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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana
Autoren: M Cruz Smith
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mich zu erschießen und ins Wasser zu werfen.«
    An manchen Stellen lag Öl auf dem Wasser wie marmoriertes Papier. Arkadi schmeckte es auf den Lippen.
    »Sie haben darauf bestanden mitzukommen«, sagte Arkadi.
    »Ich wurde manipuliert. Tatjana hat uns beide manipuliert. So was machen Märtyrer.«
    »Warum sollte sie?«
    »Märtyrer teilen den Ruhm nicht gerne.«
    »Selbst wenn sie sterben?«
    »Für sie ist es eine Win-win-Situation.«
    »Ich habe keine Waffe.«
    »Zum Glück habe ich eine dabei. Schauen Sie mich an.«
    Als Arkadi sich umdrehte, sah er, dass Maxim eine zu klein geratene Pistole gezogen hatte, vermutlich spanisch oder brasilianisch, so gewöhnlich wie Kleingeld. Er brauchte Arkadi nur zu erschießen, ihm sämtliche Papiere abzunehmen und ihn ins Wasser zu stoßen. Gut, Maxim hätte ein paar Ziegelsteine mitbringen sollen, um ihn zu beschweren, aber ein Mann konnte ja nicht an alles denken.
    »Haben Sie Wodka mitgebracht?«, fragte Arkadi.
    »Ist mir ausgegangen.«
    »Zu dumm. Für solche Taten ist Wodka normalerweise unentbehrlich.«
    Maxim sah bedrückt aus, jedoch entschlossen. »Ich habe vor Jahren ein Gedicht für Tatjana geschrieben«, sagte er. »Mein bestes Gedicht, behaupten die Leute. Ich war ein Professor und sie die Studentin. Der Altersunterschied war nicht so groß, aber jeder beschrieb mich als den Verführer und sie als die Unschuldige. In letzter Zeit beschleicht mich eher das Gefühl, dass es andersrum war.«
    »Wie lautet das Gedicht?«, fragte Arkadi.
    »Welches Gedicht?«
    »Das Gedicht über Tatjana.«
    »Sie verdienen es nicht, es zu hören.«
    »Vergleiche ich dich mit einem Sommertag?«
    »Ich warne Sie.«
    »Das ist jetzt das dritte Mal, dass Sie versucht haben, mich zu töten. Eine Warnung erscheint mir überflüssig.«
    »Ich könnte Ihren Kopf schütteln, bis ich eine Kugel rasseln höre.«
    »Erzählen Sie mir von Ihrem Gedicht.«
    »Sie wollen nur Zeit schinden.«
    »Ich habe die ganze Nacht Zeit. Stört es Sie?« Arkadi zog eine Zigarette heraus und zündete sie an. »Sie? Nein? Tja, man hat nur eine begrenzte Anzahl von Händen. Haben Sie Ihr Gedicht vergessen? Rezitieren Sie irgendwas. Du bist mein Lied, mein trunkner Traum von Winterwindes Rauschen und schlingernden Schlitten, die mit glitzerndem Glanz durch blaue Schatten glitten .«
    »Das ist nicht von mir.«
    »Ich weiß, aber es ist wunderschön, nicht wahr?«
    »Stehen Sie auf.«
    »Sie sind kein Mörder.«
    »Ich kann Sie trotzdem töten.«
    Arkadi stand auf. Er schnippte die Zigarette ins Wasser und machte sich darauf gefasst zu tauchen, als er ein Summen in seiner Jackentasche hörte. Während Maxim noch zögerte, zog Arkadi das Handy heraus und stellte es auf laut.
    Schenja klang triumphierend. »Du suchst nach dem falschen Schiff. Es gibt noch eine Natalja Gontscharowa .«

32
    G rischas Natalja Gontscharowa war eine Jacht, die auf den Cayman-Inseln registriert war. Die Natalja Gontscharowa , die sie finden mussten, war ein Öltanker aus Kaliningrad.
    Im Hafen wurde Getreide und Kohle umgeschlagen, doch der Schwerpunkt lag auf Öl, ein dickflüssiger Schlamm für den inländischen Verbrauch und Diesel für den Export. Jedes Schiff war riesig im Vergleich zu der Jolle, jedes Geräusch erzeugte ein Echo, jedes Tau, das schlaff in der Strömung hing, hatte Grund zu knarren.
    Im Schein der Taschenlampe las Arkadi den Namen jedes Schiffs, an dem sie vorbeikamen. Manche waren fast schrottreif, andere bereit zum Ablegen. Er begriff, dass es für Maxim nur eine Pause war, und falls sie das Treffen von Ape Beledon und seinen Partnern nicht fanden, würde Maxim da weitermachen, wo er aufgehört hatte.
    Schließlich war auf einem Schiff vor ihnen Licht zu sehen, und die Natalja Gontscharowa tauchte aus dem Nebel auf. Ihr Namensgeber musste einen Sinn für Humor besessen haben. Im Gegensatz zu Grischas eleganter Jacht war diese Natalja ein Trampschiff, ein gedrungener Küstentanker, behängt mit Fendern aus alten Reifen. Eine Stimmung gegenseitiger Gratulation hing in der Luft. Obwohl Arkadi nicht hören konnte, was gesprochen wurde, war Alexis Lachen unmissverständlich. Arkadi blickte zu Maxim zurück, der ihm eine rostige Leiter hinauf und über die Reling folgte.
    Das Deck des Tankers war ein verschachteltes Labyrinth aus Rohrleitungen, Anschlüssen für Löschschläuche und kleinen Kränen zum Hochhieven der Schläuche. Dicht vor dem Deckshaus stand ein Tisch und darauf Eiskübel mit Champagner.
    Arkadi erkannte
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