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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung
Autoren: Liad Shoham
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von allem: Er hatte seine Familie zurückgewonnen. Statt Finsternis umgab ihn nun eine Flut von Licht.
    * * *
    Er ging schnell zu einem Ausgang, an dem keiner stand. Merav hatte ihn mit ihrer Angst angesteckt.
    Er sah auf sein Handy und holte tief Luft. Sein Puls schlug schneller. Vielleicht hatte sie recht? Womöglich war es ein Fehler? Schluss damit, rief er sich zur Vernunft. Genug hin und her überlegt. Es war vielleicht nicht das Allerklügste, doch es war das Richtige.
    * * *
    Vor zwei Wochen hatten Merav und er beschlossen, das Angebot ihres Onkels anzunehmen und nach Strasbourg zu gehen. Ziv hatte sich über den Vorschlag stets amüsiert. Nach Frankreich, um Topfpflanzen zu verkaufen? Er konnte kein Wort Französisch.
    Doch nach allem, was er durchgemacht hatte, erschien ihm diese Idee weniger verrückt. Neuer Ort, neues Glück. Wieso nicht? Faro konnte seine Meinung schließlich jederzeit ändern. Und Meschulams hasserfüllte Blicke während der Unterredung mit Faro waren ihm keineswegs entgangen.
    Außerdem musste er sich klarmachen, dass er zwar momentan auf Wolke sieben schweben mochte, überglücklich war, gerettet worden, frei zu sein – doch früher oder später würde dieses Gefühl verpuffen und sich der Alltag einstellen. Er würde den Schutz seiner vier Wände verlassen müssen, auf Arbeitssuche gehen und sich abermals den Fragen zum vorherigen Arbeitgeber stellen müssen, warum ihm gekündigt worden sei und so weiter und so fort. Freispruch hin oder her – er würde mit den Bedenken der Leute konfrontiert werden, womöglich doch eine Vergewaltigung begangen zu haben. Kein Rauch ohne Flamme. In Frankreich kannte ihn keiner, niemand wusste von seiner Vergangenheit. Sein Name würde nicht mit Polizei und Vergewaltigung in Verbindung gebracht werden. Dort konnte er sich neu erfinden. Sich eine Vergangenheit erschaffen, die unbefleckt war.
    * * *
    »Hallo?«, hörte er Eli Nachums Stimme in der Leitung.
    »Hier ist … Ziv. Ziv Nevo.« Er räusperte sich.
    Merav glaubte, und er tendierte ebenfalls dazu, dass er Faro ohne Nachum nicht entkommen wäre. Nachum musste etwas gesagt oder unternommen haben, was Faro dazu bewegt hatte, ihn gehen zu lassen. Obwohl er Nachum das Leben gerettet hatte und Nachum vielleicht seines, konnte er ihm jedoch die Nacht im Vernehmungsraum, die furchteinflößenden Blicke, seine Unnahbarkeit und Schonungslosigkeit nicht vergessen.
    * * *
    Sobald die Entscheidung gefallen war, hatten sie ihr Leben rasch zusammengepackt. Merav hatte gekündigt. Sie hatten Gili im Kindergarten abgemeldet. Obwohl dem Anschein nach alles vorbei war, musste er dennoch ständig daran denken, was er getan hatte, an die Sprengladung, die nach wie vor unter einem Auto klemmte und jeden Moment hochgehen konnte.
    Merav hatte versucht ihn zu überzeugen, er solle sich nicht länger damit befassen. Selbst wenn sie eingreifen wollten, so sagte sie, wie sollten sie das anstellen? Außerdem wäre der Preis dafür zu hoch. Er musste ihr zustimmen. Me’irs Worte in Abu Kabir hallten noch in seinen Ohren. Auch die von Faro: »Bleiben Sie gesund« – eine klare Drohung.
    Obwohl es das Klügste gewesen wäre, sich um die Zukunft zu kümmern und zu vergessen, war er nicht dazu imstande. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr kam er zu dem Schluss, dass er erst die alte Sache bereinigen musste, um neu beginnen zu können.
    Daher war er eine Woche lang durch die Louis Marshall und die Nachbarstraßen gestreift, um das Auto zu finden. Seine Lektion hatte er gelernt, daher hatte er sich nur tagsüber und in Begleitung von Merav dort blicken lassen. Aber das Auto blieb verschwunden. Sie hatten das ganze Viertel abgesucht. Nach einigen Tagen hatten sie sich damit abgefunden und wollten es dabei bewenden lassen. Wenn sie es nicht fanden, sollte es offenbar so sein. Vielleicht war die Sprengladung explodiert und keiner war zu Schaden gekommen, oder Faro hatte die Ladung entfernen lassen, machte er sich Mut.
    Doch gestern Abend, als sie im Bett gelegen und ihre leere Wohnung betrachtet hatten, deren Inventar sich auf dem Weg nach Frankreich befand, war das Thema erneut aufgekommen. »Ich muss diese Sache aus der Welt schaffen, bevor wir fahren«, hatte er zu Merav gesagt und vorgeschlagen, mit Eli Nachum zu reden. »Du bist wahnsinnig, Ziv! Er ist nicht dein Freund, er ist Polizist. Was machst du, wenn er dich festnimmt? Das ist ein schweres Vergehen! Gili und ich fahren zum Flughafen und du nach Abu
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