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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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an?«
    »Ja.«
    »Dessen Ziel es ist, den Menschen zu helfen?« »Ja«, wiederholte er ein wenig unsicher.
    »Indem man arglose Leute ohne deren Einwilligung mit dem Sibyllenvirus ansteckt?«
    »Nein.« Er verzog das Gesicht. »Der Sibyl, der Ihnen das angetan hat, muß einen sehr triftigen Grund dafür gehabt haben ... Es tut mir leid.«
    »Ist es Ihnen genauso ergangen wie mir?« fragte sie nach längerem Schweigen.
    »Nein.« Er holte tief Luft und stieß sie mit einem Seufzer wieder aus. »Ich bin völlig grundlos angesteckt worden.« Aber wenn es nicht passiert wäre, hätte er nicht das Geheimnis des Feuersees gelüftet, und dann gäbe es immer noch keinen Stardrive ... Song war verrückt, das Virus hatte sie in den Wahnsinn getrieben. Ihre Mutter, Hahn, die ihn gebeten hatte, das Mädchen zu suchen, gehörte indessen der Loge an. Stand sie womöglich in einem viel höheren Rang, als er ahnte? Verlief sein Schicksal gar nicht zufällig, sondern folgte es einem verborgenen Muster? War alles nur passiert, damit er nach Tiamat zurückkehren konnte? Götter – es war zum Verrücktwerden, wenn er erst einmal anfing, darüber nachzudenken. »Es war ein Zufall.«
    Sie furchte die Stirn, wie wenn sie den Zweifel aus seiner Stimme heraushörte. Aber sie sagte nur: »Ich bin froh, daß Sie mir das erzählt haben. Ich wollte immer gern glauben, daß mein Los eine bestimmte Bedeutung hat. Vor Jahren wußte ich nur, was die Sommerleute von den Sibyllen behaupteten, und was die Winterleute über die Sommer sagten. Trotzdem kamen ständig Außenweltler zu mir ... Und manchmal wurde ich von der anderen Seite in den Transfer gerufen. Jahrelang war ich die einzige, die durch den Transfer Fragen über Karbunkel beantworten konnte. Ich hatte mir immer gewünscht, daß mein Schicksal einen Sinn hat, daß meine Gabe wichtig ist.«
    »Sie ist wichtig«, bekräftigte Gundhalinu. »Wichtiger, als Sie überhaupt ermessen können.« Er blickte in ihre Augen, die in dem runzligen, geduldigen Gesicht wie dunkle Fenster wirkten. »Dann haben Sie die Menschen, die zu Ihnen kamen, also nie gesehen?«
Hatte die Loge mit Absicht eine Blinde ausgesucht?
    »Doch – in gewisser Weise sah ich sie schon. Damals war ich nicht völlig blind – ich hatte einen optischen Sensor von der Außenwelt. Immerhin sah ich genug, um mein Handwerk auszuüben. Ich war Maskenmacherin, und die Maske der Sommerkönigin, die beim letzten Großen Fest vergeben wurde, stammte von mir.«
    »Ich erinnere mich«, sagte er, und es kam ihm vor wie ein Traum. Mond hatte ihn im Hospital besucht, wo er im Fieberdelirium lag. Die Maske der Sommerkönigin trug sie im Arm, um ihm zu zeigen, daß sie gewonnen hatte ... Er riß sich aus seinen Grübeleien. »Dann verloren Sie Ihre Sehfähigkeit, als wir beim Letzten Abschied die technologischen Geräte deaktivierten.«
    Sie nickte.
    »Ich sorge dafür, daß Sie so schnell wie möglich einen neuen optischen Sensor bekommen.«
    »Danke«, murmelte sie überrascht.
    Er nickte zur Bekräftigung, doch dann fiel ihm ein, daß sie diese Geste ja nicht sehen konnte. Schließlich nahm er ihre Hand und machte mit den Fingern ein bestimmtes Zeichen.
    Sie lächelte, und als er seine Hand wieder zurückziehen wollte, hielt sie sie fest. »Darf ich Ihr Gesicht berühren?« fragte sie.
    Er war verblüfft, doch er verstand ihren Wunsch; behutsam führte er ihre Finger, bis sie auf seiner Wange ruhten.
     
    Durch das verborgene Fenster beobachtete Mond die beiden Gestalten, die nebeneinander an dem runden Tisch saßen. Sie sah, wie Fate Gundhalinus Gesicht abtastete, bis sie sich ein Bild von ihm machen konnte.
    Mond erinnerte sich, wie sich seine Haut unter ihren Händen angefühlt hatte, sie spürte wieder den sanften Druck seiner Lippen auf ihren Händen, auf ihrem Mund ... Als sie spürte, wie sie rot wurde, wandte sie sich vom Fenster ab; sie ärgerte sich, wie ihr Körper sie verriet ... vor Erregung begannen ihren Nerven zu prickeln. Schon bereute sie es, daß sie hinter dem verborgenen Fenster Posten bezogen und darauf gewartet hatte, einen ersten Blick auf sein Gesicht zu erhaschen.
    Dieses Fenster, das von der Versammlungshalle aus wie ein Wandgemälde wirkte, war eine Einrichtung Arienrhods. Sie hatte überall im Palast Winkel angelegt, von denen aus sie Menschen beobachten konnte. Es war eine ihrer vielen Listen, heimlich Leute auszuspähen, und sie dann zu verraten.
    Aber...
Sie konnte nicht anders, sie blickte abermals durch das
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