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0774 - Vampirblut

0774 - Vampirblut

Titel: 0774 - Vampirblut
Autoren: Louis Lafayette
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Zuerst begann der Tote rasselnd zu atmen. Dann bewegte er die Hände. Fahrig glitten sie über das Laken, das die Gestalt bedeckte.
    Plötzlich richtete Spacey seinen Oberkörper auf. Das weiße Laken, mit dem er zugedeckt war, rutschte von ihm herunter. Finsternis umgab ihn. Aber er konnte sie mit den Augen durchdringen. Ja, er konnte sehen. Alles war ganz klar. Er konnte auch riechen. Es war der Geruch von Desinfektionsmitteln, der in der Luft hing.
    Ruhe herrschte in dem Gebäude. Absolute Ruhe. Die Ruhe des Todes.
    Jim Spacey bewegte den Kopf. Da war eine weiß gestrichene Tür. Das helle Rechteck zeichnete sich deutlich in der Dunkelheit ab. Sie war verschlossen.
    Der Untote erhob sich. Sekundenlang stand er starr, dann setzte er sich in Bewegung. Er verspürte quälenden Durst. Es war kein Durst, wie ihn Menschen und Tiere verspürten, die trinken mussten, um zu überleben. Es war eine besondere Art von Durst. Es war der Durst nach Blut…
    Jim Spaceys Geist befand sich in der Schatten weit des Todes. Seiner menschlichen Existenz erinnerte er sich nicht mehr. Er wurde gesteuert wie eine Marionette.
    Seine kalte Hand legte sich auf den Drehknauf der Tür. Die Tür schwang auf. Der Untote trat auf den Flur. Der Boden war weiß gekachelt. Die nackten Füße klatschten leise. Die Kälte, die aus den Fliesen in seine Beine kroch, spürte die Kreatur nicht. An der Wand stand eine Bank. Türen zweigten ab.
    Jim Spacey fletschte die Zähne.
    Der Untote setzte wie mechanisch einen Fuß vor den anderen. Es war eine höhere Macht, die ihn leitete. Sie hatte ihn sich unterworfen. Aber das wusste er nicht. Er brauchte Nahrung. Blut! Fleisch! Es war für ihn überlebensnotwendig, wie für Menschen und Tiere das Wasser und das Brot.
    Jim Spacey öffnete am Ende des Flurs die weiß gestrichene Doppeltür.
    Da war eine Halle. Hinter der Rezeption saß ein Mann um die fünfzig. Er trug eine blaue Uniform. Die Schildmütze hatte er abgenommen. Es war der Nachtwächter. Er blätterte in einer Zeitschrift.
    Als er ein Geräusch hörte, hob er den Kopf. Seine Augen weiteten sich im ungläubigen Staunen. Seine Lippen sprangen auseinander, aber der Laut, der sich in seiner Brust hochkämpfte, erstickte in der Kehle. Was er sah, konnte er nicht glauben. Da stand der Tote, der am Nachmittag hier eingeliefert worden war. Bleich, eine schreckliche Wunde am Hals, die Zähne gefletscht wie ein Raubtier, in den Augen ein gieriges, unheilvolles Glimmen.
    Wie von Schnüren gezogen erhob sich der Security-Mann.
    Im Spaß hatte der Mann, den er am Abend abgelöst hatte, gesagt: »Am Nachmittag haben sie einen eingeliefert, den hat wahrscheinlich ein Vampir oder Werwolf umgebracht. Pass nur auf, Matt, dass er nicht über dich herfällt.«
    Aus dem Spaß war plötzlich bitterer Ernst geworden.
    Matt Donegan stand starr wie ein Pfahl. Er hatte keine Chance. Obwohl der Untote schwach war, obwohl er Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, packte er den Nachtwächter.
    Matt Donegan war wie gelähmt. Er war nicht in der Lage, zu reagieren.
    Er stöhnte, als ihm der Vampir die Zähne in den Hals schlug…
    ***
    Es begann in London, im Jahre 1504.
    Um den kleinen See am Rand der Stadt hatten sich viele Menschen versammelt. Sie warteten voll Sensationslust und voll Ungeduld. Vertreter des Inquisitionsgerichts in roten Mänteln und mit weißen Perücken waren anwesend. Sie saßen hinter einem schmalen Tisch, auf dem eine dicke Bibel lag. In ihren Gesichtern zuckte kein Muskel.
    Der Schandkarren holperte näher. Zwei Pferde zogen ihn, Kaltblüter, die die Hufe schwer aufsetzten.
    Der Henker wartete auf Amanda O’Nelly. Sie war zum Tod durch Ertränken verurteilt worden. Man hatte sie der Hexerei und der Buhlerei mit dem Satan für schuldig befunden.
    Das Mädchen war gefesselt. Bekleidet war es mit einem knöchellangen weißen Hemd. Die schwarzen Haare waren offen und fielen Amanda in weichen Wellen über die Schultern und auf den Rücken.
    Ein Knecht führte die Pferde. Der Wagen rumpelte und holperte. Flüstern und Raunen ging durch die Menge der Schaulustigen. Dann wurden Schimpfworte laut. Sie galten der Delinquentin. Fäule Äpfel und Birnen flogen durch die Luft und trafen Amanda. Schnell war das weiße Hemd beschmutzt.
    Die dunklen Augen des Mädchen glitten ausdruckslos über die Meute hinweg.
    »Satansbuhlin!«, brüllte jemand.
    Amanda hörte das Gebet, das der Priester sprach, der dem Schandkarren folgte. Sie hörte das Geschrei, das der
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