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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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Trauer drehte sie sich wieder zu ihm um. »Das heißt, er war einer«, korrigierte er sich leise. Er schaute über die Brüstung und sah die Königin und Gundhalinu, die immer noch Seite an Seite gingen, wie wenn sie durch ein unsichtbares Band miteinander verknüpft wären. Sie folgte seinem Blick und runzelte die Stirn. »Laß sie doch glücklich sein ... Er wollte, daß sie zusammenkommen, und sie haben es verdient.«
    Reglos stand sie da und beobachtete die beiden, bis ihre Stirn sich wieder glättete, und ihr Gesicht völlig ausdruckslos wurde. Schließlich nickte sie.
    »Hier.« Reede nahm den Arm von ihrer Schulter und holte etwas aus seiner Gürteltasche, das ihm gerade wieder eingefallen war. »Er wollte, daß du sie bekommst.« Er gab ihr Dawntreaders Muschelflöte, ein zierliches spiralig geschraubtes Gebilde, das haarfeine Risse und uralte Reparaturen aufwies.
    Sie machte den Mund auf, doch kein Ton kam heraus; dann nahm sie die Flöte, preßte sie gegen ihre Wange und schloß die Augen. »Ich möchte von hier fortgehen – die Stadt verlassen – und nie wieder zurückkommen. Tante Jerusha sagt, daß wir auf ihrer Plantage wohnen können. Dort wären wir ganz allein – nur mit den Mers ...«
    »Das hat sie gesagt?« Plötzlich fühlte er sich federleicht, und abermals umklammerte er das Geländer. »Eine tolle Idee«, flüsterte er, »das wäre wirklich phantastisch.«
    Ihre aschfahlen Wangen röteten sich ein bißchen, und sie lächelte.
    Er nahm ihre Hand und betrachtete die langen, schlanken Finger, die sich bleich gegen die seinen abhoben; am Daumen trug sie den Solii-Ring, das Gegenstück zu seinem. Er versuchte etwas zu sagen, doch seine Kehle war wie zugeschnürt; er zog sie an seine Brust und drückte sie an sein Herz. In den alten, modrigen Geruch der Wände mischte sich Arieles süßer, warmer Duft. Nach einer Weile fragte er: »Warum bist du hier heraufgekommen?«
    Sie rückte ein Stück von ihm ab und lächelte; in diesem Augenblick begann die Musik drunten wieder zu spielen. Einen vollkommen anderen Rhythmus als vorher, als man sich dem kultivierten, überkritischen Geschmack der Techniker anpaßte. Reede lugte über die Brüstung, um sich davon zu überzeugen, daß es immer noch dasselbe Orchester war. Nun spielten sie zu einem mitreißenden, traditionellen Sommertanz auf. »Das richtige Fest beginnt erst jetzt«, erklärte Ariele. »Ich wollte dich holen, damit du mit mir feierst.« Zögernd streckte sie die Hand nach ihm aus; sie strahlte, als er bereitwillig, beinahe eifrig, mit ihr ging.
    Nebeneinander stiegen sie die Treppe hinab und mischten sich in das Gewirr aus Menschen, die von ihrer Ankunft kaum Notiz nahmen. Die meisten Leute kamen ihm fremd vor, hin und wieder glaubte er, ein Gesicht zu erkennen. Er sah Merovy Bluestone, und ihre Blicke kreuzten sich, ehe er wieder fortschaute. Als sie den Saal drunten erreichten, hatte er Gundhalinu und die Königin aus den Augen verloren.
    Ariele lotste ihn an eine Stelle, wo die Menschen so spontan tanzten, wie sich die Musik anhörte. Sie zog ihn einfach mit und animierte ihn zum Tanzen. Die Schritte waren simpel; er kam sich tapsig und unbeholfen vor, denn noch hatte er sich nicht daran gewöhnt, daß sein Körper ohne das Wasser des Todes keine perfekt funktionierende Maschine mehr war. Aber tapfer machte er weiter, und dann entdeckte er, daß das Tanzen ihm Spaß machte – er hatte immer gern getanzt, fiel ihm ein, obwohl er sich nicht deutlich daran erinnern konnte, jemals getanzt zu haben.
    Sie tanzten zusammen, nicht nur als Paar miteinander, sondern im verbindenden Rhythmus, der sämtliche Tänzer einschloß. Die Musik war abwechselnd lebhaft und ruhig, und sie tanzten, bis sie beide vor Begeisterung strahlten.
    Doch sein Körper, der früher keine Erschöpfung gekannt hatte, ermüdete rasch, und er mußte eine Pause einlegen; er aß eingelegten Fisch und trank einen sonderbar gewürzten Wein, bis sein Schädel brummte. »Daran erinnere ich mich ...«, murmelte er und lachte unsicher, als ihm der Wein zu Kopf stieg.
    »Was ist?« fragte Ariele.
    Jemand rief seinen Namen und rette ihn davor, gleich eine Antwort geben zu müssen. Er überblickte die Menge und sah drei Gestalten auf sich zukommen, die dem Aussehen nach nicht unterschiedlicher hätten sein können: die Tiamatanerin, der der Starhiker-Club gehörte, sein Pilot und seine Crew.
    »Heh, Boss«, grüßte Niburu, und sein Grinsen verriet Reede, daß er vermutlich auch zuviel
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