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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Autoren: Torsten Fink
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Zwei Männer zwängten sich durch einen Spalt tief unter der Erde. Sie mussten kriechen, und der Alte, der vorneweg kroch, eine kleine Berglampe in der Hand, hörte seinen Neffen hinter sich ängstlich keuchen. Er fragte sich, ob er auch derart die Hosen voll gehabt hatte, als er zum ersten Mal unter Tage gegangen war. Auch sein Meister hatte ihn hergeführt, obwohl hier schon damals nicht mehr gegraben worden war.
    Der Spalt entließ sie in einen niedrigen, kurzen Gang. Weiter ging es nicht. Der alte Steiger wischte sich den Schweiß von der Stirn und wartete auf den Jungen, der schwerfällig angekrochen kam. Er genehmigte sich einen Schluck Wasser und bot dann seinem Neffen die Flasche an. Als er ihm die Flasche wieder abnahm, fragte er: » Hörst du das? «
    Sein Begleiter richtete den Blick auf die niedrige Decke. » Was ist das, Onkel? «
    » Das Meer, mein Junge, es rauscht über unseren Köpfen. Wir sind tief unter dem Meeresgrund, aber irgendwo in der Nähe muss es eine Spalte, einen natürlichen Kanal bis fast ganz hinauf geben. Deshalb hören wir, wie das Meer gegen die Ufer unserer Insel brandet. «
    » Aber, Onkel, ist das nicht sehr gefährlich? «
    Der Alte gab keine Antwort. Er schlug die Spitzhacke mit einem kurzen, trockenen Geräusch in den Stein. Er betastete die Wand, dann hielt er die kleine Lampe an die frische Wunde im Fels. » Siehst du das, mein Junge? «
    Sein Neffe konnte den Blick jedoch nicht von dem Gestein lösen, das tonnenschwer über ihm hing.
    Der Steiger bereute, dass er sich auf diese Geschichte eingelassen hatte, aber der Junge war nun einmal das Kind seiner Schwester. Doch je länger er mit ihm hier unten war, desto stärker wurden seine Zweifel, dass er zum Bergmann taugte.
    » Also, siehst du das? « , fragte er und deutete auf die Kerbe.
    » Es glänzt « , stellte der Junge fest. Sein Blick wanderte wieder zur Decke.
    » Genau, und weißt du vielleicht auch, was da so schön glänzt? «
    Der Junge zuckte mit den Schultern. » Silber, Onkel? «
    » Silber? Bei allen Himmeln – seit wann finden wir rund um Xelidor Silber? «
    » Dann … Stahl? «
    » Stahl wird geschmiedet, er wächst nicht in der Erde, Dummkopf! « Worauf hatte er sich da nur eingelassen? » Eisen, mein Junge, bestes Eisenerz, das ist es, was du hier siehst. Wir graben es aus, und dann machen sie oben Schwerter und Rüstungen daraus. Dieses Eisen ist der Sockel, auf dem die goldenen Säulen von Xelidor in den Himmel ragen, wie man so sagt. Und wenn du geschickt und gelehrig bist « , und der Himmel weiß, dass du es nicht bist, dachte der Alte, » dann wirst du auch bald schon hier unten die Hacke schwingen und dem alten Felsen Chelos, auf dem unsere Stadt errichtet ist, das Erz abzwingen. Aber nicht hier, denn das ist der Tote Mann. «
    » Der Tote Mann? «
    » So nennen wir diese Stelle, denn hier graben wir nicht weiter. « Der Alte hob seine Lampe an. » Siehst du, wie es hier überall glitzert? Es gibt keine Stelle im ganzen Bergwerk, die ergiebiger wäre, aber wir wollen das Schicksal nicht herausfordern. Verstehst du das, mein Junge? Die Sicherheit geht vor! «
    Sie lauschten. Von weit unten drang das leise Klicken der Spitzhacken herauf, aber man musste genau hinhören, denn das Meer über ihnen rauschte lauter.
    » Ich habe gehört, dass man bald gar nicht mehr gräbt, Onkel « , erwiderte der Junge.
    » Wer erzählt dir so einen Unsinn? «
    » Bif, der Sohn vom Schuster. Er sagt, dass die Scholaren ein Pulver haben, das viel besser gräbt, als ein Mann es kann. «
    » Na, der Sohn eines Schusters muss es ja wissen « , höhnte der alte Steiger. Es gab so viel über das Bergmannshandwerk zu wissen, und das Einzige, was der Junge gehört hatte, war dieser Unsinn, den die Scholaren in der Stadt in Umlauf gebracht hatten?
    » So gibt es dieses Pulver gar nicht, Onkel? «
    Anlügen wollte er den Knaben nun auch nicht. Er seufzte. » Doch, das gibt es. Es ist irgendeine Teufelei, die sie in der Fremde gefunden haben. Hast du schon einmal die großen Bombarden gesehen, die oben an der Festung stehen? «
    Der Junge nickte eifrig.
    » Die werden mit einem schwarzen Pulver geladen, das mit einem großen Knall explodiert und dann die Kugel aus der Bombarde weit hinaus aufs Meer schleudern kann. «
    » Wie weit, Onkel? «
    » Weit, sehr weit, mein Junge. Ein ganz ähnliches Pulver wollen die Scholaren nun auch unter Tage verwenden. Es explodiert nicht oder eigentlich doch, nur langsamer. « Er bemerkte, dass
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