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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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entwickelt zu haben. Sie waren überall um ihn herum, nicht nahe genug, daß er eins hätte erwischen können, aber zu nahe für seine Seelenruhe. Jeden Augenblick konnten sie beschließen, seinen Anzug oder die Schläuche zu kosten. Da das Plastik ohnehin schon angegriffen war, konnte der kleinste Riß seinen Tod bedeuten.
    Er erreichte den steilen Hang, der die Kehle des Tieres darstellte.
    »Dr. Meltzer?«
    »Was wollen Sie?«
    »Warum haben Sie nicht geantwortet?«
    »Ich hatte zu tun. Ich habe die Rettungsleine abgeschnitten, die mir immer in die Quere kam. Jetzt versuche ich, in der Kehle hochzuklettern.«
    »Sollen wir es jetzt mit dem starken Elektroschock versuchen?«
    »Ja, gut.«
    Er hatte zwei kleine Wundklemmen mit und nahm jetzt in jede Hand eine. Die Lampe befestigte er an der Halterung am Gürtel. Dann begann er auf allen vieren hinaufzukriechen, wobei er die Klemmen abwechselnd ins Fleisch stieß, um sich Halt zu verschaffen. Ein Zittern lief durch die Oberfläche, wenn er eine Klemme ansetzte, aber ansonsten schienen diese winzigen Stiche dem Tier nichts auszumachen.
    Er war auf halber Höhe des Schlundes, als das heftige Beben wieder losbrach. Der erste Stoß schleuderte ihn wie eine Puppe den Hang hinunter. Die nächsten brachten ihm etliche Beulen und blaue Flecken ein, als er gegen die Wände geworfen wurde. Der elektrische Schock mußte wirklich heftig gewesen sein, da er auch etwas davon abbekam – seine Haare sträubten sich, und ein Prickeln lief ihm über die Haut. Seine Lampe hatte er zwar noch, aber sie gab jetzt nur mehr einen trüben Schimmer von sich. Weiter vorne, wo sich das Maul hätte öffnen sollen, herrschte Dunkelheit.
    »Klappt’s nicht, Captain?«
    »Es klappt nicht, Doktor. Aber wir versuchen es noch mal.«
    »Nein. Das macht alles nur schlimmer.«
    »Larry, bist du verletzt? Larry…«
    »Laß mich jetzt in Ruhe, Maida«, sagte er schroff, »ich muß mir was einfallen lassen, um hier herauszukommen.«
    Der Sauerstoffschlauch gab ein leises Zischen von sich. Ein Leck. Jetzt wurde es brenzlig.
    Die Kaulquappenwesen schossen immer aufgeregter umher. Offenbar hatten sie den Elektroschock ebenfalls zu spüren bekommen. Ein Exemplar schnellte an ihm vorbei und verschwand in der Dunkelheit vorne.
    Ob es auch versucht, hinauszukommen? überlegte er. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam. Diese Geschöpfe müssen einen Weg kennen, das große Tier zum Maulaufmachen zu bringen. Vielleicht kann der Captain von außen nichts ausrichten, aber ich bin innen, wo das Vieh am empfindlichsten ist. Ich kann es stoßen, stechen, schneiden, kitzeln…
    Vielleicht geht’s so, dachte er. Kitzeln wir es mal. Es ist ein gewaltiges Tier, also ist vermutlich gewaltiges Kitzeln nötig, aber früher oder später finde ich schon etwas, auf das es reagiert.
    Er stampfte heftig mit dem Fuß auf. Nichts. Er holte die große Lanzette aus der Tasche und stach damit wütend auf die Kehlwandung los. Ein Zittern lief durch das Fleisch, das war alles.
    Und dann hatte er eine Idee. Die grüne Flüssigkeit enthielt zweifellos Hormone. Hormone, Enzyme, Antibiotika, die verschiedensten biochemischen Substanzen. Stoffe, die manche Gewebe vertragen würden und manche nicht. Die, die sie nicht vertrugen, würden eine heftige Reaktion zeigen.
    Er kehrte um, füllte seine Spritze mit grüner Flüssigkeit und rannte wieder nach vorne. Die Lampe war jetzt fast ganz erloschen, und das Zischen des Sauerstoffschlauchs verstärkte sich bedrohlich, doch er kletterte so schnell er konnte vorwärts. Dann stieß er die Spritze in das Schlundgewebe.
    Das Tier würgte, bäumte sich auf. Er ließ Spritze, Lampe und Klemmen fallen und wartete ab, was die gewaltigen Würgbewegungen mit ihm machen würden. Zuerst wurde er hochgehoben, dann fiel er unvermittelt – aber wenigstens nicht zurück, sondern auf die gleiche Stelle. Zwei der Kaulquappenwesen wurden gegen ihn geworfen. Schließlich wurde er wieder aufgehoben, diesmal jedoch vorwärts getragen. Eine riesige Höhle öffnete sich vor ihm. Licht flutete über die graue Oberfläche, und dann wurde er ausgespien.
    Das Licht begann zu flackern, und er hatte noch Zeit für einen Gedanken. Sauerstoffmangel, sagte er sich. Mein Anzug ist zerrissen, die Schläuche sind doch noch draufgegangen.
    Dann verschlang ihn Dunkelheit.
    Als er zu sich kam, stand Maida an seinem Bett. Er sah, daß sie geweint hatte. Der Captain stand etwas weiter weg; sein Gesicht war angespannt, verriet aber große
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