Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
hat? Es wäre nicht das erste Mal, dass …«
    »Ich kenne meinen Mann.« Sie schaute Walde eindringlich an. »Glauben Sie mir, ich kenne ihn wirklich. Ich habe zuerst seine Freundin anrufen lassen.«
    Walde nippte an seinem Kaffee. Diese Frau hielt sich nicht mit Floskeln auf.
    »Natürlich auch auf dem Reiterhof und in allen Krankenhäusern«, fuhr sie fort. »Er hat in den letzten Tagen viele wichtige Termine versäumt. Auch beim Neubau wird er dringend gebraucht. Das passt alles ganz und gar nicht zu ihm.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an. »Er kümmert sich persönlich um alles. Das lässt er nicht von einem auf den anderen Tag im Stich.«
    »Ich denke, eine Vermisstenanzeige in der Zeitung könnte uns weiterhelfen«, schlug Walde vor.
    »Damit möchte ich noch ein wenig warten.« Sie nahm einen tiefen Zug an ihrer Zigarette. »Das Aufsehen könnte seinen öffentlichen Ambitionen schaden, für den Fall, dass er wieder …« Sie sprach nicht weiter.
    Für einen Moment rechnete Walde damit, dass sie in Tränen ausbrechen würde.
    Das Telefon klingelte unbeachtet. Nach dem vierten Läuten verstummte es.
    »Wir haben keinen konkreten Ansatz, ich muss gestehen, dass wir wenig tun können.«
    »Er war … ist nicht krank, und es gibt auch keine finanziellen Probleme. Ich habe etwas zusammengestellt, das Ihnen weiterhelfen könnte.« Frau Räumer ging zum Schreibtisch und kam mit einem Blatt in der Hand zurück, das sie Walde reichte.
    »Hier stehen Namen, Anschriften, Telefonnummern von Personen, mit denen mein Mann in letzter Zeit zu tun hatte, auch die Namen der Leute mit denen er den vergangenen Freitagabend verbrachte.«
    Walde überflog die Liste. Der Chef der IHK war ebenso dort zu finden wie der Wirtschaftsdezernent der Stadt, Bosse von Industriebetrieben und Kaufhäusern und die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen.
    »Ich habe mit dem Gedanken gespielt, eine Detektei einzuschalten, aber ich habe von Ihren Erfolgen gehört und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie …« Ihr Stuhl war um einiges höher als der Ledersessel, in dem Walde saß, dennoch schaute sie zu ihm auf.
    Er faltete das Blatt zusammen und steckte es in die Innentasche seiner Jacke: »Meine Abteilung wird sich darum kümmern. Sobald ich eine Spur habe, werde ich mich bei Ihnen melden.«
    *
    In einer Buchhandlung in der Fleischstraße entschied sich Walde für einen Krimi. Die Buchhändlerin, die ihn beraten hatte, packte das Buch in Geschenkpapier.
    Anschließend kaufte er noch Lebensmittel ein. Als er wieder zum Hauptmarkt kam, hing auf jeder Seite der Lenkstange eine Tüte. Der Menschenstrom war inzwischen noch dichter geworden.
    »Iiiaah, Iiiaah.«
    Walde schaute sich um.
    Uli stand vor seinem Café und grinste ihn an: »Ich wusste doch, dass ihr beide reagieren würdet, der kleine Drahtesel und der große drahtige Esel.«
    »Brrr.« Walde blieb stehen und streichelte den hoch aus dem Rahmen ragenden Sattel des Rades.
    »Du bist doch nicht im Dienst? Oder sind das Beweisstücke, die du da mit dir führst?«, fragte Uli. »Komm rein, wir trinken was!«
    »Nur kurz, ein paar von den Sachen hier müssen bald in den Kühlschrank.« Walde schloss sein Rad an ein Geländer, das eine Treppe zu einer unterirdischen öffentlichen Toilette sicherte. Dann folgte er Uli tütenbepackt durch das Bistro an der Theke vorbei, wo Elfie, Ulis Freundin und Mitinhaberin der Gerüchteküche , werkelte. Er grüßte sie und ging mit Uli in das kleine Redaktionsbüro des Käsblatts. Seit dem Ausscheiden aus der örtlichen Tageszeitung gab Uli ein unregelmäßig erscheinendes Stadtmagazin als Verleger, Redakteur und Anzeigenvertreter in Personalunion heraus. Der Redaktionsraum, in dem gerade zwei Rechner Platz fanden, lag mitten in der Gerüchteküche. Eine Glaswand erlaubte den Gästen, Uli beim ’Zeitungsmachen’ zuzusehen.
    »Was treibt dich um?«, nahm Uli das Gespräch wieder auf.
    »Stiermann höchstpersönlich, ich muss mich jetzt auch schon um Vermisstenanzeigen kümmern.«
    Uli räumte Papiere zur Seite und stellte zwei kleine Weingläser auf den Tisch: »Aber der Räumer ist ja auch nicht irgendwer.« Er schenkte Weißwein ein.
    »Woher weißt du …?« Walde war überrascht.
    »Das ist seit Tagen Gesprächsthema Nummer eins an unserer Theke.«
    »Und?«, fragte Walde.
    »Was, und?«
    »Was sagt man zu Räumers Verschwinden?«
    »Außer nicht ernst gemeinten Vermutungen, dass er sich mit einer jungen Angestellten auf eine Südseeinsel davongemacht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher