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Der letzte Exfreund meines Lebens

Der letzte Exfreund meines Lebens

Titel: Der letzte Exfreund meines Lebens
Autoren: C Murphy
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    Die Sonne strömte durch die Buntglasfenster von St. Jude’s und warf vielfarbige Muster auf den blank polierten Holzboden und das Kleid von Kate O’Neill, die auf einer Wolke feinster Seide zu den Klängen des Hochzeitsmarschs den Mittelgang entlangglitt. Sie fühlte sich vollkommen schwerelos, als würde sie über dem Boden schweben und wie ein Heliumballon davonfliegen, hielte sie sich nicht am Arm ihres Vaters fest. Auf den Bänken links und rechts des Gangs verrenkten die Leute sich den Hals, um die Braut vorbeischreiten zu sehen, und Kate sog die bewundernden Blicke und die sehnsüchtigen Seufzer glücklich in sich auf. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich derart schön und stark gefühlt.
    Es stimmte, was alle sagten, dachte sie. Dies war wirklich der glücklichste Tag im Leben einer Frau.
    Mit huldvollem Nicken quittierte sie die lächelnden Gesichter und die guten Wünsche ihrer Freunde und Verwandten und bewegte sich gemessenen Schrittes auf die große, breitschultrige Gestalt, die mit gesenktem dunklem Schopf vor dem Altar stand, zu. Sie war gerührt, als sie entdeckte, dass auch Johnny Depp unter den Gästen war und tapfer lächelte und sich dabei von ihren Verwandten tröstend auf die Schulter klopfen ließ – der arme, liebe Johnny, dessen Herz gebrochen war. Während er sie aus seinen dunklen Augen anschaute, stoben Funken zwischen ihnen, und Panik überfiel sie. Hätte sie ihn vielleicht doch nicht fallen lassen sollen, um …?

    In diesem Augenblick – sie war nur noch einen halben Meter vom Altar entfernt – drehte sich der andere junge Mann zu ihr um. Wills Lächeln war so zärtlich und so warm, dass alle ihre Zweifel gewichen waren. Er nahm ihre Hand, sah sie bewundernd an, und sie wusste, alles war genau, wie es sein sollte. Denn sie war sich völlig sicher …
    PIEP! PIEP! PIEP!
    »Du lieber Himmel!« Kate fuhr erschrocken auf, schlug auf den Aus-Knopf ihres Weckers, blickte auf die Leuchtziffern  – acht Uhr –, ließ sich wieder in die Kissen fallen und versuchte, noch desorientiert von ihrem Traum, herauszufinden, wo sie sich befand und welcher Tag es war. Helles Sonnenlicht fiel durch das Fenster auf die Poster von Brad Pitt, Johnny Depp und Leonardo DiCaprio, die Schminksachen und die Parfümflakons auf der Frisierkommode und den noch immer mit Teenie-Sachen vollgestopften Schrank. Sie war in ihrem alten Kinderzimmer. Und da drüben an dem Drehspiegel prangte das grauenhafte Kleid. Dies war der große Tag, und um vierzehn Uhr müsste sie zu den Klängen des Hochzeitsmarschs das Kirchenschiff von St. Jude’s durchschreiten – nur, dass dies im Wachzustand weniger ein Traum als eher ein Albtraum für sie war.
    Sie blickte lächelnd auf das Bild von Johnny Depp. Er schaute sie mit einem rätselhaften Lächeln an und wirkte einfach obermegacool. Kein Wunder, dass du mir im Traum erschienen bist, ging es ihr durch den Kopf. Aber warum in aller Welt war auch Will Sargent darin aufgetaucht? Okay, sie würde heute Nachmittag das Kirchenschiff durchqueren, es würde der Hochzeitsmarsch gespielt und Will vorne am Altar stehen – allerdings wäre sie nicht die Braut und er wäre nicht der Bräutigam. Und sie dachte sowieso nicht mehr auf diese Art an ihn … oder vielleicht doch? Sie hatte ihre dumme Schwärmerei aus ihrer Teenie-Zeit für ihn bereits vor Jahren
überwunden, weshalb also träumte sie mit einem Mal von einer Hochzeit mit ihm? Das brachte sie völlig aus dem Konzept.
    Als Kate von unten erste Lebenszeichen hörte, wusste sie, dass sich das Aufstehen nicht mehr verschieben ließ. Rachels großer Tag fing mit einem Familienfrühstück an, und sie hatte strikte Anweisung, auf alle Fälle daran teilzunehmen, ganz egal wie müde sie noch war.
    »Im wahren Leben hätte ich eindeutig dich gewählt«, versicherte sie Johnny Depp, warf ihre Bettdecke zurück und stand entschlossen auf.
    Die Beweise dafür, dass sie erst vor ein paar Stunden angekommen war, waren überall im Raum verteilt. Auf der Suche nach den Zahnputzsachen hatte sie die Schmutzwäsche aus ihrem Rucksack auf dem Fußboden verstreut, und jetzt hüpfte sie durchs Zimmer, wich den Tüten aus dem Duty-Free-Shop aus, stolperte über eine Gruppe handgeschnitzter Holz-Massai, sammelte das Shampoo, den Conditioner, die Seife und das Deo ein und marschierte Richtung Bad.
    Meine Güte!, dachte sie mit einem Mal. Sie hatte keinen sauberen Slip und auch keinen sauberen Büstenhalter mehr. Statt Rachel zu bitten,
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