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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Autoren: Torsten Fink
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zuzuflüstern, aber er wehrte es ungehalten ab. » Bitte, Rohana, versuche nicht, es zu beschönigen. Es ist doch offensichtlich, was das bedeutet. «
    » Es ist nur die Unruhe, Aretor. Du wirst sehen, das geht vorüber « , entgegnete sie mit einem gezwungen wirkenden Lächeln.
    Vil aß, aber er aß ohne Appetit, und er hätte seinem kleinen Bruder gerne eine Ohrfeige verpasst, weil er die ganze Zeit mit seiner Gabel auf dem Teller herumkratzte, ein Misston, der die Stille am Tisch nur noch unerträglicher machte.
    » Sie streiten sich « , flüsterte Faras, als sie im Bett lagen.
    » Nein, sie unterhalten sich nur « , versuchte Vil ihn zu beruhigen.
    » Für mich klingt es aber wie Streit « , meinte Faras trotzig.
    » Ruhe jetzt « , mahnte Vil und schlich zur Tür.
    » Wir dürfen nicht lauschen « , rief Faras leise.
    » Halt die Klappe « , zischte Vil und schlüpfte in den Flur.
    Auf der anderen Seite des Ganges stand seine Schwester in ihrer Tür. Sie lauschte also ebenfalls.
    Vil konnte seine Eltern hören, die gedämpften Stimmen aber nicht verstehen, denn gerade jetzt räumten Koch und Magd dort unten geräuschvoll die Tafel ab.
    » Worum geht es? « , fragte er leise.
    » Ich glaube, Vater will, dass wir die Stadt verlassen. «
    » Er will weg aus Xelidor? «
    » Leise doch « , flüsterte Tiuri.
    » Und Mutter? «
    » Sagt, dass eine Gremm nie davonläuft. Irgendwas davon, dass unsere Familie an den Fundamenten der Stadt mitgebaut hat. «
    Vil seufzte. Den Vortrag kannte er, er bekam ihn meist dann zu hören, wenn seine Lehrer seine Mutter darüber informierten, dass seine Leistungen zu wünschen übrig ließen.
    » Und was sagt Vater dazu? «
    » Er sagt, er sei kein Gremm und will immer noch weg. «
    Vil verstand, was er meinte. Aretor Merson war aus der Fremde nach Xelidor gekommen, aus Cifat, einer Stadt am fernen Goldenen Meer. Dennoch war er in sehr kurzer Zeit ein sehr wichtiger Mann geworden, weshalb er in Vils Augen eigentlich besondere Achtung verdiente.
    Die Söhne der anderen vornehmen Familien in diesem Viertel sahen das nicht so, und wenn sie in der Überzahl waren, sangen sie Spottlieder auf den abergläubischen Fremden und seinen Sohn. Vil gab sich gleichmütig, wenn sie sangen. Er hatte gelernt, darauf zu warten, dass er sie irgendwo allein antraf. Dann überzeugte er sie mit seinen Fäusten davon, solche Lieder in Zukunft nicht mehr zu singen. Er hatte nicht viele Freunde unter den anderen Ritter- und Kauffahrersöhnen, und seit heute waren es noch zwei weniger.
    Unten war es unterdessen ruhig geworden. Der Tisch schien abgedeckt, und die Stimmen ihrer Eltern waren verstummt.
    Tiuri sah ihn fragend an.
    » Geh ins Bett « , meinte er. » Morgen früh sieht die Welt ganz anders aus. «

» Vil, steh auf. «
    Er schlug die Augen auf. Es musste mitten in der Nacht sein. Seine Mutter stand an seinem Bett, eine Kerze in der Hand. Bleich und aufgewühlt sah sie aus. Vil erfasste sofort, dass etwas nicht stimmte.
    » Zieh dich an und kümmere dich darum, dass auch dein kleiner Bruder sich ordentlich anzieht. «
    Vil blickte zum Fenster. Durch die Schlitze in den hölzernen Läden meinte er, das erste Grau des Tages zu erkennen.
    » Was ist denn, Mutter? « , fragte er beunruhigt.
    » Es wird alles in Ordnung kommen, mein Sohn. Jetzt kümmere dich um deine Geschwister. Zieht euch warm an. Wir werden vielleicht einige Tage nicht wiederkommen. «
    » Einige Tage? « , fragte Vil, aber seine Mutter stellte die Kerze ab, ein einsam flackerndes Licht, und verließ das Zimmer.
    Vil sprang auf, öffnete die Butzenscheibe und riss den Holzladen auf. Kalt und grau sickerte der Wintertag in die Kammer. Möwen schrien vom Meer her, aber er konnte sie im dichten Nebel nicht sehen.
    Tiuri stand plötzlich in der Tür. » Es sind Fremde im Haus, Vil. «
    » Fremde? « Er öffnete seine Truhe und nahm seinen Dolch.
    » Junger Herr, nicht doch! « , stammelte die Magd, die blass und verstört hinter Tiuri aufgetaucht war.
    » Wer ist da im Haus, Ena? « , fragte er und zog die Klinge aus der Scheide.
    » Die Gespenster, Herr, die Gespenster. «
    Faras hatte sie gehört. Er klammerte sich an seine Bettdecke und wollte um keinen Preis aufstehen. » Hilf ihm, Ena, er soll sich gefälligst anziehen « , befahl Vil, erleichtert, wenigstens die Verantwortung für den ewig quengelnden Faras los zu sein. Aber auch Tiuri sah ihn nun ängstlich an.
    » Es sind nicht wirklich Gespenster « , versuchte er sie zu
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