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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel
Autoren: Mischa Martini
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und dort nicht aus den Augen zu lassen.
    »Wo fehlt’s denn bei Ihnen?«, wandte sich der Arzt nun an Gabi und Grabbe.
    »Schauen Sie sich bitte mal den Fuß meines Kollegen an«, bat Gabi, während sie beobachtete, wie die beiden Sanitäter Anweber von Bord halfen und ihn zu der am Kai stehenden Trage führten.
    »Mir kommt es so vor«, sagte sie, »als habe der Anweber ein breiteres Kreuz als der Mann mit der Kochjacke auf der Videoaufzeichnung vom Krankenhaus.«
    »Du glaubst, es könnte …«, Grabbe zuckte, als er den Schuh auszog, »jemand anderes seine Jacke benutzt haben?«
    »Genau«, antwortete sie. »Vielleicht hat der Wohlenberg die Klamotten von Anweber als Tarnung benutzt.«
    »Oder wollte den Verdacht auf Anweber lenken.«
    »Thomas Wohlenberg ist bestimmt längst abgehauen.«
    Der Arzt hatte soeben Grabbes Fußgelenk mit einem Verband fixiert, Gabi eine Schlinge für den linken Arm gegeben und beiden geraten, sich die verletzten Stellen röntgen zu lassen, als Meyer und Walde am Kai eintrafen.
    »Was machst du denn für Sachen?«, begrüßte Gabi ihren Kollegen, als Walde an Bord kam.
    »Ich hab die Strömung unterschätzt«, antwortete Walde. »Jedenfalls wäre ich auch nass geworden, wenn ich an Bord geblieben wäre.«
    Meyer packte zwei blaue Overalls und Unterwäsche aus, die er in einer Tasche mitgebracht hatte.
    Nachdem sich Gabi und Grabbe in der Toilette des Polizeiboots umgezogen hatten, berichtete Walde, wie er Thomas Wohlenberg beim Kappen der Taue beobachtet hatte.
    »Er ist zur Fahndung ausgeschrieben«, beendete Walde seinen Kurzbericht. »Die Kollegen in den Flughäfen, Bahnpolizei, Zoll et cetera haben sein Foto.«
    »Ich glaube nicht, dass der schon über alle Berge ist«, sagte Gabi. »Der muss sich erst mal Kohle beschaffen, und die hat er mit seinen Immobiliengeschäften noch nicht gemacht.«
    »Susanne Hörmann ist noch im Präsidium. Da fällt mir nur noch eine Person ein, die er um Geld bitten kann«, sagte Walde.
    *
    »Alte Leute gehen meist früh schlafen«, bemerkte Meyer, als er die Abfahrt nahm, die zur Waldresidenz führte. »Wir haben schon nach neun.«
    Die hell erleuchtete herrschaftliche Villa mit dem von Lampen angestrahlten weiträumigen Gelände schien nicht zu dieser Einschätzung zu passen.
    Meyer und Grabbe blieben im Wagen zurück, während Gabi, ihren Overall mit der weißen Aufschrift POLIZEI in Form ziehend, neben Walde über den noch regennassen Weg zum Eingang des Seniorenheimes eilte.
    In der Empfangshalle stand ein hoch aufgeschossener junger Mann im Frack, umringt von mehreren festlich gekleideten älteren Damen.
    Durch eine offene Doppeltür sah Walde auf leere Stuhlreihen. Als er eintrat, erblickte er einen schwarzen Flügel, neben dem Leute in kleineren Gruppen zusammenstanden, die meisten hielten Sektflöten in der Hand.
    Walde sprach einen Mann im dunklen Zweireiher an, der ihm entgegen kam.
    »Entschuldigung, kennen Sie Frau Wohlenberg?«
    Der Mann nickte. »Ja, sie ist mir bekannt.« Er schaute sich um. »Sie war auch beim Konzert. Aber jetzt sehe ich sie nicht mehr. Vielleicht bringt sie ihren Besuch hinaus.«
    »Besuch?«
    »Ein junger Mann ist gleich nach dem Klavierkonzert hereingekommen.«
    »Wie lange ist das her?«
    Der Mann sah auf seine Uhr. »Ich schätze, höchstens eine Viertelstunde.«
    »Danke.« Walde ging zurück zur Tür, wo Gabi auf ihn wartete, beäugt von den älteren Herrschaften, die vermutlich darüber tuschelten, ob die Frau mit der großen Handtasche und dem seltsamen Outfit zu einer Spezialtruppe gehörte oder aus der Kfz-Werkstatt der Polizei kam.
    Walde lief voran die Treppen hoch. Gabi folgte ihm. Im Flur des dritten Stocks orientierte er sich an den Namensschildern, bis sie keuchend vor Frau Wohlenbergs Appartement standen.
    Gabi klingelte. Als sich nicht gleich etwas regte, rief sie: »Frau Wohlenberg?«
    »Einen Moment!«, antwortete eine Frauenstimme von innen.
    Gabi drückte die Klinke, die Tür war abgesperrt. Während sie die Waffe aus ihrer Tasche nahm, ging sie ein paar Schritte zurück. Sie wies Walde mit einer Handbewegung an, zur Seite zu gehen, und rannte auf die Tür zu.
    Ihre gesunde Schulter rammte gegen das Holz. Es schien keinen Millimeter nachzugeben. Gabi presste die Arme vor ihre Brust und stöhnte. Innen wurde der Schlüssel gedreht und die Tür geöffnet.
    »Herr Kommissar, so spät?« Frau Wohlenberg schaute Walde freundlich an. Als sie die Pistole in Gabis Hand wahrnahm, zeigte sich Besorgnis
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