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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel
Autoren: Ake Edwardson
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bist.« »Aha?«
    »Du warst nicht wie sonst.«
    Er antwortete nicht. Draußen war der Kopf aufgesetzt worden, und Kalle hatte die Nase dorthin gesteckt, wo mit Steinen als Augen und Kies als Mund ein Gesicht entstehen sollte.
    »Ist es schlimmer als sonst?«
    »Nein.«
    »Du hast sonst in letzter Zeit... munterer gewirkt.«
    »Man gewöhnt sich schließlich an die Arbeitslosigkeit, und da wird man munterer.«
    »Ich bin froh, daß du darüber Späße machen kannst.«
    »Ich mache keinen Spaß.«
    »Ich freue mich trotzdem«, sagte sie und lächelte.
    »Bei der Arbeitsvermittlung sehen sie immer an mir vorbei«, sagte er nach zwei Minuten Schweigen.
    »An dir vorbei?«
    »Ich sitze da bei der Beamtin, und sie sieht mich nie an, wir führen eine Art Gespräch, aber sie blickt immer auf etwas hinter mir. Als ob hinter mir plötzlich ein verdammter Job angestiefelt käme. Oder sie sehnt sich von dort fort und durchs Fenster hinaus.«
    »Es kommt bald ein Job angestiefelt«, sagte sie. »Ich spüre es in mir.«
    Sie kennt mich gut, dachte er. Aber sie kann noch nichts ahnen. Wenn etwas mehr Geld kommt, ahnt sie vielleicht etwas, aber bis dahin ist noch lang.
    Vielleicht bekomme ich vorher eine ordentliche Stelle. Es hat schon Wunder gegeben. Aber wenn es angestiefelt kommt, will ich es vielleicht nicht haben.
    Er sah Blut vor sich. Als er mit den Kleidungsstücken vor sich dastand, war ihm, als bewegten sie sich, als schrien sie ihm zu.
    So war es, verdammt noch mal. Daran dachte er jetzt, und so war es gewesen.
    Er wußte nicht, wie er die Sachen wieder in den Sack bekommen hatte, aber es war gegangen, und als er das Schlafzimmer verließ, konnte er nur hoffen, daß es aussah wie zuvor. Warum hatte der Teufel sie nicht verbrannt? Ich habe nichts gesehen. Nichts habe ich gesehen.

4
    Sonntag morgen, und Erik Winter starrte in den Spiegel. Er beugte sich vor und suchte nach Falten um die Augen.
    Ich bin ein eitler Mann. Oder grüble ich deshalb über mein Alter nach, weil ich immer so jung gewesen bin? Ich passe auf mich auf, weil ich für die Frauen schön sein will, so lange es geht.
    Er hörte nichts vom Vasaplatsen, der fünf Stockwerke tiefer lag. Er wandte das Gesicht vom Spiegel ab und ging aus dem Bad. Die Wohnung war 136 Quadratmeter groß, bestand aus drei Zimmern und einer großen Küche, und er bezahlte dafür eine hohe Miete. Er lebte allein, und er hatte Geld. Jetzt war die Wohnung sehr hell vom Wintertag. Die Sonne hing draußen vorm Fenster. Er könnte die Tür zum Balkon öffnen und hinausgehen und sie anfassen.
    Er war gerade zurückgekommen. Es war ein langer Morgen im Dienst gewesen.
    Er ging zum Fenster und blickte nach Westen. Beinahe konnte er das Meer sehen. Er entschied sich, nachdem er schnell zu Mittag gegessen und gleichzeitig John Coltrane zugehört hatte.
    Sie war aus dem Schlafzimmer gekommen, aber er wollte allein sein, und so war sie zur Spüle gegangen, hatte ein Glas Wasser getrunken und war wieder ins Schlafzimmer gegangen, um sich anzuziehen und nach Hause zu fahren.
    »Ich habe ziemlich lange gewartet heute nacht«, hatte sie gesagt, bevor sie ging.
    Er fuhr am Fluß entlang. Die Farben krochen in die Erde zurück, als die Abenddämmerung sich allmählich herabsenkte.
    Es war, als führe man durch Ruß, der nicht haftete.
    Plötzlich brannte die Sonne im Westen, und er setzte die Sonnenbrille auf. Die Kräne auf der anderen Seite des Flusses wurden schwarz in seinem rechten Augenwinkel. Die Häuser um ihn herum bekamen einen Farbton wie geschmolzenes Zinn.
    Er fuhr, so lange es möglich war, so nah ans Meer, wie es ging, dann stieg er auf die Klippen. Das Meer bewegte sich träge. Er folgte dem letzten Neigen einer Welle hinaus zur offenen See und sah, wie das Eis in das lebendige Wasser stieß.
    Das Eis hatte sich über die Buchten gelegt. Er sah Bewegung draußen auf den Flächen, Menschen, die auf dem gefrorenen Wasser spazierengingen. Zwei Gruppen mit einem Kilometer zwischen sich versuchten, einander etwas zuzurufen, aber die Worte stießen irgendwo in der Mitte zusammen und fielen mit sprödem Klang aufs Eis hinunter.
    Das Telefon in seiner Brusttasche klingelte. Der Laut wurde vom Stoff und vom weißen Wind ringsum gedämpft.
    »Ja«, sagte er ins Mikrofon.
    »Hier ist Lotta.«
    »Ja?«
    »Wo bist du, Erik?«
    »Spielt das eine Rolle?« fragte er und bereute es. »Ich frage, weil ich dich gern treffen möchte.« »Jetzt?«
    »So schnell wie möglich«, sagte sie mit einer
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