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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt
Autoren: Åsa Nilsonne
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PROLOG

Islamabad, Pakistan, 2004
    »Ärzte sind sehr gut darin, anderen Menschen das Leben zu retten. Wenn sie sich selbst retten sollen, taugen sie nichts.«
    So hatte sein neuer Arbeitgeber die Lage zusammenge fasst.
    Und seltsamerweise sollte sich diese Behauptung be wahrheiten.
    Der junge Sicherheitsposten am Haupteingang des Kran kenhauses hätte eine Hand ausstrecken und ihn anhalten können, so dicht war der Mann an ihm vorbeigegangen, aber der hatte nicht einmal aufgeschaut.
    Die teuren Maschinen, die Leben retten sollten, blinkten nicht, als er vorbeischritt.
    Er verlor sich unsichtbar im Strom von Patienten und Personal.
    Es stimmt nicht, dachte er plötzlich, dass Krankheit und Armut überall gleich riechen. Er war zum ersten Mal in Pa kistan, und die Körper, die sich gegen ihn pressten, hat ten einen fremden Geruch. Er mochte diesen Geruch nicht, konnte auf solche Kleinigkeiten jetzt aber keine Rücksicht nehmen. Er wusste genau, wohin er musste. Zwei Treppen hoch, dann nach links. Er ging langsam, ließ sich mit dem Strom zur Röntgenabteilung treiben.
    Er musste zur dritten Tür rechts, es war vierzehn Minuten nach drei. Vierzehn Minuten von Professor Deepak Cha nandrapuris Telefonsprechstunde waren bereits vergangen. Vierzehn Minuten, die der Professor mit Sicherheit in sei nem Zimmer verbrachte und wo er nun mit sehr großer Wahrscheinlichkeit allein war. Vor dem Zimmer leuchtete ein rotes Lämpchen.
    Er schaute noch einmal auf die Uhr. Um Punkt Viertel nach drei drückte er auf die Klinke und ging hinein.
    Es war wirklich viel zu einfach.
    Professor Chanandrapuri saß mit dem Telefonhörer in der Hand an seinem Schreibtisch. Der Besucher hatte sich gut vorbereitet. Er hätte eine detaillierte Skizze des Zim mers anfertigen können. Er registrierte, dass alles so aus sah wie einige Tage zuvor, als das Zimmer für ihn auf Video aufgenommen worden war.
    Der Professor schaute auf, runzelte die Stirn und sagte ins Telefon:
    »Ja, er ist gerade zur Tür hereingekommen. Das ist doch überflüssig, warum sind die Bilder nicht wie sonst geschickt worden?«
    Der Mörder mit den blauen Augen ging auf den Profes sor zu, grüßte und war überrascht, dass der Professor mit seinem braunen Teint leuchtend blaue Augen hatte, ebenso blau wie seine eigenen Augen hinter den braunen Kontakt linsen. Er überreichte einen steifen Umschlag und staunte, weil der Professor noch immer keine Angst zeigte. Noch so ein arroganter Arsch.
    Das würde er bald bereuen.
    Der Professor sagte gerade: »Wenn das wirklich nötig ist, kann ich sie mir sofort an sehen. Warten Sie einen Moment.«
    Er legte den Hörer hin, zog aus dem soeben erhaltenen Umschlag einige Röntgenbilder, stand auf und klemmte sie an einen Leuchtschrank, der sie von hinten beleuchte te. Es waren gespenstische grauweiße Bilder von menschli chen Körperteilen.
    Der Professor kehrte dem Besucher den Rücken, wie ei nem Bekannten. Als wisse er, dass er nichts zu befürchten habe. Er schien auf einem Bild ein interessantes Detail zu entdecken und beugte sich vor.
    Währenddessen streifte der blauäugige Mörder rasch dünne Latexhandschuhe über.
    Selbst schuld, dachte er, als er zu der grapefruitgroßen, geschliffenen Kristallkugel auf dem Schreibtisch des Pro fessors griff - ein Preis der Internationalen Radiologischen Vereinigung. Er bewegte sich rasch, zielgerichtet, und der Professor konnte seine Bewegung nur noch kurz registrie ren, ehe die schwere Kugel seinen Hinterkopf traf und er lautlos zusammenbrach.
    Der Mörder mit den blauen Augen stellte die schwere Glaskugel vorsichtig zurück und zog dann eine noch ver packte Wäscheleine aus seiner Hosentasche. Mit zwei ra schen Knoten knüpfte er zwei Schlaufen, eine kleine und eine große. Dann zog er die glatte weiße Leine durch die große Schlaufe und erhielt so eine Schlinge, die er dem Pro fessor um den Hals legte. Er schob die rechte Hand durch die kleine Schlaufe, packte die Leine und zog daran. Die Leine glitt fast reibungslos an Ort und Stelle. Sie schnitt tief in die nach Rasierwasser duftende weiche Haut des Pro fessors ein, sie zerquetschte die Ader, die lebenswichtigen Sauerstoff zum Gehirn transportiert, und langsam nahte der Tod des Professors.
    Der Mörder wickelte die Leine noch einmal um den Hals des Professors und machte einen Knoten.
    Er würde jetzt sieben Minuten warten müssen, um sich seiner Sache ganz sicher sein zu können.
    Während er wartete, zog er ein kleines Bündel von Zehn
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