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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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mußte ihm Thad auch die Milch geben.
    Mr. Grün, den seltsamen Hut auf dem Kopf, saß an diesem Abend bei ihnen am Tisch und strich sich vorsichtig eine dünne Schicht hausgemachte Butter auf das frisch gebackene Brot.
    »Schmeckt wunderbar, Mrs. Coniker«, versicherte er und kaute genußvoll. Dann fragte er, an Thad gewandt: »Warum tötet ihr ihn nicht?«
    Annie schaute Thad erschrocken an, aber ihr Mann sagte:
    »Mein Junge hat schon genug Schwierigkeiten. Wenn er ein bißchen größer ist, kann er für älter gelten, als er ist, dann braucht niemand mehr wissen, daß er ungesetzlich ist. Es ist schon schlimm genug, daß wir lügen müssen, um ihn am Leben zu erhalten. Ich möcht’ nicht, daß er mit einem Vater aufwachsen muß, der ein Mörder ist.«
    »Ich finde«, sagte Mr. Grün sanft und beförderte behutsam eine Brotkrume vom Tischtuch in seinen Mund, »daß es in Mr. Lacys Fall kaum ein Mord wäre. Es wäre so, als würden Sie irgendein Raubtier töten, das aus dem Wald kommt und ihre Familie bedroht.«
    »Ein Tier töten ist einfach töten«, sagte Thad. »Aber einen Menschen töten ist Mord.«
    »In meiner Heimat«, sagte Mr. Grün, »sehen wir das nicht so an. Würde es Ihnen helfen, wenn ich Mr. Lacy tötete?«
    »Nein«, sagte Thad entschieden, bevor Annie herausbrachte, was sie offensichtlich hatte sagen wollen. »Lacy ist mein Problem, nicht Ihres.«
    »Aber ich sagte, ich würde Ihnen helfen, und damit ist es auch mein Problem.«
    »Dank Ihnen, Mr. Grün, aber das wär’ kein Ausweg.«
    »Dann muß ich mir einen anderen Weg ausdenken, wie ich Ihnen von Nutzen sein kann«, sagte Mr. Grün. »Schließlich hab’ ich mein Wort gegeben.«
    »Möchten Sie nicht noch eine Scheibe Butterbrot haben, Mr. Grün?« fragte Annie. »Etwas anderes darf ich Ihnen ja nicht anbieten.«
    »Nein, danke vielmals, Mrs. Coniker. Ich weiß, wie wenig Sie haben, weil Ihnen dieser elende Mr. Lacy alles wegnimmt, deshalb möchte ich Ihre Gastfreundschaft nicht über Gebühr beanspruchen. Ich weiß Ihre Gastfreundschaft und Selbstlosigkeit zu schätzen. Wissen Sie, in meiner Heimat ist man auch so, deshalb fühlte ich mich bei Ihnen gleich zu Hause.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie so was Persönliches frage, Mr. Grün, aber wo liegt denn Ihre Heimat? Sie haben es nie erwähnt, wissen Sie, aber es scheint mir, daß sie sehr weit weg sein muß.«
    »Sie brauchen sich deswegen doch nicht zu entschuldigen, Mrs. Coniker. Ja, sie ist sehr weit weg. Auf der anderen Seite vom Mond, könnte man sagen.«
    »Ach, meinen Sie in Europa?« sagte sie. »Ich hab’ von Europa gehört. Das ist sehr weit weg.«
    »Ich fürchte, meine Heimat ist noch viel weiter weg als Europa. Ich könnte es Ihnen genau sagen, aber Sie würden nur glauben, daß ich Sie zum besten halte.« – »O nein.«
    »Gut, ich will es Ihnen sagen. Und wenn es Ihnen möglich ist, dann glauben Sie mir bitte.« Mr. Grün kratzte sich unmittelbar neben seiner Nase und blickte zum Fenster hinaus. »Sie können von hier aus fast hinsehen, wissen Sie. Dort, dieser Stern. Sehen sie ihn? Meine Heimat befindet sich in seiner Nähe. Ungefähr so nahe, wie Ihre Heimat zu Sol – zur Sonne ist. Können Sie das glauben?«
    Er schaute von einem zum anderen und dann zur Wiege neben dem Kamin.
    »Das ist schon schwer«, meinte Annie. »Sehr schwer.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Thad. »Ich hab so Geschichten gehört.«
    »Diese Geschichte ist wahr«, lächelte Mr. Grün. Sein Lächeln war ein wenig traurig. Er schaute wieder hinaus auf den Stern. »Irgendwie wünschte ich, sie wär’s nicht. Es ist schön hier, und vielleicht würde ich unter anderen Umständen gerne hierbleiben. Aber wenn man ein eigenes Zuhause hat, ist es anderswo nicht dasselbe. Wissen Sie, ich habe Heimweh.«
    »Armer Mr. Grün«, sagte Annie. Sie hätte ihm gerne tröstend den Arm getätschelt, aber sie sagte nur: »Kommen Sie, essen Sie doch noch ein Butterbrot. Das hilft.«
    Mr. Grün sah sie gerührt an.
    »Danke«, sagte er. »Da kann ich einfach nicht ablehnen.«
    Als er gegangen war, sprachen sie noch lange über das Gehörte. Thad verrückte ihr Bett, so daß sie im Liegen den Stern sehen konnten.
    »Ich glaub’ ihm«, sagte Thad.
    »So nett und freundlich wie er ist, muß man ihm einfach alles glauben.«
    »Na, vermutlich würden ihm nur wenige andere Leute glauben.«
    »Vielleicht ist er deshalb zu uns gekommen. Der arme Mann, so weit von seinen Leuten weg.«
    »Aber warum?« fragte Thad, als sei
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