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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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mir ja so schrecklich leid ...« An seiner brüchigen Stimme merkte sie, daß er ihren Kummer teilte.
    Sie schüttelte den Kopf, und ihre erhitzte Wange streifte das kühle, harte Tuch seines Uniformrocks; als er sie fest an sich drückte, gruben sich die scharfkantigen Orden und Medaillen in ihren Rücken. Sie empfand keine Spur von Trost. »Unser Aller Mutter«, flüsterte sie, aufs Meer schauend, »eher wäre ich gestorben, als daß ich mir das Herz hätte herausreißen lassen.« Voller Grausen und Mitleid dachte sie an Arienrhod, deren Gebeine bis in alle Ewigkeit in den finsteren Tiefen des Ozeans rollten.
    Dieses Mal blieb er die Antwort schuldig; er hielt sie nur fest, bis sie fühlte, daß seine Körperwärme ihre Haut durchdrang wie ein heilender Balsam. »Schau«, sagte er schließlich, »es sind Mers; jetzt kann man sie ganz deutlich erkennen.« Seine Arme umfingen sie immer noch; nur seine Stimme drängte sie, aufs Wasser zu blicken.
    Sie hob den Kopf und entdeckte die Mers; eine ganze Kolonie tollte an der Grenze zwischen zwei Welten durch die Nacht. Ihr Dasein war wieder komplett, der Grund für ihre Existenz gesichert. Aber an ihrem ausgelassenen Tanz, mit dem sie einander umwarben, erkannte sie, daß in der zeitlosen Welt der Mers das Leben zum Selbstzweck wurde. Sie hatten viel mehr gemeinsam mit dem Sibyllengeist als mit den menschlichen Dienerinnen und Dienern, die geistig mit dem Netz verknüpft waren. Sie sah zu, wie die Mers hochsprangen und wieder in das von Sternen übersäte Wasser hinein-tauchten, ihr Bild ihrem Gedächtnis einprägend. »Ich beneide sie«, flüsterte sie. »Sie leben ohne Reue.«
    »Durch uns werden sie keines gewaltsamen Todes mehr sterben«, murmelte Gundhalinu in ihr Haar. »Und kein Mensch wird durch ihr Sterben sein eigenes Leben verlängern können. Das Gleichgewicht ist wiederhergestellt ... Vielleicht können wir jetzt in Ruhe leben. Zusammen. Wir beide haben viel Zeit verloren, die uns nichts mehr zurückbringt.«
    Mond schloß die Augen und erinnerte sich an eine Ewigkeit, in der der Pfeil der Zeit in alle Richtungen zugleich wies.
    Sie öffnete die Augen und blickte auf das Meer und den im Sternenfeuer brennenden Himmel. Die Trennlinie, wo eine Welt endete und die andere begann, vermochte sie nicht zu finden; es war, als sei alles eine große Einheit, als ging der Ozean direkt in das Weltall über. '»Die Zeit erledigt alle Probleme«‹, wiederholte sie leise, als ihr seine bitteren Worte einfielen. »So muß es sein –und so wird es sein. Wir haben ein Recht auf unser Leben.« Sie schaute zu, ihm auf und sah, daß sich die Nacht in seinem schwarzen Augen widerspiegelte.
    Endlich lächelte er und nickte; er hielt sie umfangen und wärmte sie. »Ich freue mich darauf«, sagte er, »mit dir zusammen alt zu werden.«
     

TIAMAT
Prajna,
Planetarischer Orbit
    B ei den Göttern.« Kedalion lehnte sich im Pilotensessel der
Prajna
zurück und streckte die Finger, bis die Knöchel knackten. »Ich hab immer noch Angst, ich könnte aufwachen und merken, es war alles nur ein Traum.« Er blickte zu Ananke hinüber. »Sag mir, daß ich nicht träume.«
    Ananke lächelte. »Du träumst nicht; es sei denn, wir beide träumen dasselbe.« Sie zuckte die Achseln und streichelte die knubbelige Nase des Quolls, während sie die Kontrolldaten studierte. »Antriebssysteme, check. Fracht, check. Lebenserhaltungssysteme, check. Abfluggenehmigung erteilt, das errechnete Fenster zum Verlassen des Orbits hat sich nicht verändert. Wir sind frei, Kedalion, endlich können wir abhauen.« Sie machte es sich auf dem Platz des Co-Piloten bequem und setzte den Quoll in eine gemütliche Kiste unter dem Instrumentenpaneel.
    »Alles bereit zum Abflug?« Kedalion stellte die rituelle Frage und sah sie dabei an.
    »Bereit«, antwortete sie ohne zu zögern.
    Kedalion spähte nach hinten über die Schulter. »Bereit Dawntreader?«
    Funke Dawntreader erwiderte seinen Blick und nickte leicht mit dem bandagierten Kopf. Danach betrachtete er wieder die Monitore, auf denen seine Heimatwelt Tausende von Kilometern entfernt majestätisch vorbei-glitt. »Mache ich auch wirklich keinen Fehler, Niburu?« murmelte er.
    »Woher soll ich das wissen?« entgegnete Kedalion. »Aber auf alle Fälle ist es eine gute Tat. – Bist du bereit?« wiederholte er nach einer Weile. Auf sein Kommando hin verwandelte sich das Bild auf den Monitoren in ein Sternenmeer.
    Dawntreader holte tief Luft. »Ich bin bereit«,
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