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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung
Autoren: Liad Shoham
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allen eine Chance. Aber du bist ja was Besonderes, nicht? Deshalb bekommst du eine Spezialbehandlung, nur du«, zischte er.
    Entsetzt blickte sie ihn an. Sie rang nach Luft. Sowohl Adi als auch Dana hatten ihr erzählt, dass ihnen der Täter gedroht hatte, sie umzubringen, wenn sie nicht um ihr Leben flehten und kooperierten. Hatte er das gemeint, als er gesagt hatte, sie bekäme keine Chance?
    Sie wollte ihm sagen, dass es ihr leidtue, wenn sie ihn gekränkt habe, dass sie dazu bereit sei, um ihr Leben zu flehen, alles zu tun, was er wolle, doch sie brachte kein Wort heraus.
    Nur einen Schrei stieß sie aus, als er sie derb am Haar packte und mit einem Mal zu Boden riss.

62
    Dori ging nicht ans Telefon. Giladi rief ihn immer wieder an, doch der Teilnehmer war nicht erreichbar, so die automatische Ansage. »Eigenartig«, sagte der Journalist, nachdem er auch beim fünften Versuch nicht antwortete, »Dori ist normalerweise immer erreichbar.«
    Nachum ging noch einmal sämtliche Dinge durch, die Giladi ihm berichtet hatte, prüfte auf Herz und Nieren, was vor seinen Augen Gestalt annahm, während der Journalist weiterredete. Zunächst hatte er sich seine Auslassungen nur mit halbem Ohr angehört, doch allmählich realisierte er, dass sich das Profil eines Mannes darin abzuzeichnen begann, der es genoss, seine Angestellten zu demütigen, der sich wie ein Besessener mit den Vergewaltigungsfällen befasst hatte, der Giladi ständig dazu angetrieben hatte, Einzelheiten der Ermittlungsmaßnahmen herauszufinden, der die Verunglimpfung der Polizei gefeiert hatte. Inzwischen war er nicht mehr sicher, dass die Sache mit den Ringen in dem Artikel unterschlagen worden war, weil dem Redakteur die Bezeichnung nicht gefallen hatte, wie Giladi vermutete. Außerdem hätte er ihm einen anderen Titel geben und trotzdem über die Ringe schreiben können. Auch die Tatsache, dass er regelmäßig im Zodiac gewesen war, ließ bei ihm die Alarmglocken schrillen.
    Obwohl sich die Fakten häuften, nahm er davon Abstand, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen. Dafür hatte er zu viel Erfahrung. Alles war von den Indizien abhängig, konnte erklärt oder sofort widerlegt werden. Als er das letzte Mal bei der Ermittlung überstürzt gehandelt hatte, hatte er den falschen Mann gejagt, sein Leben ruiniert und war suspendiert worden.
    Deshalb hatte er ein Foto von Engel sehen wollen. Er hatte Giladi darum gebeten, ihm Fotos von seinen Kollegen in der Redaktion zu zeigen, um ihn zu verwirren, eigentlich hatte er nur ein Foto von seinem Redakteur sehen wollen. Von der Schlange, wie Giladi ihn nannte. Sein Herzschlag hatte ausgesetzt, als er ihn mit Badehose im Swimmingpool gesehen hatte. Der Mann auf dem Bildschirm passte auf die Beschreibung, die Adi Regev gegeben hatte, und ähnelte auf gewisse Weise Ziv Nevo – was die Größe, den schmalen Körper, den Teint betraf, doch was am wichtigsten war: Auf seinen Armen wanden sich Schlangen-Tattoos.
    Alles schien zu passen – Körperbau, Gesicht, Tätowierung, persönliche Situation, das Bedürfnis, ständig nah an den Ermittlungen zu sein, die Opfer, ihre Familien, die Polizei zu provozieren. Alles passte.
    Was sollte er jetzt unternehmen? Korrekt wäre es, sich an die Polizei zu wenden. Und wenn er sich irrte? Er hatte nicht einen entscheidenden Beweis, nur Vermutungen. Die Polizei würde es nicht eilig haben, einen angesehenen Journalisten festzunehmen, schon gar nicht aufgrund dessen, was ein gescheiterter Ermittlungsbeamter von sich gab.
    »Rufen Sie noch mal an«, befahl er Giladi. Bevor er sich an die Polizei wenden würde, so hatte er beschlossen, wollte er Engel treffen, ihm auf den Zahn fühlen, ihn zum Reden bringen, mehr über ihn erfahren.
    Während Giladi versuchte, Engel zu erreichen, rief er noch einmal Galith Lavi an, wieder ohne Erfolg. Auch sie schien ihr Handy ausgestellt zu haben. Giladis Vermutung, dass Engel sich aufgemacht hatte, um sie persönlich zu interviewen, ließ ihm keine Ruhe. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich kaum interviewen lassen würde. Eine solche Verweigerung konnte Engel in Rage bringen und dann … Nun gut, jetzt ging es ein wenig mit ihm durch.
    Es war elf Uhr abends.
    »Wollen Sie mir wohl endlich erklären, was hier vor sich geht?«, unterbrach Giladi ihn in seinen Gedanken.
    Er warf ihm einen längeren Blick zu, ohne etwas zu sagen, versuchte, zu einer Entscheidung zu kommen. Er konnte nicht mit verschränkten Armen herumsitzen, er musste
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