Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana
Autoren: M Cruz Smith
Vom Netzwerk:
müssen. Seine einzige Waffe war Tatjanas Pistole. Alles, was Piggy mitbrachte, würde von größerem Kaliber sein. Gut, dass Piggy gerne redete, denn das würde ihn näher heranbringen. Und der Mann sehnte sich nach Anerkennung, etwas für seine eigene Lebensliste.
    Als Arkadi fertig war, zog er den Regenumhang an, blies die Lampe aus, schlüpfte aus der Hintertür, ging außen herum zu einem Büschel Seegras und wartete. Im Sommer würde Musik von Hütte zu Hütte schallen. Menschen würden über Sternschnuppen jubeln. Jetzt war die Welt so schwarz wie ein Tunnel, und das einzige Geräusch kam vom trägen Schwappen der Wellen.
    Aus der Ferne sah er ein Funkeln, das zu einem hüpfenden Ball wurde und als leuchtendes Schwein über den Strand tanzte. Mit ausgeschalteten Scheinwerfern rollte der Kastenwagen direkt vor die Hütte. Piggy stieg aus und öffnete die hintere Tür des Wagens. Nacheinander warf er Wowa und seine Schwestern hinaus, wie frisch gefangenen Fisch. Sie waren an Händen und Füßen gefesselt und weinten hysterisch, bettelten darum, gerettet zu werden.
    Piggy hatte etwas von einem Schmierenkomödianten. Sein Haar war lang und mit einem Bowler bedeckt, sein Fuchteln mit der Waffe war übertrieben, als er über Wowa gebeugt stand und in den Sand schoss. Das Geräusch vermischte sich mit der Brandung.
    Er brüllte: »Habe ich damit Ihre Aufmerksamkeit geweckt?«
    Die Kinder waren stumm vor Schreck. Arkadi umschloss die spanische Pistole unter seinem Umhang.
    »Nicht so schüchtern«, rief Piggy. »Kommen Sie raus, oder ich jage dem Jungen tatsächlich eine Kugel ins Hirn. Das ist schon besser«, sagte er, als Arkadi aufstand.
    »Lassen Sie die Kinder gehen. Sie wollen mich, nicht sie.«
    »Was für ein Egoismus. Woher wissen Sie, was ich will?«
    »Ich weiß es nicht. Was wollen Sie?«
    »Horror.«
    Darauf wusste Arkadi keine Antwort, aber das war auch egal. Von hier an ging es um Logistik. Er stand etwa zwanzig Schritte von Piggy entfernt und hoffte, den Abstand auf fünf verringern zu können.
    »Was war mit dem Radfahrer? Stand der auf Ihrer Liste?«
    »Ich würde sagen, er stand auf Alexis Liste.«
    »Woher wussten Sie, wie Sie ihn erwischen können?«
    »Ich beobachte Menschen in den Hotels. Metzger gehen dort ein und aus. Niemand sieht uns.«
    »Sehr clever. Ihr Name ist nicht Boris, nicht wahr? Und Sie waren auch nicht in Mexiko, oder?« Arkadi begann sich ihm zu nähern. »Ich würde sogar behaupten, Sie sind kein Vogelbeobachter.«
    »Das sind Idioten. Um fünf Uhr morgens aufstehen, nur um einen verdammten Wasserläufer zu sehen?«
    »Menschen machen verrückte Dinge.«
    »Tja, und Sie sind der Verrückteste.«
    »Wussten Sie, dass ich eine Kugel im Kopf habe? Wissen Sie, was einem so was antut? Können Sie es sich vorstellen? Wie ein zweiter Zeiger auf einer Uhr, der nur darauf wartet, ein letztes Mal zu ticken. Ein Ticken, und alles wird schwarz. Auf diese Weise führe ich mein Leben. Von Augenblick zu Augenblick.«
    Arkadi ging weiter auf ihn zu. Es war nervenaufreibend; ein Mann, der kurz vor dem Sterben stand, sollte sich zurückziehen, nicht näher kommen.
    »Am seltsamsten ist, dass mir diese Kugel im Kopf das Gefühl gibt, unverwundbar zu sein«, sagte Arkadi.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind.« Piggy hob seine Waffe.
    Arkadi machte noch zwei schnelle Schritte, zwang Piggy sogar zurückzuweichen.
    »Versuchen Sie es.«
    Piggy schoss. Der Schuss warf Arkadi zu Boden. Es fühlte sich an, als hätte ihn eine Eisenspitze getroffen, aber er stand auf, und Piggy gab einen zweiten Schuss ab, der Arkadi erneut umwarf. Zum zweiten Mal kam Arkadi wieder auf die Füße. Zögern zeigte sich in Piggys Augen, und in dem Moment zog Arkadi den Umhang zur Seite, legte einen Schutzpanzer aus Stahlkabeln bloß, die in doppelten Lagen um seine Brust gewickelt waren. An zwei Stellen waren die Kabel zerfetzt. In der freien Hand hielt er die spanische Pistole, und im Abstand von vier Schritten konnte er Piggy nicht verfehlen.

34
    M eerwasser und Sand sind die schlimmsten Feinde eines Fahrrads. Arkadi und Schenja hatten das Pantera auseinandergenommen und die Teile wie ein Puzzle auf einer Plastikplane in Arkadis Wohnzimmer ausgebreitet. Der Stahlrahmen und die Alukettenräder waren nicht beschädigt, aber die Kette hatte darunter gelitten, herumgeworfen und im Sand begraben zu sein.
    Man konnte nur schwer beurteilen, ob das Rad zu retten oder was es wert war. Lorenzo von der Bicicletta Ercolo stöhnte am
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher