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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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paar Zentimeter entfernt auf den Boden. Ich schrie und schnappte nach Luft. Tränen stiegen mir in die Augen, mein Blick war verschwommen.
    »Du bringst sie um!«, rief Menessos laut, jedes Wort betonend.
    »Nein«, schrie Johnny zurück, »du bist es, der sie tötet!« Leiser sagte er zu mir: »Er benutzt dich, Red, und nur du kannst die Qual beenden.«
    Menessos stampfte drei Schritte näher, aber Johnny griff wieder nach dem Pflock und hielt ihn vor sich. »Komm schon!«, schrie er. »Komm her! Lass mal sehen, was passiert. Lass mal sehen, wer von uns beiden gewinnt.«
    Ich blinzelte die Tränen fort. Johnny saß auf seinen Knien, steif und zitternd, gab dem Vampir aber nicht nach.
    »Er benutzt dich, Red. Er benutzt sein Zeichen. Er leitet seinen Schmerz in dich um, damit er weiter handlungsfähig bleibt. Dieser Schlappschwanz schickt einer sterblichen Frau den doppelten Schmerz, damit er selbst nur einen kleinen Teil davon spüren muss.« Er schlug den Pflock wieder neben mir auf den Boden. »Du hast die Kraft, Red. Nutze sie. Nimm den Pflock in die Hand –«
    »Nein! Das wird sie umbringen!«
    »Nein, Red. Glaub ihm nicht. Die Berührung wird dich befreien. Sie wird dich von seinem Zeichen erlösen.«
    »Das ist eine Lüge! Der Hund lügt, Persephone! Er ist bereit, dich und die, die du liebst, zu opfern! Das hat er zugegeben. Und wenn du diesen Pflock jetzt berührst, dann wirst du sterben.«
    »Er will nur den Schmerz nicht spüren, Red. Er weiß, dass er ihn ebenso überwältigen wird wie jetzt dich. Er weiß, dass er ihn schwächen wird. Er weiß, dass ich ihn mit diesem Pflock töten werde.«
    »Hör nicht auf den Unsinn, Persephone. Du bist ihm völlig egal! Er hat bereits bewiesen, dass er ein unaufrichtiger Verschwörer ist, ein Verräter. Hör nicht auf ihn!«
    »Nimm ihn«, flüsterte Johnny. »Nimm ihn.«
    Ich bewegte meine Hand – nur ein bisschen. Es fühlte sich an, als würde ich meine bereits verbrannten Finger in kochendes Wasser tauchen. Ein Wimmern kam über meine Lippen. »Ttttuut weh. Kann nicht.«
    »Tu es, Red. Tu es einfach, und es wird alles gut werden.«
    Menessos schrie: »Nein! Dein Leben wird vorbei sein!«
    Ich drehte dem Vampir den Rücken zu und rollte mich auf die Seite, sodass ich näher bei dem Pflock lag. »Persephone, nein!«, heulte Menessos hinter mir. »Nein!«
    Ich sah in Johnnys Udjat-Augen.
    Dann konnte ich nur daran denken, dass ich um Erlösung gebeten hatte und die Göttin sie mir nun auf diese Art und Weise schickte. Ich sog so viel Luft in meine Lungen wie möglich und sammelte meine Kraft, meine ganze Entschlossenheit. Ich packte den Pflock, drückte ihn an meine Brust und schrie, nachdem ich meinen letzten Atemzug getan hatte.

31
    Durst.
    Ich stand vor meinem Eschenhain, schwitzend und erschöpft. Die Sonne schien unnatürlich hell und heiß auf mich herunter. Das einst saftig grüne Blätterwerk an diesem Ort meiner Meditation, an dem immer Frühling war, war von der Hitze verdorrt. Am Rande des Flusses fiel ich auf die Knie, legte meine gewölbten Hände zusammen und schöpfte Wasser in meinem Mund. Wenigstens das war noch kalt. Das Nass rann meinen Hals hinunter, über meine Haut. Ich war so dankbar für die kleine Erleichterung, die es mir verschaffte. Ich trank viele Minuten lang, bis ich genug hatte, dann spritzte ich mir eine Handvoll in mein Gesicht. In diesem Moment sah ich sie.
    Die Buckskin-Mustangstute stand auf der anderen Seite des Flusses, den Kopf gesenkt, und trank ebenso. Die sengende Sonne warf einen bläulichen Schimmer auf ihre schwarze Mähne, aber ihr graubraunes Fell schimmerte weich und glatt. Ich bewegte mich nicht und beobachtete sie, als wäre sie ein wildes Tier, das ich nicht erschrecken oder verjagen wollte.
    Sie stillte ihren Durst, wie auch ich es getan hatte. Ich genoss ihre Nähe, sehnte mich danach, sie zu berühren, wusste aber auch, dass das unmöglich war. Deshalb studierte ich jedes Detail an ihr und prägte mir ihr Bild ein, selbst ihre verschwommene Reflexion im Wasser. Es verblüffte mich, als ich bemerkte, dass das Spiegelbild nicht das eines Pferdes war, sondern das einer knienden Frau, die mit beiden Händen Wasser schöpfte, so wie ich.
    Ich erinnerte mich daran, dass Amenemhab mir gesagt hatte, die Stute sei die Göttin. Er hatte gesagt, sie würde sich mir in einer Farbe ähnlich der von angelaufenem Metall zeigen. Selbst wenn diese Farbe glanzlos war, dann hatte ich nichts dagegen einzuwenden – in meinen
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