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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana
Autoren: M Cruz Smith
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sind anders. In Moskau waren Sie ein Mann mit Autorität. Jetzt sind Sie fern von zu Hause.«
    Wieder war es gut, das auf Band zu haben, aber es reichte nicht.
    »Ich habe keine Lust, mir diesen Scheiß weiter anzuhören. Worauf warten wir noch?«, fragte Alexi.
    »Wir möchten mehr hören«, sagte einer der Chinesen.
    Zweifel hatten sich breitgemacht. In den Augen der Besucher von der Werft Rote Dämmerung sah Arkadi förmlich, wie die Kugeln eines Abakus hin und her schossen, um die Risiken zu kalkulieren. Isaak Schagelmann blickte zu seiner Frau Valentina und wartete auf ihre Entscheidung, als ginge es darum, einen Hund einzuschläfern. Sie schaute zur Schiffsleiter und japste erschrocken.
    Tatjana tauchte wie aus dem Nichts auf, schimmernd vom Wasser, das von ihr herabtropfte. Sie kletterte an Deck, hätte aber genauso gut wie eine Walküre landen können. Sie war mit der zweiten Jolle gekommen und musste den halben Weg geschwommen sein, um die Ruder einzusammeln. Arkadi fand, er hätte es voraussehen sollen. Sie hatte ihn gewarnt, dass sie nicht die Frau sei, die sich den Spaß entgehen ließe.
    »So einfach ist das nicht«, sagte sie.
    Ape wandte sich an Alexi. »Du hast uns glauben lassen, Tatjana Petrowna sei tot.«
    »Stattdessen hat Alexi meine Schwester umgebracht«, erklärte Tatjana.
    »Und Ihre Söhne haben Maxims Zil gekillt«, fügte Arkadi hinzu. »Maxim und ich saßen zufällig drin. Sie spielen gerne Scarface . Haben sie das auf Ihren Befehl getan, oder nehmen sie Befehle von jemand anderem an?«
    Ape schüttelte den Kopf. »Ein Oldtimer. Das würde ich nie tun.«
    »Spielt keine Rolle, wer es befohlen hat«, warf Alexi ein. »Unser Plan ist immer noch gut.«
    »Sie gehörten nicht mal zu dem Plan, als Ihr Vater noch lebte«, hielt Arkadi ihm vor.
    »Ich beobachte Sie seit Jahren«, sagte Tatjana an Ape gewandt. »Ich habe verfolgt, wie Sie den Staat korrumpiert haben.«
    »Und ich habe Ihre Artikel gelesen«, antwortete Ape. »Die sind sehr gut, betreffen aber alle die Vergangenheit.«
    »Nicht Kurischer Bernstein. Nicht der Bau eines Atom-U-Boots, das zur Todesfalle wird. Wir drucken es, und wenn Sie versuchen, uns daran zu hindern, sehen wir uns vor Gericht wieder.«
    »Na und?«, rief Alexi. »Dann kaufen wir das Gericht. Wir kaufen den Kreml, wenn’s sein muss.«
    »Vergessen Sie da nicht etwas?«, fragte Arkadi. »Wer hat Grischa ermordet?«
    Das Deck ist wie ein Schachbrett, dachte Arkadi, nur dass sich alle Figuren gleichzeitig bewegen. Die Partner vom Ministerium stellten ihre Gläser ab und erhoben sich auf Zehenspitzen. Die Chinesen spielten nicht mehr die Unsichtbaren. Sie waren gegangen.
    Ape wandte sich an Maxim. »Mir gefiel Ihr Gedicht.«
    »Wie bitte?«
    »Das Gedicht. Ist Jahre her. ›N steht für Narr‹.«
    »Stimmt.« Maxim musste lachen.
    »Ich erinnere mich nicht an alles. So was wie ›N steht für Narr, für den Mann, der früh nach Hause kommt und sich ersetzt findet. Ein anderer Mann liegt in seinem Bett, wie ein Klappmesser um seine Frau geklappt.‹ Kommt das hin?«
    »In etwa.«
    »Dieses Bild des Klappmessers ging mir nicht aus dem Kopf. Würden Sie sagen, das Gedicht handelt von Betrug?«
    »Ich wurde inspiriert.«
    »Kann ich mir vorstellen. Wir werden alle von Zeit zu Zeit betrogen, und wir vergessen es nie.« An Arkadi gewandt, fragte er: » Scarface , was?«
    »Leider ja.«
    Der alte Mann fuhr fort: »Erinnern Sie sich an unser Gespräch über Grischa, Renko? Wir konnten nicht begreifen, wieso er seinen Mörder so nahe an sich herangelassen hat. Dafür gibt es ein Wort. Ein gewaltiges.«
    »Vatermord.«
    Ape flüsterte und deutete mit dem Kopf auf seine Söhne. »Lässt man einen Jungen damit durchkommen, ist das Ermutigung für die anderen.«
    Tatjana blieb bei ihrem eigenen Thema. Sie richtete eine Pistole auf Alexi und fragte: »Erinnern Sie sich an meine Schwester?«
    Das war ihr Moment, aber der Abzug einer billig hergestellten Pistole kann sehr steif und schwer zu handhaben sein. Daher schoss Alexi als Erster. Maxim, der abwesend gewirkt hatte, trat dazwischen und wurde an der Schulter getroffen. Ape schoss. Alexis Kopf dröhnte wie eine zersprungene Glocke. Er fiel mit dem Gesicht zu Boden. Ape stellte sich über ihn und schoss ihm noch zweimal in den Hinterkopf.
    »Ihr verrückten Russen«, kreischte Abdul. Der Wolf des Kaukasus rannte zur Gangway, und die Schagelmanns eilten hinter ihm her.
    Ape richtete die Waffe auf Arkadi. »Warum sollte ich Sie
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