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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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Migranten – Essen und Unterkunft gratis.«
    »Das Zentrum wird von ihnen verwaltet. Außerdem machen sie Festivals mit Motorradshows zu wohltätigen Zwecken. Und wenn es irgendwo eine Katastrophe gibt, dann mieten sie einen Trailer und packen ihn mit Medizin und Kleidung für die Betroffenen voll. Das haben sie bei dem Erdbeben in Mexico City und bei der Explosion der Müllverbrennungsanlage in Guadalajara gemacht. Sie sind eine soziale Vereinigung, die bei uns große Achtung genießt.«
    Morgado sah wieder auf das Schild und entdeckte darunter ein Werbeplakat. Darauf umarmte Jimmy eine alte Frau, die ihn ansah, als wäre er ihr Retter.
    »Schon gut. Schon gut. Es sind gute Jungs, die böse aussehen.«
    »Nein. So auch wieder nicht. Es sind Hurensöhne mit viel Geld. Ein paar sind Unternehmer im großen Stil. Sie alle verdienen ordentlich Geld. Aber die Cuervos sind vor allem verrückt nach Motorrädern. Das ist ihr Leben. Für die Harleys geht ihre ganze Knete drauf. Anstelle von Geliebten halten sie sich Motorräder, und über die kommen sie dann an Geliebte. Ein perfekter Plan, finanziert sich quasi von selbst.«
    »Und die Polizei hält sie für beispielhafte Bürger?«
    »Nein, so weit geht es nicht. Hier traut sich niemand, einen Aufstand zu machen, wenn die Cuervos frei herumlaufen. Die Polizei legt sich nicht mit ihnen an und sie sich nicht mit der Polizei. Das ist das Gesetz des Westens. Unser Gesetz. Und es funktioniert.«
    »Ja, es funktioniert. Aber die Ärmsten, die weder Polizisten sind noch zu den Cuervos gehören. Die sind angeschmiert, denn die kriegens von beiden Seiten.«
    »Du nervst, Morgado. Nichts überzeugt dich. Du misstraust allem und jedem.«
    »Verstehe, die Cuervos sind eine einzigartige Spezies, die nur in Gebieten wie diesem vorkommt.«
    »Merkst du was? Du sprichst schon wie einer aus der Hauptstadt. Du hast deine Wurzeln vergessen, Morgado. Hier. Setz die auf. Dann siehst du die Dinge hier klarer.«
    Und mit feierlicher Ironie überreichte Atanasio ihm eine Sonnenbrille.
8
     
    »Es reicht jetzt mit Bier. Wir sollten erst mal was Anständiges essen«, rief Atanasio aus, als sie aus einem geheimen Spielclub in Chinesca kamen.
    »Nichts als falsche Spuren«, murmelte Morgado, während sie durch eine Gasse mit vielen kleinen Verkaufsständen gingen.
    Ein alter Mann ohne Beine hob seine schwachen Arme und zeigte auf ein paar durchsichtige Flaschen mit einer trüben Flüssigkeit. »Furunkelwasser, Señores, zum Sonderpreis. Gut gegen Krebs, Aids, Warzen, Nöte, Nervenkrankheiten, Erkältungen und Allergien. Sogar gegen Schwiegermütter.«
    »Danke«, erwiderte Morgado, der über den Alten förmlich hinwegsteigen musste, um ihn nicht anzurempeln.
    Ein dunkelhaariges Mädchen im geblümten Minirock, nicht älter als fünfzehn, wurde von einer Frau zu Morgado hingestoßen. »Für fünfzig Dollar kannst du mit mir machen, was du willst, Papacito.«
    Morgado wollte sie abschütteln, aber das Mädchen ließ nicht locker: »Zwanzig Dollar, und ich blase dir einen, Papacito.«
    Morgado ging unbeirrt weiter. Die Worte des Mädchens trafen ihn wie ein Peitschenschlag auf den Rücken. »Verfluchter feiger Gringo! Du weißt ja nicht, was gut ist.«
    Morgado musste sich eingestehen, dass er das in der Tat nicht wusste. Und so folgte er Atanasio, der im Gegensatz zu ihm offensichtlich in der Lage war, diesen Markt zu durchqueren, ohne von allen Seiten bedrängt zu werden. Instinktiv wusste Morgado, was zu tun war, und setzte die dunkle Brille auf. Ja. So würde er unbemerkt bleiben. Niemand würde ihn mit einem verdammten Touristenwichser verwechseln.
    Das Restaurant hatte einen poetischen Namen: »Feuerdrache«, und einen Service wie ein First-Class-Restaurant: fünf chinesische Kellner für jeden Gast. In wenigen Minuten war der Tisch voll mit duftenden Speisen in allen möglichen Farben und Geschmacksrichtungen. Morgado wusste gar nicht, was er zuerst nehmen sollte: Haifischflossensuppe, Spareribs, Garnelen in roter Sauce. Es war wie eine Rückkehr in die glücklichen Tage seiner Kindheit.
    »Das authentische mexikanische Essen ist das chinesische«, dozierte Atanasio und trank sein Bier aus. »Alles, was uns ausmacht, ausgenommen die Cucapá-Indios, kommt aus dem Ausland. Aber die Kombinationen sind von uns.« Und um das Gesagte zu unterstreichen, schüttete er ein wenig Ketchup auf den weißen Reis und dann dieselbe Menge an Tabasco und Sojasauce.
    Morgado stimmte ihm zu. »Ein echter

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