnte der Roboter nun jede gewünschte Wurzel ziehen, quadrieren und alle natürlichen und transzendenten Gleichungen anwenden. Dies war der Teil, den ich ausgearbeitet hatte.
    Wir stellten die Maschine fertig und probierten sie aus. Sie funktionierte fehlerlos, doch dann erklärte mir Jerningham, daß wir uns trennen müßten. Er hatte kein Geld mehr.
    Diese Nachricht war fast ein körperlicher Schlag für mich, denn inzwischen hatte ich mich genauso für die Maschine engagiert wie er. Von meinem Gehalt hatte ich etwas gespart, das ich ihm nun zur Verfügung stellte, doch es war zu wenig, um einen großen Unterschied zu machen. Während wir diskutierten, was wir unternehmen könnten, erhielt ich die Nachricht, daß ein Onkel von mir gestorben war und mir 12000 Dollar hinterlassen hatte; die wollte ich Bob übergeben. Zuerst wollte er es nicht annehmen, da er wußte, daß es alles war, was ich besaß, und er keinen bevorstehenden materiellen Gewinn durch die Maschine absehen konnte.
    Damals kam mir eine großartige Idee, die zum Fluch unserer beider Leben wurde.
    Ich schlug vor, daß wir unseren Roboter doch praktisch einsetzen sollten. Da wir inzwischen beide überzeugt waren, daß alles nach natürlichen Gesetzen als Produkt gewisser Variablen ablief, schlug ich vor, daß wir die Arbeit an der Maschine selbst aussetzten und unsere Zeit der Bestimmung der Veränderungsraten von Variablen widmeten, die sich in finanziellen Profit ummünzen ließen. Der Börsenmarkt bot sich als logischer Ausgangspunkt an.
    Wir benötigten zwei Jahre, um die notwendigen Daten zusammenzutragen und die Kurven zu zeichnen, die die dreiundachtzig Variablen darstellten, die wir auf dem Markt bei jenen zwei Aktien beobachtet hatten, die wir für unser erstes Unternehmen auswählten. Als wir die Daten in eingebbare Form gebracht hatten, fütterten wir sie dem Prädiktographen ein und erhielten eine Kurve, die die Preisvarianten dieser Aktien fürs kommende Jahr darstellen sollte. Erwies sich eine Aktie als nicht sehr aktiv, so ließen wir sie fallen und konzentrierten unsere Aufmerksamkeit auf die andere. Wir waren nicht ganz sicher, also widmeten wir die folgenden drei Monate kleinen Verbesserungen unserer Berechnungen, beobachteten indessen den Börsentelegraphen und überprüften unsere Kurve. Sie erwies sich als absolut stimmig, und sogleich begannen wir mit unseren finanziellen Operationen.«
    »Eines kann ich nicht ganz verstehen«, warf ich ein. »Ich kann mir gut vorstellen, wie ihr den Preis kalkulieren konntet, den eure Aktie nach euren Daten erzielen sollte, aber wie konnte es euch gelingen, das Vorgehen der Käufer und Verkäufer zu kalkulieren? Mit anderen Worten, ich habe den Eindruck, daß ihr die menschliche Natur aus euren Berechnungen herausgelassen habt.«
    »Wir haben sie nicht herausgelassen. Sie war eine der dreiundachtzig Variablen, die wir in Betracht gezogen haben. Zwar waren wir zu jener Zeit noch nicht in der Lage, mit hinreichender Genauigkeit die Handlungen
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