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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)
Autoren: Reinhard Pelte
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Lebendgewicht von mehr oder weniger 100 Kilo. Es schwankte, je nachdem, wie gut oder schlecht er sich fühlte, was so viel hieß, dass er sich gut oder weniger gut ernährte. Wenn er viel fliegen konnte und ein erotisches Abenteuer am Boden auf ihn wartete, dann war er glücklich, aß viel und trank mehr. Er trank eigentlich immer. Er hatte Schwierigkeiten, die periodisch anfallenden Fliegertauglichkeitstests im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe zu bestehen. Es war ein ernster Kampf, den er Wochen vorher aufnehmen musste und der ihn zu Enthaltsamkeit und Diäten zwang. Aber er unterwarf sich der schmerzhaften Fron jedes Mal aufs Neue, flog nach Fürstenfeldbruck und gewann. Bis zum Schluss, als er mit 43 Jahren ausscheiden musste. Man hatte keine Verwendung mehr für ihn. Als Pilot war er nicht mehr zu gebrauchen. Was zu Beginn seiner Karriere alle bewundert hatten, wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Seine physische Einmaligkeit war beim Fliegen eine hohe, letztendlich zu hohe Hypothek auf Herz, Kreislauf und Rücken. Die erhöhten Anforderungen hatten ihn frühzeitig verschlissen, ihn über den Rand seiner körperlichen Möglichkeiten geführt und ein Weiterfliegen unmöglich gemacht. Er war jetzt Frührentner und alleinstehend.
    Auf seinen vielen Cross-country-Flügen hatte er die NATO-Welt kennengelernt. Er war schließlich auch gern bereit gewesen, als Fluglehrer für ein paar Jahre im Ausland, auf der Base Aerea numero onze in Portugal zu fliegen. Das Land hatte ihm gefallen, nicht zuletzt wegen der günstigen Lebenshaltungskosten, die vor der EU-Mitgliedschaft lächerlich gering gewesen waren. Außerdem verdiente er hier fast doppelt so viel wie in der Heimat. Das hatte ihn in die Lage versetzt, in Carvoeiro an der Algarve ein Haus zu erwerben.
    Damals war Carvoeiro gerade für den Tourismus erschlossen worden. Er hatte den Clube Carvoeiro am Wochenende in Begleitung seiner diversen Freundinnen gern besucht. Bald begrüßte ihn der österreichische Manager per Handschlag, denn er war mit seinen attraktiven Begleiterinnen und seiner eigenen Aura aus Testosteron und Geld ein gern gesehener Gast. Sie waren sich über die Zeit nahegekommen. Seine Verbindung zu dem Österreicher verschaffte ihm schließlich die Möglichkeit, ein Haus mit großem Grundstück günstig zu kaufen. Ganz spontan, nach einer rauschenden Sommernachtsfete mit schönen, lebenshungrigen Frauen und Männern, hatte er zugeschlagen. Im Großen und Ganzen hatte er seinen Entschluss nie bereut.
    Aber jetzt fehlten die schönen, lebenshungrigen Frauen. Schließlich war er in die Jahre gekommen, hatte viele Erfahrungen gesammelt und war Rentner geworden. Man konnte ihm das ansehen. Seine straffen Wangen unter hohen Jochbeinen und sein breites, markiges Kinn hatten ihn früher sehr männlich wirken lassen. Und seine hellen, klaren Augen blickten zu dieser Zeit noch unbekümmert in die Welt. Seine stattliche Erscheinung zusammen mit seinem Image als Tigerpilot verströmte das Bild von großer Stärke und unerschütterlicher Zuversicht.
    Jetzt war sein Haarschopf schütter geworden, und unter seinen matt gewordenen Augen, aus denen er mit leicht verschleiertem Blick auf die Welt sah, bildeten sich langsam Tränensäcke. Seine Wangen waren erschlafft, formten unterhalb der Kieferknochen erste Täschchen und führten zu zwei tiefen Falten rechts und links der Nase. Ein geierartiger Zug hatte sich in sein Gesicht geschlichen.
    Die Belastungen beim Fliegen hatten seine Wirbelsäule irreparabel geschädigt. Er hatte fast permanent Rückenschmerzen. Sie zwangen ihn zu einer schlechten Haltung. Seine Körperspannung war erschlafft und er hatte einen Bauchansatz. Auf Bildern aus den Anfängen seiner Pilotenausbildung war er für Leute, die ihn erst jetzt kennenlernten, nicht mehr zu identifizieren. Ihm selbst war sein körperlicher Verfall in seinem ganzen Ausmaß nicht bewusst oder er wollte es sich nicht bewusst machen. Denn innerlich war er jung wie eh und je und hatte sich nicht verändert. Jedenfalls glaubte er das. Sein Schnauzer und sein jungenhafter Charme waren ihm geblieben.
    Er wusste nicht so recht, ob keine schönen Frauen mehr nachwuchsen oder ihn Frauen einfach nur noch langweilten. Vielleicht hatte er auch nur die Kunst des Anmachens verlernt. Manchmal überfielen ihn solche Gedanken. Jedenfalls war er schon seit einiger Zeit nicht mehr erfolgreich gewesen und mit einer Frau intim geworden. Auf die Idee, dass die Frauen seiner
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