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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef
Autoren: Andreas Pittler
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nach vorn ins Licht getreten war, grinsend.
    „Sie!“ Baumgarten erbleichte. „Sie widerliche Figur, was machen Sie hier? Ich dachte, Ihnen hätte man endgültig das Handwerk gelegt!“
    „Tja, sieht eher so aus, als würde ich Ihnen jetzt endgültig das Handwerk legen.“ Bronstein konnte sich eines breiten Grinsens nicht erwehren. „Damals, in der Mészáros-Sache, mögen Sie mir entkommen sein, aber diesmal gibt es kein Entrinnen. Sie sind fällig. Denn diesmal habe ich, was ich brauche: ein von Ihnen eigenhändig unterfertigtes Geständnis!“ Dabei nahm Bronstein Kisch den Pappendeckel ab und winkte mit der zweiten Seite.
    „Damit … damit … damit kommen Sie genauso wenig durch wie damals beim Mészáros, diesem Einfaltspinsel.“
    „Oh doch, damit komme ich durch. Aber jetzt, so unter uns Klosterbrüdern, vor allem aber, weil Sie ja später keine Gelegenheit mehr haben werden, sich irgendwie zu äußern, jetzt sagen Sie mir doch endlich, wie Sie das Ding beim Mészáros gedreht haben? Lassen Sie mich raten: Der Mann war auch einer von Redls kleinen Buben, und Sie haben ihn aus dem Weg geräumt, weil Sie den Redl und sein Geld für sich allein haben wollten! Habe ich recht?“
    „Armer Narr! Nicht einmal das haben Sie auf die Reihe bekommen, was? Na gut, da unserem Gespräch keinerlei rechtliche Relevanz zukommt, will ich Ihre Unbedarftheit wenigstens in diesem einem Punkt ein wenig lindern. Der Mészáros war in mich verschossen, verstehen Sie, in mich! Und er hat wirklich geglaubt, er kann mit dem Alfred mithalten, mit seinen erbärmlichen Achteln, die er mir zahlt hat. Was der Alfred mir geboten hat, das haben Sie ja offenbar selbst herausbekommen, und dieser einfältige Tropf aus Ungarn hat allen Ernstes geglaubt, ich lass mich mit ein paar Kronen abspeisen.“ Baumgarten lachte verächtlich. „Natürlich hab ich ihm gesagt, dass er das vergessen kann. Und zwar prinzipiell und für immer. Sagt mir der Trottel, dann bringt er sich um. Bitte, hab ich g’sagt, tu dir keinen Zwang an. Aber dann hab ich doch ein schlechtes G’wissen kriegt und bin ihm nach. Wie ich in sein Zimmer komm, steht der Depp wirklich auf dem Sessel und will sich aufhängen. Na, ich red ihm gut zu, sag ihm, er soll ned so deppert sein, kriegt mir der doch da in seiner Situation einen Tobsuchtsanfall!“ Baumgarten riss die Augen auf, als könnte er immer noch nicht glauben, was an jenem Februartag geschehen war. „Stellen Sie sich vor, da hat der Kerl einen Strick um den Hals und schreit mich an, er wird mich mitreißen in den Untergang. Er wird mein Verhältnis mit dem Alfred offenlegen. Einen Brief würd er schreiben und an den Generalstab schicken. Und an die Zeitungen. Und erst dann würd er sich heimdrehen. Na, da sind bei mir natürlich die Sicherungen gangen, gell. Ich hab ihm einen Schubs geben und mich an seine Beine g’hängt. Dann war’s eh schnell aus, und ich hab g’schaut, dass ich Meter mach. So, und das war’s jetzt mit der Beichtstunde. Jetzt geben S’ den Kaszettel her, aber gach a no, sonst perforier ich Ihnen, weil auf eine Leich mehr oder weniger kommt’s jetzt auch nimmer an.“ Baumgarten hatte blitzschnell nach hinten an die Kommode gefasst und seine Browning hervorgeholt, mit der er Bronstein nun in Schach hielt.
    „Du hast dich damals schon für überschlau g’halten, gell, du kleiner jüdischer Bengel. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich …“
    Mit einem markerschütternden Schrei ließ Baumgarten die Waffe fallen und griff sich an die Wade, nachdem er das rechte Bein instinktiv hochgezogen hatte. Denn während er sich ausschließlich auf Bronstein konzentriert hatte, war ihm entgangen, dass Kisch zu einem veritablen Spitz angesetzt hatte, der direkt auf Baumgartens Schienbein landete, wobei die Stahlkappe auf Kischs Schuh die Wirkung des Tritts entsprechend verstärkte. Bronstein nutzte die Gelegenheit und hob die Waffe hoch, um nun seinerseits Baumgarten mit ebendieser zu bedrohen. „Irgendwie hat diese ganze Angelegenheit eine amüsante Ironie“, bemerkte er. „Hätte ich dich des Mordes an Meszaros überführen können, dann würdest wahrscheinlich demnächst selber baumeln. Aber mit dem da“, und dabei winkte er wieder mit den Papieren, „mach ich dich wirklich fertig.“
    „Geh bitte, was soll der Kas da beweisen, außer nix. Das hält vor keinem Gericht der Welt, ned amal vor einem unsrigen.“
    „Wer sagt denn was von Gericht?“, lächelte Bronstein überlegen, „wir werden
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