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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)
Autoren: Reinhard Pelte
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leblos. Er erschrak. Er sah sich um. Er war allein. Was sollte das? Was passierte hier eigentlich? Wollte ihn jemand verarschen? Er konnte nicht die ganze Nacht mit dem Bündel auf dem Arm hier herumstehen. Ihn überfiel eine unbekannte Angst. Was tun?
    Er ging rasch nach Hause. In der Halle legte er das Bündel auf den Boden und schlug die Decke zurück. Er erschauerte. Es war ein kleines Mädchen, vielleicht drei bis vier Jahre alt. Ihre Augen starrten aus ihrem bleichen, wächsernen Gesicht ins Leere. Er sah kein Blut, und sie war auch ansonsten unversehrt, soweit er das sehen konnte. Sie war tot, daran konnte es keinen Zweifel geben. Er konnte sie in der Halle nicht liegen lassen. Er schaffte den Leichnam ins Gästezimmer, legte ihn aufs Bett und hüllte ihn wieder ein.
    Sollte er die Polizei zu Hilfe rufen, jetzt, mitten in der Nacht? Was wollte er denen erzählen? Wer würde seine Geschichte glauben? Nach Einbruch der Dunkelheit waren portugiesische Beamte schlecht ansprechbar. Sie waren unwillig. Sie würden ihn einfach dabehalten und einbuchten, nur um ihre Ruhe zu haben. Außerdem war es ihm peinlich, derartig an der Nase herumgeführt zu werden. Ja, er fühlte sich entehrt. Ihm war nach Rache zumute, nach Vergeltung für den demütigenden Streich, den sie ihm gespielt hatten. Er kochte. Denen werde ich es zeigen, erregte er sich. Am nächsten Tag war noch Zeit genug, sich zu kümmern. Cool bleiben, redete er sich zu.
     
    In der Küche schnappte er sich ein Sagres aus dem Kühlschrank und nahm einen tiefen Schluck. Sein Durst war groß. Er überlegte nur kurz. Ihn überfiel Unruhe. Wie war das möglich, dass sie derartig abging, während in ihrem Auto die Leiche eines Kindes lag? Wusste sie überhaupt davon? Das konnte doch nicht sein! Zu wem gehörte das Kind? Ihr Mann, dieses Bleichgesicht, musste es wissen, sonst hätte er nicht so zielsicher gehandelt. War sie überhaupt seine Ehefrau? Seine Wut schwoll an. Er erinnerte sich an die Papiere, die er an sich genommen hatte, und zog sie unter seinem Hemd hervor. Es waren die Unterlagen für ein Mietfahrzeug, darunter der Mietvertrag, ausgestellt auf einen Marc Callahan aus Liverpool. Als vorübergehende Adresse war Clube Atlantico, Praia da Luz, angegeben.
    Einen Anhaltspunkt hatte er nun. Er atmete aus. Er leerte die Bierflasche. Dann zog er die Kleider aus und stellte sich unter die Dusche. Sie tat ihm gut. Er duschte lange, aber bald spürte er, wie ihn Müdigkeit erfasste und ihn zu lähmen begann. Er nahm sich vor, morgen nach Praia da Luz zu fahren, die Mieter des Wagens ausfindig zu machen und ihnen das Bündel vor die Tür zu legen. Alles Weitere würde sich irgendwie ergeben. Er ging ins Wohnzimmer und legte sich auf das breite Sofa. Er schlief sofort ein.

Epilog
     
    September 2009
     
    Der Chefermittler Gonçalo Amaral hatte über den Fall des an der Algarve vermissten englischen Mädchens ein Buch mit dem Titel ›Die Wahrheit über die Lüge‹ veröffentlicht.
    Dort stellt er die Behauptung auf, dass das Mädchen tot sei und ihre Eltern etwas mit dem Verschwinden zu tun haben sollen. Das Buch wird nun verboten und aus allen Buchhandlungen herausgenommen. Die Verlagshäuser müssen pro Tag eine Strafe von 1.000 Euro begleichen.
    Gonçalo Amaral wird auf 1,2 Millionen Euro Schadensersatz wegen verleumderischer Behauptungen verklagt. Er darf seine Vermutung nicht weiterhin öffentlich machen, und auch der Film, der nach dem Buch gedreht wurde, darf nicht gezeigt werden.
     
     
     
     
    September 2009
     
    Der beschriebene Clube Carvoeiro existiert wirklich und erfreut sich unter Kennern der Algarve großer Beliebtheit. Allerdings gibt es keine Diskothek unter der Praca central. Das Steakhaus ist einer Art Kantine gewichen, in der man Kaffee und ein Glas Bier oder Wein trinken kann. Die beschriebenen Ferienhäuser kann man mieten, doch sollte man sich darauf einrichten, dass die Entfernungen und die Örtlichkeiten nicht der Wirklichkeit entsprechen. Auch die Umgebung hat durch eine blinde, ungezügelte Bauwut eine nicht gerade begrüßenswerte Veränderung erfahren. Das Motto der alten Anlage ›Second home first choise‹ gilt aber nach wie vor, wie ich finde.
     
    *
     
    Der Club Aldiana wurde unter dem Motto ›Zeit für Gefühle – Ferien unter Freunden‹ geführt. Er ist vor wenigen Jahren aufgegeben worden. Die Anlage existiert aber an der beschriebenen Stelle noch heute, nur hat sie einen anderen Namen und einen anderen Unternehmer
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