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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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Gier nach dem Wasser des Lebens ist, und ich weiß auch, daß man sie nur schwer daran hindern kann, sich einfach zu nehmen, was sie wollen. Diese Erfahrungen habe ich selbst gemacht.«
    Er schnitt eine Grimasse. »Hoffentlich versteht die Königin das auch. Jedesmal, wenn ich sie im Palast aufsuche, drängt sie auf drastische Veränderungen; gleichzeitig verlangt sie von mir, ich solle die Jagd auf die Mers grundsätzlich verbieten. Das ist ein bißchen viel auf einmal. Ich habe versucht, ihr zu erklären, daß wir schrittweise vorgehen müssen; zuerst muß Tiamat ein bestimmtes technologisches Niveau erreicht haben, ehe es den anderen Welten der Hegemonie gleichgestellt wird. Jede rapide Veränderung um ihrer selbst willen würde allen nur schaden, und Tiamat ginge es schlechter als zuvor. Außerdem gibt die Hegemonie nichts umsonst, sie verlangt Gegenleistungen, wie die Tiamataner auch.«
    »Das versteht sie sehr wohl«, erwiderte Jerusha. »Aber sie weiß auch, daß die Hegemonie ihr Volk für Barbaren hält – zu Unrecht. Sie ist bereit, Kompromisse zu schließen und der Hegemonie auf halbem Weg entgegenzukommen, sofern diese auch Zugeständnisse macht. Außerdem möchte sie der Hegemonie begreiflich machen, daß sie einen gegensätzlichen Standpunkt vertritt. Was Tiamat betrifft, so handelte die Hegemonie immer nach dem Grundsatz: Was euch gehört, gehört auch uns, aber was uns gehört, ist unveräußerlich.«
    »Ich tue ja, was ich kann«, versetzte er gereizt. »Aber sie muß sich in acht nehmen. Ich wünschte mir, sie könnte ... Wenn wir nur ...« Jählings wandte er den Blick ab. »Verdammt!« flüsterte er.
Verdammt. Verdammt.
    »Ich weiß Bescheid, BZ«, sagte Jerusha und sah ihn verständnisvoll an. »Sie wünscht es sich auch.« Sie lächelte. »Wahrscheinlich ist es unser aller Wunsch.«
    Er sah sie wieder an. »Auf Kharemough gibt es ein altes Sprichwort: Es gibt zwei Tragödien im Leben; wenn einem sein Herzenswunsch nie erfüllt wird – und wenn er in Erfüllung geht.«
    Sie lachte leise. »Wenn man auf Newhaven jemanden verfluchen will, sagt man: mögest du alles bekommen, was du dir wünschst; mögest du von hochgestellten Leuten bemerkt werden; und mögest du in interessanten Zeiten leben.«
    Nun lächelte auch er, und zu seiner Erleichterung stellte er fest, daß er seinen Sinn für das Absurde nicht verloren hatte. »Dann besteht für mich wohl keine Hoffnung mehr.« Er hielt ihr die Hand entgegen, und sie umklammerte sein Handgelenk nach einheimischer Sitte. »Teilen Sie mir Ihren Entschluß mit. Grüßen Sie die Königin von mir, und ...« – er zögerte, als er im Geist die Gesichter ihrer Kinder sah – »... und ihre Familie.«
    Sie nickte. »Das werde ich tun«, erwiderte sie ernst.
    Er sah ihr nach, wie sie sein Büro verließ. Sobald sich die Tür hinter ihr schloß, begann sein Intercom zu summen; er ignorierte das Geräusch, und lauschte auf etwas ganz anderes.
     

TIAMAT
Karbunkel
    J erusha, gut, daß du da bist.«
    Die Königin hob die Hände und strahlte sie an; Jerusha versuchte, das Lächeln zu erwidern. Mond zeigte auf den mit Daten gefüllten Bildschirm, der wie ein Zauberspiegel in der Schreibtischplatte schimmerte. »Den ganzen Nachmittag lang habe ich daran gearbeitet, und auf einmal sperrte er sich gegen alle meine Befehle. Ich sagte ihm, ich sei die Königin, aber das schien ihn nicht zu beeindrucken.« Sie lachte halb amüsiert, halb verzweifelt. »Und sämtliche Anleitungen sind in Sandhi geschrieben.«
    Jerusha beugte sich über ihre Schulter und prüfte den Bildschirm. »Ich kann nicht einmal mehr genug Sandhi, um die Beschriftung an einer Toilettentür zu lesen, geschweige denn ein Computerhandbuch.« Das geschriebene Sandhi bestand aus Ideogrammen und wies keine Ähnlichkeit mit der gesprochenen Sprache auf. »Ich konnte es aber noch nie gut ... Ist das Programm gespeichert?« Mond nickte. »Dann schalte das System ein-lach ab und fang noch mal von vorn an. Es ist lästig, aber bei mir hat es bis jetzt immer geklappt.«
    Mond blickte ein wenig verstört drein, aber sie zuckte die Achseln und schaltete den Computer aus.
    »Ah ja! Das ist schon besser! Ich danke dir.« Mond drehte ihren Stuhl herum und lehnte sich zurück. »War es Gedankenübertragung, oder wolltest du etwas mit mir besprechen?« Als Jerusha dem Blick aus ihren Augen begegnete, kam es ihr beinahe so vor, als könne Mond tatsächlich Gedanken lesen.
    »Ich habe wirklich etwas auf dem Herzen.«
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