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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
Autoren: Lynn Flewelling
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Traurigkeit.
    »Deine Mutter gebar in jener Nacht zwei Kinder: einen Knaben und ein Mädchen. Wie du weißt, starb eines der Kinder. Aber jenes, das überlebte, war ein Mädchen. Du, Tobin. Lhel hat dafür eine besondere Art von Magie angewandt …«
    »Hautbindung«, warf Lhel ein.
    »Hautbindung, um dich wie einen Jungen erscheinen zu lassen und den Knaben – Bruder – wie ein Mädchen.«
    Einen Augenblick dachte Tobin, er hätte wieder die Stimme verloren wie damals, als seine Mutter gestorben war. Doch er brachte ein krächzendes »Nein!« hervor.
    »Es ist wahr, Tobin. Du bist ein Mädchen in Jungengestalt. Und es wird eine Zeit kommen, da du diese falsche Form ablegen und deinen Platz in der Welt als Frau einnehmen musst.«
    Mittlerweile schauderte Tobin, und nicht wegen der Kälte. »Aber – aber warum ?«
    »Um dich zu beschützen, bis du Königin werden kannst.«
    »Mich beschützen? Vor wem?«
    »Vor deinem Onkel und seinen Spürhunden. Sie würden dich töten, wenn sie es wüssten. Der König hätte dich bereits in der Nacht deiner Geburt getötet, wenn wir nicht getan hätten, was getan wurde. Er hatte davor bereits andere umgebracht, viele andere, von denen er fürchtete, sie würden sein und Korins Recht auf den Thron anfechten.«
    »Niryn sagte … Aber er sprach von Verrätern!«
    »Nein, sie waren unschuldig. Und ihr Anspruch war weit geringer als der deine, zumal du das Kind seiner Schwester bist. Du kennst die Prophezeiung von Afra. Du bist eine wahre Tochter des Thelátimos, die Letzte der reinen Linie. Diese Hautbindung – es war die einzige Möglichkeit, die uns einfiel, dich zu schützen. Und bis jetzt hat es auch gewirkt.«
    Tobin starrte auf das Gesicht im Wasser hinab – auf seine Augen, sein Haar, die Narbe an seinem spitzen Kinn. »Nein! Du lügst! Ich will sein, wer ich bin! Ich bin ein Krieger!«
    »Du bist nie etwas anderes gewesen«, erwiderte Arkoniel. »Aber du bist von Illior dazu ausersehen, noch mehr zu sein. Das wurde Iya von Illior offenbart, als du dich noch im Mutterleib befunden hast. Unzählige Zauberer und Priester haben von dir geträumt. Du wirst eine große Kriegerin und eine große Königin werden, wie einst Ghërilain.«
    Tobin presste die Hände auf die Ohren und schüttelte wutentbrannt den Kopf. »Nein! Frauen sind keine Krieger! Ich bin ein Krieger. Ich bin Tobin. Ich weiß, wer ich bin !«
    Der Geruch von Moschus und grünen Kräutern umfing ihn, als sich Lhel auf seine andere Seite kniete und die kräftigen Arme um ihn schlang. »Du bist, wer du bist. Lass mich zeigen.«
    Sie bedeckte die blutige Stelle auf seiner Brust mit der Hand, und die Schmerzen kehrten einen Lidschlag lang wie trippelnde Tausendfüßlerbeine zurück. Als sie die Hand wegnahm, erblickte er eine lotrechte Naht auf seiner Brust, die jener glich, die Bruder ihm einmal gezeigt hatte, zierlich und fein wie Spinnfaden. Aber seine Wunde war verheilt, die Narbe verblasst. Nur das untere Ende wirkte blutig wie Bruders Naht.
    »Die Magie nachlässt, Bindung nicht haltet. Muss neue Magie gemacht werden«, sagte Lhel. »Noch nicht ist Zeit, zu zeigen das wahre Gesicht, Keesa .«
    Dankbar schmiegte sich Tobin an sie. Er wollte sich nicht verändern.
    »Aber wie …«, setzte Arkoniel an.
    Lhel gebot ihm mit einem erhobenen Finger Einhalt. »Später. Tobin, du sollen kennen dein wahres Gesicht.«
    »Ich will aber nicht!«
    »Doch. Ist gut zu kennen. Komm, Keesa , schau.«
    Lhel drückte einen Finger auf die Naht an seiner Brust, und als sie erneut sprach, vernahm er ihre Worte in seinem Kopf, klar, deutlich und ungebrochen. Muttergöttin, ich löse diese Naht, die in deinem Namen gefertigt wurde, geschaffen in der Nacht deines Vollmondes, auf dass sie wieder heil werde in diesem Mond, um das Kind mit der Bindung von einer Gestalt zur anderen zu beschützen. Lass diese Tochter namens Tobin ihr wahres Gesicht in deinem Spiegel sehen. Löse dich, im roten Mond gewobener Faden. Damit fuhr sie mit der Hand über Tobins Augen und half ihm, sich erneut über die glasige Oberfläche des Teichs zu beugen.
    Furchtsam und widerwillig blickte er hinab, um die Fremde anzusehen, die ihm entgegenstarren würde.
    Sie war nicht so anders.
    Sie war ein Mädchen – das ließ sich nicht übersehen –, aber sie besaß seine dunkelblauen Augen, seine gerade Nase und sein spitzes Kinn, sogar dieselbe Narbe. Er hatte befürchtet, jemanden mit weichen und dümmlichen Zügen zu sehen, wie sie einige der Mädchen am Hof
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