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Blut und Sünde

Blut und Sünde

Titel: Blut und Sünde
Autoren: Jason Dark
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Dieser sich dem Ende zuneigende Tag sah abschreckend und düster aus, obwohl er eigentlich anders hätte sein können. Blasse Sonnenstrahlen, die auf herbstlich gefärbtes Laub tupften und es noch bunter wirken ließen, als es ohnehin schon war.
    Es gab das Laub. Es gab die Wolken und den Wind, der mit den Blättern spielte, sie anhob, durch die Luft schleuderte und sie schließlich aus seinen unsichtbaren Händen fallen ließ. Es war zwar farbig, aber es sah grau aus wie alles in dieser Gegend, die allmählich dem Tod entgegensiechte, weil die alten Zechen längst geschlossen waren.
    Dem hatten die Menschen Tribut gezollt. Viele waren weggezogen, besonders die Jüngeren, die mehr Chancen auf Arbeit in den großen Städten gesehen hatten. Das lag ebenfalls zurück. In vielen Orten grassierte die Arbeitslosigkeit, und auf dem Lande war es in der ehemaligen Bergbauhochburg noch schlimmer.
    Florence Turner hielt es trotzdem aus. Sie war eine junge Frau, die sich auch so durchs Leben schlug und es sogar noch schaffte, hin und wieder ihrem Beruf nachzugehen. Damals war sie ausgelacht worden, als bekannt wurde, dass sie Schauspielerin werden wollte, aber sie hatte sich durchgesetzt.
    Jetzt war sie ausgebildet, zwar ohne festes Engagement, aber sie bekam hin und wieder kleinere Jobs, die soviel einbrachten, dass sie sich über Wasser halten konnte. Sie gehörte zu den Menschen, die nicht viel brauchten und recht bescheiden lebten. In Depressionen verfiel die Sechsundzwanzigjährige nicht. Sie war an einem Sonntag geboren und vertraute auf ihren guten Stern.
    Der Herbst war mit Wucht eingetroffen. Praktisch über Nacht. Er hatte den ersten Nebel, aber auch den Regen und den Wind mitgebracht, der sogar zu einem kleinen Sturm geworden war. So riss er die Blätter von den Bäumen, fegte sie über die alten Straßen und Gehsteige hinweg und sorgte auch dafür, dass die Temperaturen allmählich fielen.
    Florence Turner war einkaufen gewesen. Ein wenig Brot, etwas Käse, Milch und Wasser. Gekauft hatte sie die Lebensmittel in einem kleinen Krämerladen, dessen Besitzer aushielten, obwohl es nicht viel zu verdienen gab. Beinahe störrisch stemmten sie sich gegen die Macht der Supermärkte an. Zudem brauchten sie keine Miete zu zahlen, denn das Haus gehörte ihnen.
    Die Worte der Frau gingen Florence nicht aus dem Kopf. Sie hatten so deprimierend und zugleich warnend geklungen. Sie hatte davon gesprochen, dass es keine gute Zeit gewesen war. Ein zu düsterer Tag, und es lag ihrer Meinung nach nicht nur am Wetter.
    »Geben Sie gut auf sich acht, Kind«, hatte sie gesagt. Sie sagte immer Kind, was Florence nicht einmal unangenehm war, so hatte der Kontakt zwischen ihnen eine persönliche Note erhalten. »Es ist kein guter Tag heute.«
    Florence hatte gelacht und nach den Gründen gefragt.
    »Das liegt nicht nur am Wetter, Kind. Es ist normal. Schließlich haben wir schon Oktober. Hier sind andere Dinge wichtig, die man leider nicht sehen und nur spüren kann.«
    »Welche denn?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Sie sind verborgen. Sie liegen im Untergrund, und sie werden von den sichtbaren verdeckt. Wer sensibel ist, der kann sie spüren, und ich bin es in meinem Alter geworden. Also geben Sie auf sich acht. Es kann sein, dass es auch Sie trifft.«
    Florence hatte nachfragen wollen, sich aber nicht getraut. Sie hatte dann gelacht - ein wenig verlegen und mit den Schultern gezuckt. Wie jemand, der sich in sein Schicksal ergeben hat.
    Dann war sie gegangen und lief jetzt durch das schlimme Wetter. Sie stemmte sich gegen den Wind an, der ihr so kalt ins Gesicht blies und der Sprüh mitbrachte, diesen feinen Regen, der irgendwann alles durchnässte.
    Bis es soweit war, wollte sie ihre Wohnung erreicht haben. Sie lag nur ein paar Häuser entfernt, und Florence befand sich schon auf der richtigen Seite. Der Gehweg wurde von den mächtigen Laubbäumen begleitet. Der Wind bewegte ihre Zweige, denn gegen die starken Äste kam er nicht an. Sie blieben starr wie alte, ausgestreckte Arme. Die alten Häuser an der linken Seite warfen Schatten auf den Boden. So düster wie die gehetzt wirkenden Wolken am Himmel.
    Sie lief schneller. Den Kopf hielt sie gesenkt. Nur ab und zu fuhr ein Auto an ihr vorbei. Jedem Wagen schaute sie nach, sah die roten Heckleuchten im Sprüh verschwommen aussehen und sie dann verschwinden. Florence dachte daran, dass sie sich kein eigenes Auto leisten konnte, aber irgendwann, das stand für sie fest, würde sie eines
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