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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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Augen war die Stute wunderschön. Ihre Anwesenheit tröstete mich, denn ich wusste, die Göttin hatte mich nicht verlassen, jetzt, da ich starb.
    Plötzlich verschwand der Mustang in einem Wirbel aus Farben.
    »Nein!«, schrie ich. »Nein! Verlass mich nicht … «
    Die Frau in der Reflexion erhob sich aus dem Wasser. Ihr Haar war schwarz wie die Mähne des Pferdes und glitzerte vor Nässe. Ihre kupferfarbene Haut schimmerte sanft, was an der Sonne liegen musste, die schnell unterging und ihr nun in den Rücken schien. Sie war nackt, aber das dunkle Haar fiel ihr über die Brüste, und sie hatte ihren Körper leicht von mir abgeneigt. Einer ihrer Füße ruhte auf einem Stein, sodass dieses Bein ein wenig höher stand als das andere und ihre Scham verdeckte.
    Ihr Kinn hatte sie ein wenig gesenkt, sodass ihre Augen und ihr Gesicht im Dunkeln lagen. Ich wollte, dass sie mich entdeckte, dass sie mich sah und glücklich war, aber ihr Blick ging nicht direkt in meine Richtung, sondern an mir vorbei, gen Osten. Vorsichtig drehte ich mich um, neugierig, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Ich sah Rauch. Schwarzen Rauch, der über einem Eichenwäldchen aufstieg.
    Dann eine Bewegung. Die Göttin deutete in Richtung des Rauches. Wieder sah ich dorthin, und als ich mich zu ihr zurückdrehte, was sie verschwunden.
    Ich ging in Richtung des dunkler werdenden Osthimmels. Die Zeit verflog so schnell! Ich begann zu rennen, passierte die Eichen, dann trat ich auf eine Lichtung, auf der Gestalten in roten Umhängen einen hohen, sich nach oben verjüngenden Pfahl im Kreis umstanden. Um den Pfahl lag hoch und breit aufgeschichtetes Feuerholz, an den Pfahl selbst war eine schwarz gekleidete Gestalt gefesselt. Das brennende Feuer hatte die Person beinahe erreicht.
    Ich eilte um den Kreis herum, bis ich der gefesselten Gestalt gegenüberstand. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen; ihre Kapuze war tief ins Gesicht gezogen. Während die Hitze zu ihr hinaufstieg und der Qualm ihr den Atem nahm, zerrte sie an ihren Fesseln. »Was passiert hier?«, fragte ich. Keine der rot gewandeten Gestalten reagierte. Irgendetwas stimmte nicht. »Was passiert hier?«, schrie ich.
    »Hilfe! Hilf mir!«, rief die dunkle Gestalt.
    Ich wandte mich seitwärts und wollte zwischen zwei der Umstehenden mit den roten Umhängen hindurchgleiten. Plötzlich drehten sich beide zu mir um und hielten mich zurück. »Was tut ihr hier?«, fragte ich.
    »Bitte! Bitte, hilf mir!« Die Gestalt in Schwarz wand sich heftiger, als die Flammen sich ihr näherten. Die Kapuze glitt ihr vom Kopf, und ich erkannte mein eigenes Gesicht.
    Ich wich zurück.
    »Nein! Nein! Hilf mir!«
    Mein gefesseltes Ich begann zu schreien, als die Flammen den schwarzen Umgang erfassten. Es kämpfte immer heftiger und verzweifelter gegen die Fesseln an. Der Umhang öffnete sich und enthüllte ein blutiges Ankh-Zeichen auf seiner Brust. Das war ich, und ich verbrannte an einem Pfahl. Einem Pfahl, der, wie ich jetzt erkannte, die gleiche Form hatte wie der Pflock, den Vivian als Waffe gegen Menessos angefertigt hatte. Das da oben vor mir war ich. Mein stigmatisierter Teil, mein dunkles Ich wurde in diesem Moment vernichtet.
    Betäubt und tief bestürzt beobachtete ich die barbarische Hinrichtung. Dass die Menschen einst so etwas getan hatten, dass sie zu ihrer Unterhaltung mit ihren Kindern auf öffentliche Plätze geströmt waren, um zuzusehen, wie jemand bei lebendigem Leibe verbrannt worden war, die Vorstellung entsetzte mich.
    Jetzt brannte die schwarze Robe lichterloh, und aus dem Haar meines anderen Ichs stieg Rauch empor. Es riss den Kopf vor und zurück, als könnte es so die Flammen löschen, aber seine Anstrengungen waren vergeblich. Das Ankh-Zeichen auf seiner Brust wurde zu Asche. Die Flammen verbrannten seine Füße, schwärzten seine Haut. Die zuvor schwächer gewordenen Schreie meines anderen Ichs wurden nun zu einem wahnsinnigen Kreischen. Der Gestank von verbranntem Haar und Fleisch trieb zu mir herüber. Ich würgte.
    Wenn ich nur diese mitleiderregenden Schreie nicht hören müsste! Noch während ich das dachte, wurde die Stimme meines anderen Ichs leiser, heiser. Die Flammen fraßen den Sauerstoff und ließen ihm nichts als Rauch zum Atmen.
    Ich wurde Zeuge, wie ein Teil von mir starb, den ich hasste und den ich hatte loswerden wollen. Aber doch nicht so. Nicht auf so grausame Weise.
    Mein anderes Ich, das dort gefesselt war, war mehr als nur Menessos’ Zeichen gewesen. Es war auch
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