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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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Allgemeingut geworden.
    Und dann, gerade als die Menschheit sich dazu gratuliert hatte, daß das Goldene Zeitalter zurückgekehrt war, hatte man herausgefunden, daß die Welt dem Untergang geweiht war. Ganz allmählich riß die Erdoberfläche. Kohlenstoff-Säuregase – von den Chemikern als Kohlenstoffdioxid bezeichnet – stiegen in die Atmosphäre auf. Dieses Gas, seit langem Bestandteil der Lufthülle, war wichtig für das Pflanzenleben. Die meisten irdischen Gewächse atmeten dieses Gas ein, verwerteten das Kohlenstoffdioxid und gaben dafür Sauerstoff ab.
    Wissenschaftler hatten ausgerechnet, daß die zunehmende Fruchtbarkeit der Erde zu einem Großteil auf den vermehrten Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre beruhte, der durch das verschwenderische Verbrennen von Kohle und Petroleum immer rascher wuchs. Und da man in dieser Hinsicht deshalb zur Sorglosigkeit neigte, kam auch niemand auf die Idee, Alarm zu schlagen, als aus dem Erdinneren immer mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre entwich.
    Die Zunahme dieses Gases wurde jedoch ständig größer. Fortgesetzt öffneten sich neue Erdspalten. Jede davon erwies sich als neue Kohlendioxidquelle, die die bereits überladene Atmosphäre des Planeten mit noch mehr Gas durchsetzte. In kleineren Dosen wäre dies ein Segen gewesen, in dieser Menge allerdings – so fand man bald heraus –, war das Resultat tödlich.
    Der Anteil dieses schweren, dampfähnlichen Gases an der Gesamtzusammensetzung der irdischen Atmosphäre wuchs lawinenartig an.
    Durch diesen Zusatz wurde die gesamte Lufthülle schwerer. Sie saugte die Feuchtigkeit auf und wurde dunstiger. Die Regenfälle nahmen zu, das Klima wurde schwüler. Die Vegetation wurde üppiger – und die Luft schrittweise weniger atembar.
    Bald darauf begann die Gesundheit der Menschen unter den Auswirkungen dieser Veränderung zu leiden. Da man seit Jahrtausenden daran gewöhnt gewesen war, eine an Sauerstoff reiche, an Kohlendioxid jedoch arme Luft zu atmen, ging es den Menschen schlecht. Nur jene, die auf Hochebenen oder in den Bergen lebten, blieben verschont. Die Pflanzen der Erde waren, obwohl sie immer größer wurden und schließlich Dimensionen annahmen, die die Welt noch nicht gesehen hatte, nicht in der Lage, die fortwährend ansteigende Flut des auf sie einströmenden Kohlendioxids zu verarbeiten.
    In der Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts wurde allgemein erkannt, daß die Erde auf ein neues Karbonzeitalter zusteuerte, daß sich die planetare Atmosphäre nicht nur verdichten, sondern auch feuchter werden würde, bis die Menschen sie nicht mehr atmen konnten und die gesamte Vegetation nur noch aus Schachtelhalmen und Riesenfarnen bestand.
    Als das einundzwanzigste Jahrhundert sich seinem Ende zuneigte, begann die Menschheit auf ein Niveau zurückzusinken, das einem Stadium der Barbarei nicht unähnlich war. Die Tiefebenen waren unbewohnbar geworden. Dichte, undurchdringliche Dschungelgebiete breiteten sich überall aus. Die Luft war drückend und ermüdend. Zwar konnten die Menschen in dieser Umgebung leben, aber ihr Dasein glich eher einer kränklichen, fieberverseuchten Existenz. Die gesamte Erdbevölkerung bemühte sich, in die höherliegenden Teile der Welt vorzustoßen, und als die Flachländer immer unbewohnbarer wurden, vergaßen sie auch die hinter ihnen liegenden zwei Jahrhunderte des Friedens.
    Man kämpfte verzweifelt um das Überleben und raufte um jeden Fußbreit Land, der einem das Leben und Atmen sichern konnte. Diejenigen, die auf der Höhe des Meeresspiegels zurückgeblieben waren, begannen zu sterben, denn sie konnten in der vergifteten Luft nicht weiterexistieren. Je zahlreicher die unermüdlich Kohlendioxid ausstoßenden Erdspalten wurden, desto weiter schraubte sich die Gefahrenzone nach oben. Bald darauf konnte man nicht einmal mehr in zweihundert Metern oberhalb des Meeresspiegels existieren. Das Flachland verwilderte und entwickelte sich zu einem Dschungel, dessen Dichte nur noch mit dem der ersten Karbonperiode vergleichbar war.
    Schließlich starben die Menschen auch in Höhen von dreihundert Metern – und zwar an purer Entkräftung. Die Plateaus und Bergrücken wimmelten von Menschen, die dort Fuß zu fassen versuchten und nicht einmal genügend Nahrung hatten, um lange genug zu überleben, bis die unsichtbare Bedrohung, die unaufhörlich höherkroch, sie erreichte.
    All dies geschah natürlich nicht in einem Jahr. Es geschah auch nicht in zehn Jahren. Es dauerte mehrere Generationen.
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