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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel
Autoren: Mischa Martini
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waren nicht da. Meyer stand, die Hände in den Hosentaschen, im Garten und beobachtete, wie Walde seine nasse Kleidung auf der Terrasse über die Stühle hängte und dabei versuchte, Quintus abzuwehren, der ihn anstupste und schließlich die Decke, in die Walde eingehüllt war, mit den Zähnen packte.
     
    Gabi war zwischen den Möbeln gelandet. Ihre linke Schulter schmerzte höllisch. Sie lauschte. Die Strömung war kaum zu hören. Nichts bewegte sich. Das Schiff lag völlig ruhig. Sie rümpfte die Nase. Es stank nach Knoblauch, Zwiebeln und Bier. Als sie die Augen öffnete, sah sie dicht vor sich ein dunkles Augenpaar.
    Gabi versuchte, Anweber mit beiden Armen wegzuschieben. Sie stöhnte auf. Jede Bewegung des linken Arms bereitete ihr Schmerzen.
    »Was ist passiert?«, fragte der Mann mit schwacher Stimme.
    »Die Neptun ist abgetrieben und nun auf Grund gelaufen.« Gabi rutschte aus dem Gewirr von Stühlen. »Wer hat Sie niedergeschlagen?«
    »Die linke Ratte!«
    »Thomas Wohlenberg?«
    Sie erahnte ein Nicken.
    Auf der Treppe hielt sie sich vorsichtshalber mit der rechten Hand am Geländer fest. Sie traute dem Frieden nicht.
    An Deck atmete sie erleichtert auf, als sie das Grün des Ufers am Bug sah.
    »Grabbe? Alles okay?«, rief sie.
    »Weiß nicht.« Die Antwort kam von weit her. Soweit war der Bug doch gar nicht entfernt!
    Gabi sah zum Polizeiboot, das immer noch mit hochtourig laufender Maschine backbord lag. Stadler hatte das Dach erklommen und hielt einen Strick in der Hand.
    »Kannst du das Tau um einen Polder legen?«
    Stadler warf das dicke Seil herüber, und Gabi bemühte sich, es mit dem gesunden Arm festzumachen.
    Der Wasserschutzpolizist packte die Reling und schwang sich an Bord der Neptun.
    »Was ist mit deinem Arm?«, fragte er, als er sah, dass Gabi ihn in leicht gekrümmter Haltung an den Körper drückte.
    »Nichts ist mit dem Arm, ich habe mir die Schulter geprellt und das gleich zwei Mal.« Sie ging auf Stadler zu und umarmte ihn mit dem rechten Arm. »Erst mal danke. Das war eben an der Brücke wirklich ganz schön knapp.«
    »Keine Ursache«, sagte Stadler. Er ging zum Bug, und gleich darauf rasselte der Anker herunter.
    »Hey, was machst du denn da unten?«, hörte Gabi kurz darauf Stadler rufen.
    Die Antwort war zu undeutlich, um sie zu verstehen. Sie glaubte, Grabbes Stimme zu erkennen.
    Als sie vorn an den Bug trat, sah sie Grabbe auf der schmalen, nur noch knapp aus dem Wasser ragenden Insel stehen. Seine Schuhe versanken im Morast zwischen dem Gestrüpp.
    »Ich hole eine Leiter«, rief Stadler. Er ging zurück zum Polizeiboot, um sich von seinem Kollegen eine Leiter hochreichen zu lassen.
    »Ich versuche, von hier ans Ufer zu kommen«, sagte Grabbe. Er war beim Aufprall über Bord geschleudert worden und in einer Hecke auf der Insel gelandet.
    »Er will von hier aus direkt an Land gehen«, sagte Gabi zu Stadler, als dieser die Leiter auf die Insel hinunterließ.
    »Da musst du aber noch ein gutes Stück schwimmen!«, rief Stadler dem bewegungslos verharrenden Grabbe zu. »Die Landverbindung vom Hahnenwehr ist überschwemmt, und wenn du noch zwei, drei Stunden wartest, wird auch die Insel unter Wasser stehen.«
    Als Grabbe die Leiter hoch über die Reling auf die Neptun gestiegen war, führte ihn Stadler zum backbord liegenden Polizeiboot. Dort packte Grabbe Gabis Hand und stieg auf das Dach des Bootes. Er versuchte, den Spalt zwischen den beiden Schiffen zu ignorieren. Nun musste er nur noch die wenigen Minuten bis zur anderen Moselseite überstehen. Es war ihm egal, was die anderen dachten. Sobald er das Deck des Polizeibootes erreicht hatte, legte er sich flach hin. Nur so bekam er die schreckliche Übelkeit in den Griff, die ihm bereits die Gallenflüssigkeit aus dem Körper getrieben hatte.
    Grabbe bekam nicht mit, wie der apathisch wirkende Anweber an Bord geschafft wurde und notdürftig einen Verband angelegt bekam, bevor das Schiff von der Neptun abdrehte und über den aufgewühlten Fluss zum gegenüberliegenden Ufer fuhr, um schließlich in das vollkommen ruhige Wasser des geschützten Hafens zu gelangen.
    Am Kai warteten mehrere Polizeifahrzeuge und ein Krankenwagen mit Blaulicht. Sobald das Polizeiboot anlegte, kam ein Notarzt, gefolgt von zwei Sanitätern und zwei Polizisten, an Bord. Der Arzt besah sich die Verletzung des Kochs, legte ihm eine Infusion an und übergab ihn den Sanitätern. Gabi instruierte die beiden Polizisten, den Verletzten ins Krankenhaus zu begleiten
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