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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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Teil der Geschichte kenne ich. Außerdem wurden Sie ein Sibyl.« Wieder lächelte sie. »Als Erklärung dürfte mir das eigentlich genügen.«
    »Und wie ist es Ihnen ergangen?« fragte er. »Als wir uns das letzte Mal unterhielten, betrat ich das letzte Schiff, das von Tiamat abflog – und Sie blieben zurück. Ich bin mir immer noch nicht sicher, woher Sie den Mut zum Bleiben nahmen, wenn Sie annehmen mußten, es sei für immer. Ich hätte es nicht über mich gebracht ...« Er schüttelte den Kopf.
    »Es war nicht nur Mut, sondern auch zu einem guten Teil Verzweiflung – und Stolz«, antwortete sie. »Nicht zuletzt Liebe ...« Er wußte, daß sie nicht die Liebe zur Gerechtigkeit meinte, oder zu irgendeinem edlen Ideal; sie meinte die Liebe zu einem Menschen. Er errötete, als hätte sie seine eigenen, verborgensten Gedanken ausgesprochen. Resolut sagte er sich, daß sie von ihrem eigenen Leben erzählte, und nicht von seinem, und er wunderte sich, was sie in den Jahren seit dem Abschied erlebt haben mochte.
    »Wirklich?« fragte er leise. Als sie seine Vorgesetzte war, die einzige Frau in der Polizeitruppe, war sie ihm immer unnahbar vorgekommen; er konnte es kaum glauben, daß jemand ihren Schutzpanzer durchbrochen und ihr Herz erobert hatte ... und das auch noch unter seinen Augen, ohne daß er etwas davon bemerkt hatte. »Wer?«
    »Ngenet ran Ahase Miroe.«
    Sich die Nase reibend, kramte er in seinem Gedächtnis. »Bei allen Göttern ...«, platzte er heraus. »Der? Ausgerechnet? Dieser Schmuggler?«
    Sie lächelte traurig und nickte. »Genau der.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ein sehr ungleiches Paar«, murmelte er.
    »Wir waren uns ähnlicher, als Sie denken«, widersprach sie bedrückt. »In Freud und Leid.«
    »Deshalb sind Sie also geblieben.«
    »Es war nicht der einzige Grund.« Eine Spur des alten Trotzes flackerte wieder in ihrem Blick auf. »Ich sagte Ihnen bereits bei unserem Abschied, ich sei kein Feigling. Aber seit ich die Wahrheit kannte, fand ich den Mut, auf mein Herz zu vertrauen. Ich wußte, welche Persönlichkeit in Mond steckt, und daß sie vorhatte, den Wechsel zu einer echten Chance für Tiamat zu nutzen. Miroe wollte sie dabei unterstützen. Es war eine Aufgabe, für die wir beide gern unser Leben geopfert hätten.«
    Sein Lächeln erlosch, als er den Ausdruck auf ihrem Gesicht bemerkte. »Sind Sie noch verheiratet?« fragte er behutsam.
    Sie schüttelte den Kopf. »Miroe starb vor über einem Jahr. Es war ein Unfall, er stürzte zu Tode.«
    »Das tut mir leid«, erwiderte er; jetzt verstand er, wieso sie sich so schmerzlich und tiefgreifend verändert hatte. Ihr Blick war immer noch klug und kritisch, doch irgend etwas fehlte. Seit ihrem Abschied hatte sie fast zwanzig schwere Jahre auf einer rauhen Welt zugebracht, aber es war weniger ihr Körper, der gealtert schien. Es kam ihm vor, als hätte sie den Charakterzug verloren, den er stets am meisten an ihr bewundert hatte: ihre Fähigkeit, dem Schicksal zu trotzen.
    »Ich vermisse ihn immer noch ... jeden Tag.« »Haben Sie Kinder?« fragte er, um die beklemmende Stille zu durchbrechen.
    Sie schüttelte den Kopf, und es fiel ihm nicht leicht, ihre Miene zu deuten. Zum Schluß überwog die Neugier, und sie schaute ihn an, sprach jedoch nicht die Frage aus, die er in ihren Augen las. Betont lässig nahm sie sich ein Stückchen gepökeltes Fleisch. »Aber jetzt liegt die Vergangenheit endgültig hinter uns«, meinte sie. »Sie ist Geschichte. Der Wechsel ist da, wir müssen unser altes Leben abstreifen und ein neues probieren.«
    »Ich dachte, das geschähe nur nach den traditionellen Ritualen, wenn die Meeresmutter ihren Segen gegeben hat«, wandte er lächelnd ein.
    Jerusha hob die Brauen. »Erzählen Sie mir jetzt bloß nicht, daß Sie daran glauben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie etwa?«
    Sie zuckte die Achseln. »Aber die Dinge haben' sich geändert, ob es uns paßt oder nicht.« Prüfend sah sie ihn an. »Irgendwie hatten wir alle Angst, daß die Hegemonie uns nach ihrer Rückkehr wieder in den Staub treten würde.«
    Wir alle.
Seine Mundwinkel zuckten, als er hörte, daß sie sich zu den Tiamatanern zählte.
Aber wieso auch nicht?
Sie hatte den größten Teil ihres Lebens hier verbracht. Newhaven, ihre Heimatwelt, mußte für sie nur noch der Schatten einer Erinnerung sein. Er betrachtete seinen Stiefel, der auf seinem Knie ruhte. »Die Hegemonie hat immer noch einen festen Tritt. Ich versuche, sie daran zu hindern, zu oft an
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