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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel
Autoren: Mischa Martini
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vor dem Wagen wieder ein.
    »Wenn der jetzt …«, Gabi fixierte den Rückspiegel, »… schieß ich nach hinten.«
    Gegen die tief über den Palliener Felsen stehende Sonne klappte sie die Sonnenblenden herunter.
    »Da«, schrie sie. Walde zuckte zusammen. »Dieser Rowdy gibt mir Lichthupe. Nimm meine Knarre aus dem Handschuhfach! Baller ihm eine! Aber guck, dass du meine Kopfstützen nicht triffst.«
     
    Gabi parkte vorwärts in die enge Lücke ein. Mit einem Ruck kam der Wagen zum Stehen. Gleich riss sie die Tür auf, stieg aus und angelte sich ihre Handtasche vom Rücksitz.
    »Wo bleibst du denn?« Hinter dem Wagen stehend, hielt sie ungeduldig den Schlüssel in der Hand.
    »Wenn du mir sagst, wie ich hier rauskommen soll.«
    Zwischen Waldes Tür und dem daneben parkenden Wagen passte kaum eine Zeitung.
    »Zick nicht rum und steig auf der Fahrerseite aus!«
    Walde blieb nichts anderes übrig, als sich an der Tür hochzuziehen; sich oben an der Windschutzscheibe festhaltend, hangelte er sich über den Schaltknüppel auf die Fahrerseite und von dort ins Freie.
    »Na, endlich«, kommentierte Gabi, als Walde um den Wagen herum kam.
    »Und wie soll der in sein Auto kommen?« Walde deutete auf die zugeparkte Fahrertür des Nachbarwagens.
    »Seine Sache, der steht viel zu weit links«, sie hielt inne. »Notier dir vorsichtshalber die Nummer. Falls nachher ein Kratzer in der Tür ist, knall ich den Kerl über den Haufen!«
    »Ist deine Pistole noch im Handschuhfach?«
    »Keine Bange, das Schätzchen steckt hier drin.« Sie klemmte die Handtasche mit dem linken Ellenbogen fest und hakte sich mit der rechten Hand bei Walde unter.
    Sie gingen über einen schmalen Teerweg Richtung Moselufer. Auf dem Hochwasserschutzdamm kam ihnen ein Radfahrer entgegen, der mit einer Hand ein langes Brett wie eine Lanze auf dem Lenkrad balancierte.
    »Buenos Días, Caballero!«, grüßte Gabi den auf seinem rostigen Drahtesel vorbeistrampelnden Abklatsch des Ritters von der traurigen Gestalt. Ihr genügte ein kurzer Blick, um eine Person von Kopf bis Fuß zu taxieren.
    »Ob der noch seine Rosinante findet?«, fragte sie zu Walde gewandt.
    »Rosinante hieß sein Gaul, du meinst wahrscheinlich Dulcinea.«
    »Ist doch egal, Klugscheißer, wir beide wissen, was gemeint ist.«
    Das Schiff der Wasserschutzpolizei war noch zu weit stromaufwärts, als dass sie es hätten sehen können.
    Sie erreichten die Terrassen, die um diese Zeit nicht mehr bewirtschaftet wurden. Gegenüber reihte sich Kneipe an Kneipe in den ehemaligen Fischerhäusern der kleinen Gasse.
    »Wenn in Zurlauben richtige Schiffe anlegen würden, hätten wir hier den Kiez«, bemerkte Gabi.
    *
    Stadler ließ die Maschine an. Der Kollege verließ das Führerhaus. Grabbe beobachtete, wie er eines der Taue löste, mit dem das Schiff an den Poldern des Stegs festgemacht war.
    Wie konnte er halbwegs schadlos aus dieser Geschichte herauskommen? Grabbe spürte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Die Motoren heulten. Das Schiff legte ab.
    Grabbe suchte an der Rückwand der Kabine Halt. Das Schiff bewegte sich schräg in den Fluss hinein. Sein Blick blieb an einem Rettungsring hängen, der neben dem Armaturenbrett festgezurrt war.
    Warum fiel ihm gerade jetzt die Szene aus Titanic ein, in der die Leute in ihren Rettungsringen und Schwimmwesten tot auf dem Wasser trieben?
    Dieses Wasser da draußen war ganz und gar nicht ruhig. Hier würde er noch nicht einmal einen friedlichen Tod finden. Hier würde er jämmerlich in den Fluten ersaufen. Die beiden Wasserschutzpolizisten hatten den Verstand verloren, sich mit diesem Boot, das in diesen tosenden Fluten wie eine Nussschale wirkte, auf den Fluss zu wagen. Er hielt in seiner Verzweiflung inne. Am liebsten hätte er sich an die Stirn geschlagen. Warum war er nicht gleich darauf gekommen?
    »Hätten wir nicht«, Grabbe räusperte sich, seine Stimme war belegt. »Hätten wir nicht durch die Pferdemosel zur Insel gelangen können?«
    Pferdemosel hieß der schmale, nicht schiffbare Arm der Mosel, der die Insel unter der Kaiser-Wilhelm-Brücke vom Stadtteil Zurlauben trennte.
    »Klar«, nickte Stadler. Das Boot raste schneller als die Strömung auf die Römerbrücke zu.
    Grabbe hatte nicht mehr die Kraft, weitere Fragen zu stellen. Er war verloren. Nicht mehr lange und es war vorbei. Grabbe schloss die Augen …
    »Ist Ihnen nicht gut?« Der zweite Wasserschupo tippte Grabbe an den Arm. Sie sausten unter der Brücke durch.
    »Nein,
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