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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung
Autoren: Liad Shoham
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Kabir?« Sie hatte angefangen, zu weinen. »Ich will dich nicht noch einmal verlieren!«
    Er hatte sie in die Arme genommen und auf den Kopf geküsst. Nein. Nein, er wollte sie auch nicht noch einmal verlieren. Er musste einen anderen Weg finden.
    * * *
    »Wie geht es Merav? Gili?«, fragte Eli.
    »Gut, danke«, murmelte er. Von Weitem sah er, wie sich am Ausgang zum Flug nach Paris eine Schlange bildete. Merav und Gili stellten sich ebenfalls an. Viel Zeit blieb ihm nicht.
    Den Namen Faro würde er selbstverständlich nicht in den Mund nehmen. Auch nicht den Meschulams. Er würde nur das Autokennzeichen durchgeben. Nicht mehr. Um alles Weitere sollte sich die Polizei kümmern. Und dennoch. Wer weiß, was der erfahrene Ermittler daraus ableiten würde? Was er mit der Information anstellte? Er könnte seine Verhaftung anordnen, und die Polizei würde von der französischen Regierung seine Auslieferung verlangen. Es gab ein gewisses Risiko, da machte er sich nichts vor.
    »Was ist das für ein Lärm? Wo sind Sie?«, wollte Nachum wissen, als im Hintergrund der letzte Aufruf für die El-Al-Passagiere nach Paris ertönte.

65
    Galith Lavi freute sich über die warmen Sonnenstrahlen. Heute musste sie nicht ins Gericht, und sie beschloss, die freie Zeit zu nutzen und mit dem Auto zur Inspektion zu fahren. Erst vorgestern hatte der Bruder ihr das Auto zurückgegeben, nachdem sie sich heftig gestritten und die Eltern irgendwann ein Wörtchen mitgeredet hatten.
    »Ja, dann tob dich aus«, hatte Assaf gelacht und ihr einen Kuss gegeben, bevor er zur Arbeit gegangen war. Schon fast einen Monat waren sie zusammen und, toi, toi, toi, es lief wunderbar.
    Sie streckte sich auf dem Fahrersitz und spürte einen stechenden Schmerz im Rücken – ein Andenken an jene Nacht. Hätte Eli Nachum die Sache nicht durchschaut und schnell gehandelt, hätte Dori Engel sie vergewaltigt und vielleicht auch umgebracht.
    In der Autoschlange ging es nur langsam vorwärts. Vielleicht hätte sie auf Assaf hören sollen, besser den Automechaniker alles erledigen lassen und sich stattdessen ausgeruht.
    Ihr Handy klingelte. Eli Nachum. Obwohl sie Telefonate meist sofort annahm, stellte sie das Gerät auf Vibration. Sie hatte Assaf und sich einen arbeitsfreien Tag versprochen.
    * * *
    In einigen Monaten würde sie dazu aufgefordert, als Zeugin vor Gericht gegen Engel auszusagen. Zum ersten Mal in ihrem Leben würde sie im Zeugenstand stehen und nicht hinter ihrem Pult. Doch auch ohne ihre Zeugenaussage war Engels Verurteilung gesichert. Hinten an seinem linken Arm hatte er eine Tätowierung (allerdings kein Drache, wie Sarah Glaser gedacht hatte, sondern eine Schlange). Und die Ringe von Adi und Dana und die zweier mutmaßlicher weiterer Opfer waren in seiner Wohnung gefunden worden, obwohl Nachum hätte wetten können, dass er sie weggeworfen hatte.
    »Meine Dame, bitte mal rechts blinken …, jetzt links blinken«, rief ihr einer der Angestellten zu und riss sie aus ihren Gedanken.
    Engel hatte die Vergewaltigungen gestanden, doch Siwan, ihre Kollegin bei der Staatsanwaltschaft, die den Fall untersuchte, hatte ihr erzählt, dass er sein Geständnis bereits widerrufen hatte. Und wie der Verteidiger argumentieren wolle: schwere Kindheit ohne Vater, komplettes Versagen von Fürsorge und pädagogischen Einrichtungen und sexueller Missbrauch durch einen Freund der Mutter. Sie kannte diese Plädoyers. Widerwärtige Typen wie Dori wussten immer jemandem die Schuld zuzuschieben und hatten Unmengen an Geschichten parat. Garantiert würde er behaupten, dass die Frauen es so wollten, ihn provozierten, alles ihre Schuld sei – dieser chauvinistische Schwachsinn. Sie kaufte ihnen ihre Ausreden und Rechtfertigungen nie ab. Jeder Mensch hatte einen freien Willen. Er musste nicht der sein, zu dem er erzogen worden war. Assaf hielt ihre Einstellung für vereinfacht und starr. Unter Umständen war er deshalb Verteidiger und sie Anklägerin.
    Über das, was damals in ihrem Büro geschehen war, als sie beide unter vier Augen ein Strafmaß ausgehandelt hatten, woraufhin ein unschuldiger Mensch verurteilt worden war, hatten sie kein Wort verloren. Was sie dazu bewogen hatte, wusste er inzwischen, die Zeitungen hatten es schließlich jedem unter die Nase gerieben. Es war gut möglich, dass sie nie erfahren würde, warum er sich darauf eingelassen hatte. Über die Dinge, die zwischen Anwalt und Mandant besprochen wurden, herrschte Stillschweigen, und was Ziv Nevo ihm
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