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Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie

Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie

Titel: Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie
Autoren: Eileen Wilks
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    1
    An einem glühend heißen Mittag Ende Juli bot der Balboa Park in San Diego viel Grün für sonnenmüde Augen. Die Wege im Palm Canyon waren mit die schönsten des Parks, auch wenn es jetzt, da die Sonne hoch am Himmel stand, nur ein paar wenige Schattenflecke zu Füßen der gebogenen Palmenstämme gab.
    Auf einem dieser Wege schlenderte einsam ein hochgewachsener Mann, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet.
    Sein Haar war dunkel, seine Haut leicht gebräunt. Die Augen waren hinter einer teuren Sonnenbrille verborgen. Von Weitem sah er aus wie ein Schatten, der seine lichteren Verwandten entlang des hellen Weges besuchte.
    Rule Turner fasste sich an die Sonnenbrille, obwohl sie tadellos saß. Er berührte sie einfach gern, denn es war ein Geschenk. Lily hatte ihn damit überrascht, als sie gestern zusammen mit seinem Sohn aus North Carolina zurückgekommen waren. Sie hatte sogar ein kleineres, aber sonst identisches Modell für Toby gefunden, das der Junge nun ständig trug. Wenn Rule die Brille anfasste, dachte er dabei an Toby und Lily und daran, warum er hier war.
    Zwei Männer bogen in den Weg ein und kamen auf Rule zu.
    Keiner von beiden trug eine Sonnenbrille. Der Ältere sah aus wie ein Schmied oder wie eine ungeschlachte Erdgottheit – bärtig und so stämmig, als könne er jeden Moment aus Hose und Hemd platzen. Sein Bart und sein Haar waren rotbraun und von grauen Strähnen durchzogen; seine Augen hatten die Farbe gerösteter Nüsse. Das gebräunte Gesicht war zerknittert, ein Zeichen, dass er oft und gerne lächelte.
    Jetzt lächelte er nicht.
    Der andere Mann sah jünger und gefährlicher aus – was auch in gewissem Sinn stimmte. Benedict war in der Lage, schneller und sicherer zu töten als jeder andere, den Rule kannte. Er war ebenso muskulös gebaut wie sein Begleiter, aber gute zwölf Zentimeter größer als dieser. In Benedicts hohen Wangenknochen und dem breiten Mund spiegelte sich das Erbe seiner Mutter, und sein schwarzes Haar war lang genug, dass er es in einem kurzen Zopf zurückbinden konnte.
    Um seine dunklen Augen spielten keine Lachfältchen. Er bewegte sich mit der Sparsamkeit eines Athleten oder eines Kampfsportlers, der er auch war, und trug Sportschuhe, Jeans und darüber ein locker fallendes Khakihemd.
    Das Hemd passte nicht zu seiner Figur oder seinem Teint, aber darauf würde Benedict nie Wert legen. Für ihn war Kleidung, wie die meisten anderen Dinge auch, ein rein taktisches Mittel. Das Hemd passte zur Umgebung und verbarg die Waffen, die er mit sich führte. Messer, sicherlich. Und wahrscheinlich eine Handfeuerwaffe.
    Keiner von beiden sah aus wie Rule. Sie ähnelten sich alle drei nicht sehr. Ein Fremder hätte niemals vermutet, dass es sich um einen Vater und seine beiden Söhne handelte.
    Der Ältere von ihnen blieb in ungefähr fünf Meter Entfernung stehen. Benedict blieb ein Stück hinter ihm zurück, um ihm den Rücken zu decken. Rule näherte sich ihm bis auf einen Meter und blieb dann ebenfalls in abwartender Haltung stehen.
    „Kniest du nicht nieder?“, fragte Rules Vater.
    „Ich möchte wissen, wer mich grüßt.“
    Das entlockte seinem Gegenüber ein Lächeln. Ein schwaches nur, aber es erreichte die nussbraunen Augen. „Dein Rho.“
    Sofort fiel Rule auf ein Knie und neigte den Kopf, um den Nacken darzubieten. Er spürte die Finger seines Vaters über seinen Nacken streichen, und in seinem Inneren antwortete der Teil der Macht, der zu seinem Geburtsclan gehörte – dem Clan der Nokolai.
    Die andere Macht – die er ganz besaß – blieb ruhig. Ein Leidolf antwortete keinem Nokolai.
    „Erhebe dich.“
    Rule gehorchte. Und wartete wieder. Isen Turner mochte in seiner anderen Gestalt ein Wolf sein, aber sein Sohn fand, er ähnele mehr einem Fuchs – schlau, gerissen und sehr wendig. Isen hätte selbst Machiavelli in seinen Winkelzügen übertroffen, deshalb versuchte Rule erst gar nicht, sie zu durchschauen.
    Doch heute fragte ihn Isen ohne Umschweife: „Warum hast du die Macht der Leidolf angenommen?“
    Rule hatte ihm bereits erzählt, wie es passiert war, wenn auch nur am Telefon. Einige Monate lang hatte Rule, durch eine Intrige des vormaligen Rho der Leidolf, die Macht des Thronfolgers der Leidolf in sich getragen. Dann war Lily von einem Widergänger besessen gewesen, der früher ein Leidolf gewesen war, und Rule hatte die ganze Clanmacht benötigt, um den Widergänger zu bezwingen und Lily zu retten. Als er sich die Macht dann nahm, hatte er
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