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Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat

Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat

Titel: Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat
Autoren: Lois McMaster Bujold
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KAPITEL 1
    Der leuchtende Rand des Planeten Rodeo drehte sich schwindelerregend am Ausguckfenster der orbitalen Transferstation vorbei.
    Eine Frau, in der Leo Graf eine seiner Mitreisenden vom
    Sprungschiff erkannte, spähte ein paar Minuten lang erwartungsvoll hinaus, dann wandte sie sich ab, blinzelte, schluckte und setzte sich ziemlich abrupt auf einen der hellen, gepolsterten Sessel in der Wartehalle. Sie schloß die Augen, öffnete sie wieder und fing Leos Blick auf, verlegen zuckte sie die Achseln. Leo lächelte voller Mitgefühl. Da er selbst gegen die verschiedenen Raumfahrtkrankheiten immun war, übernahm er ihren Platz an dem kristallklaren Aussichtsfenster.
    Eine spärliche Wolkendecke wirbelte tief unten durch die dünne Atmosphäre und verhüllte kaum die ausgedehnten Flächen roten Wüstensandes. Rodeo war eine marginale Welt; auf ihr gab es nur die Bergwerks-und Bohranlagen von GalacTech und deren Unterstützungseinrichtungen. Aber was tat er hier? fragte sich Leo aufs neue. Unterirdische Operationen gehörten kaum zu seinem Fachgebiet.
    Als Folge der Rotation der Station glitt der Planet aus dem Gesichtskreis. Leo ging zu einem anderen Fenster, um einen Blick nach innen, auf die Nabe der radförmigen Station, zu bekommen.
    Dabei bemerkte er die Belastungspunkte und überlegte, wann sie wohl zuletzt auf sich unsichtbar ausdehnende Risse geröntgt worden waren. Die zentrifugalen Gravitationskräfte hier am Rand, wo sich der Wartesaal für Passagiere befand, schienen etwa nur die Hälfte des Erdstandards zu betragen; das war vielleicht ein bißchen leicht. War die Beanspruchung absichtlich reduziert worden, da man Probleme in der Konstruktion voraussah?
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    Aber er war hier als Ausbilder, hatte man ihm in der GalacTech-Zentrale auf der Erde gesagt, um Unterricht in Qualitätskontrollverfahren für Schweißen und Konstruktion in der Schwerelosigkeit zu geben. Wen sollte er unterrichten? Warum hier, am Ende der Welt? ›Das Cay-Projekt‹ war eine seltsam nichtssagende Bezeichnung für seinen Auftrag.
    »Leo Graf?«
    Leo wandte sich um. »Ja?«
    Der Sprecher war groß und dunkelhaarig, vielleicht dreißig, vielleicht vierzig Jahre alt. Er trug konservativ modische Zivilkleidung, aber eine unauffällige Anstecknadel wies ihn als einen Mitarbeiter der Gesellschaft aus. Hervorragender Typ eines firmentreuen Angestellten, urteilte Leo. Die Hand, die der Mann Leo zur Begrüßung entgegenstreckte, war gleichmäßig gebräunt, aber weich. »Ich bin Bruce Van Atta.«
    Leos kräftige Hand war bleich, aber mit braunen Flecken übersät.
    An die Vierzig, schneidig und stämmig, trug Leo einen bequemen roten Firmenoverall, teils, um sich unauffällig unter die Arbeiter zu mischen, die er beaufsichtigte, vor allem aber, damit er nie Zeit und Gedanken auf die Entscheidung zu verschwenden brauchte, was er am Morgen anziehen sollte. ›Graf‹ stand auf dem Namensschild auf seiner linken Brusttasche, so daß seine Identität kein Geheimnis darstellte.
    »Willkommen auf Rodeo, dem dreckigsten Loch des Universums«, sagte Van Atta grinsend.
    »Danke.« Automatisch erwiderte Leo das Lächeln.
    »Ich bin jetzt der Leiter des Cay-Projekts; ich werde Ihr Boss sein«, erläuterte Van Atta. »Ich habe Sie persönlich angefordert, wissen Sie. Sie werden mir helfen, diesen Bereich endlich auf Trab und auf Touren zu bringen, den Leuten hier Feuer unterm Arsch zu 7
    machen. Sie sind wie ich, das weiß ich, Sie haben keine Geduld mit Mehlsäcken. Ein Mordsjob, was man mir hier aufgehalst hat, diesen Bereich profitabel zu machen – aber wenn ich es schaffe, dann bin ich ein gemachter Mann.«
    »Mich angefordert?« Der Gedanke, daß sein Ruf ihm vorausgeeilt sei, war ja ein Ansporn, aber warum konnte man nicht mal von jemandem angefordert werden, der in einer Gartenlandschaft residierte? Ach, na ja… »In der Zentrale hat man mir gesagt, daß ich hierher geschickt werde, um eine erweiterte Version meines Kurzkurses über nichtdestruktives Testen abzuhalten.«
    »Ist das alles, was man Ihnen gesagt hat?«, fragte Van Atta erstaunt. Als Leo bejahend die Achseln zuckte, warf er den Kopf zurück und lachte. »Sicherheitsgründe, nehme ich an«, fuhr Van Atta fort, nachdem er aufgehört hatte zu glucksen. »Da steht Ihnen ja noch eine Überraschung bevor. Nun gut, ich werde sie nicht verderben.« Van Attas verschmitztes Grinsen war so irritierend wie ein freundschaftlicher Rippenstoß.
    Zu freundschaftlich – verdammt, dachte Leo, dieser
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