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Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
Autoren: Shaw Johnny
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Eins
    Die Wüste hat etwas an sich, das alles und jeden anpisst.
    Vielleicht ist es die Hitze. Oder die karge Landschaft. Oder diese absolute Trostlosigkeit. Ist auch egal, was. Auf jeden Fall bringt die Wüste in allem das Allerschlimmste zum Vorschein. In dieser Umgebung, in der eigentlich nichts überleben dürfte, brodelt das Leben nur so.
    In der Wüste ist selbst mit den Pflanzen nicht zu spaßen. Das sind ausgedörrte, sonnenverbrannte Kämpfernaturen. Die müssen sich ganz schön abmühen, um sich ihren Weg durch Erde und Steine zu bahnen. Kaktus, Yucca und Schneidegras können einem blutige Wunden beibringen. Es fährt auch niemand in die Wüste, um sich die Herbstfarben anzusehen, schon deshalb, weil die sich auf ziemlich unschöne Brauntöne beschränken.
    Hübsche Kalender mit Viechern, die durch die Wüste kreuchen, gibt es auch nicht. Ob Klapperschlange, Skorpion oder Hundertfüßer, unter jedem Stein lauert irgendein schuppiges, giftiges Ungetüm nur darauf, in den nächsten nichts ahnenden Knöchel zu beißen. Sogar die Hasen in der Wüste würden jedem Trottel, der versucht, sie zu streicheln, einen Finger abbeißen. Wenn die Wüste so ein Häschen dermaßen sauer machen kann, kann man sich ja vorstellen, was für eine Wirkung sie auf Menschen hat.
    Das war so der Schwachsinn, der mir durch den Kopf ging, als ich im Dunkeln mit der Schrotflinte meines Vaters in der Hand und zitternden Knien dastand.
    In dem Moment war es still, aber da war ganz eindeutig irgendwas im Schuppen. Zuerst hatte ich gehört, wie sich etwas bewegte, ein leichtes Klopfen, aber laut genug, um es im Haus zu hören. Der Wind konnte es nicht sein. Vielleicht ein Tier. Eines von den Hühnern, eine Katze oder ein Kojote. Als ich rausging, hörte ich so etwas wie eine Stimme. Nur für einen Sekundenbruchteil. Kaum wahrnehmbar, aber ganz bestimmt menschlich. Ich wusste nicht, was Pop in dem Schuppen aufbewahrte. Aber auch wenn es nur verrostetes Werkzeug war, war es doch sein verrostetes Werkzeug.
    Bedächtig und lautlos ging ich zur Schuppentür. Ich schloss die Augen und lauschte. Das einzige Geräusch war mein Atem. Und dabei bemühte ich mich, möglichst leise zu atmen. Ich hielt den Lauf der Winchester nach unten und griff langsam nach der Seilschlaufe, die als Griff für die Wellblechtür diente. Wer auch immer da drinnen war, konnte sich auf eine ziemliche Überraschung gefasst machen. Nur – warum war ich dann derjenige, der zitterte?
    Ich stieß die Tür auf, hob die Flinte an und drückte sie fest gegen meine Schulter. Der Doppellauf schwang durch die Dunkelheit.
     
    Nur wenige Stunden zuvor war ich noch mit meinem Pick-up auf dem Freeway 10 Richtung Osten unterwegs gewesen. Auch da hatte ich vor mich hin geträumt. Ich musste wach bleiben und wollte mich gleichzeitig von der Wirklichkeit ablenken, der ich mich schließlich stellen musste. Mein Leben zu analysieren, hätte nichts gebracht. Nabelschau ist nur etwas für Leute, die ein interessantes Leben führen und Geld haben.
    Ich war um Mitternacht von Los Angeles losgefahren, um den dichten Verkehr in Pomona und San Bernardino zu vermeiden, und hoffte, so gegen halb vier oder fünf im Valley zu sein. Wenn ich so spät ankäme und um zehn Uhr aufwachte, würde ich nicht einen ganzen Tag auf der Straße vergeuden. Mitten in der Nacht
waren auf dem Freeway nur Trucks zu sehen, lauter Kenworths, Peterbilts und Macks, und mein Scheiß-Mazda.
    Ich lag gut in der Zeit, als ich auf den Parkplatz des Wheel Inn in Cabazon direkt westlich von Palm Springs fuhr. Ich brauchte Kaffee und etwas zu essen, und das Wheel Inn hatte immer auf. Das Essen war die übliche Diner-Kost, aber die Riesendinosaurier, die über den Parkplatz ragten, weckten in mir angenehm nostalgische Gefühle. Wo gibt’s das schon? Riesendinosaurier!
     
    Ich setzte mich an die Theke und sparte mir den Blick auf die Speisekarte. Ich habe eine strikte Regel, was Diners am Freeway angeht: NFB – nur Frühstück bestellen. Dabei kann man nichts falsch machen, und manchmal gibt’s sogar eine angenehme Überraschung. Mittag- und Abendessen sind ein ziemliches Glücksspiel. Es gibt da immer ein Gericht, das dort nichts zu suchen hat. Wer bei Chonchy Joe’s Gasoline and Beef Jerky Emporium das Hähnchen-Cordon-bleu bestellt, ist selbst schuld, wenn seine Gedärme anschließend rebellieren.
    Da Gesundheit und anständige Ernährung mir egal sind, bestellte ich biscuits mit Wurstsoße und dazu Speck. Den Speck
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