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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung
Autoren: Raymond E. Feist
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Schwert konnte sie jetzt mehr schützen. Mara verlor ihre Lust am humorvollen Geplänkel. Sie starrte hinaus auf den Horizont und fragte sich, ob sie an diesen fernen, unbekannten Ufern finden würde, was sie so dringend brauchte, um das Überleben der Acoma zu gewährleisten.

    »Land in Sicht!« rief der Wachposten vom Ausguck herunter.
    Mara eilte zur Reling; die morgendliche Brise ließ ihre Wangen erröten. Sogar Kamlio, die nirgendwohin mit Begeisterung ging, folgte. Östlich der Coalteca zeigte sich eine äußerst feine indigoblaue Erhebung – für alle an Bord seit Tagen das erste Mal, daß sie während der flotten, aber ereignislosen Überfahrt ein Ufer entdeckten.
    »Honshoni«, sagte Lujan. »Es heißt, der Honig der Rotbienen aus diesen Bergen wäre süßer als irgendwo sonst im Kaiserreich.«
    Lepala war auch berühmt für seine Seide und seine exotischen Farbstoffe – und die wunderschön gemusterten Stoffe, zu denen jener Reichtum ermutigte. Mara seufzte, sie wollte anhalten und die Märkte auf den Kais im Süden erforschen. Über Xula, Lepala und Rujije gab es bezaubernde Geschichten von Gebäuden mit Türmchen und Galerien mit scharlachroten Brüstungen. Von den Lords von Lepala sagte man, daß sie seltene Fische in Becken hielten und die Zahl ihrer Harems in die Hunderte ging. Die Wohnhäuser hatten durchbrochene Läden, die vor der Sonne schützten und die kräftige Meeresbrise durchließen; ebenso Gärten mit riesigen, an das heiße Klima gewöhnten Blumen, die nur bei Einbruch der Dunkelheit ihre Blüten öffneten, um die Abendluft so lange mit exotischen Düften zu erfüllen, bis die nächtliche Kälte sie veranlaßte, sich wieder zu schließen. Die Straßen waren mit einem Stein gepflastert, der golden schimmerte, wenn er feucht war, und dem Klatsch und Tratsch der Seemänner nach hatten die Verkaufsstände und Bordelle etwas Exotisches. Ihre Geschichten kündeten von erstaunlich berauschenden Getränken, von Gasthöfen voller farbenfroher, in Käfigen eingesperrter Vögel und Speiselokalen, in denen hübsche Mädchen und Knaben den Gästen mit riesigen Federfächern kühle Luft zufächerten. Aber die Coalteca würde in keiner dieser geschäftigen Handelsstädte vor Anker gehen, ehe nicht Mara und die anderen gefahrlos an einer verschwiegenen, unbewohnten Stelle weit hinten in der Bucht zwischen Honshoni und Sweto abgesetzt worden waren. Nur ein paar wenige Fischerdörfer lagen verstreut entlang den Küsten im Norden und Süden.
    Auf einen Teil des Küstenstreifens im Osten erhob die Konföderation von Thuril Anspruch; es war ihre einzige Verbindung zur See. Da die Magier der Versammlung innerhalb der Grenzen des Kaiserreiches überall nach Lust und Laune auftauchen konnten, war Mara mit ihren Beratern übereingekommen, keine unnötige Landung zu riskieren. Die reguläre Fracht der Coalteca sollte auf ihrem Rückweg nach Norden gelöscht werden, und wenn den Schwarzgewandeten oder irgendeinem heimlichen Spion der Anasati die Abweichung von ihrem normalen Segelkurs verdächtig vorkommen sollte, würde die Lady schon weit fort sein, tief im fremden Land und, wenn die Götter gnädig waren, außerhalb ihrer Reichweite.
    Sie landeten einige Tage später an einem Ort, der so trostlos war, wie Mara es sich nur in einem Alptraum hätte vorstellen können. Der Brückenkopf, an dem die Barkasse sie absetzte, war verlassen, ein graublauer Halbmond aus feuersteinartigem, von der See ausgewaschenem Schiefer, um den sich Vögel mit sichelförmigen Schwingen scharten. Während Lujan sie über die Ruderbank hob und ans Ufer trug, kreisten über ihnen weiße und indigofarbene Küstenvögel, deren Schreie über dem Geräusch des Windes und dem Rauschen der Brecher klagend widerhallten. Staub wehte über die rauhen, nur spärlich mit Sträuchern bewachsenen Hügel im Landesinnern. Hinter ihnen erhoben sich die Plateaus des Hochlands, die in der Entfernung graublau schimmerten und am Horizont von Bergen abgelöst wurden, deren Gipfel hoch in den Himmel ragten und sich in leicht dahintreibenden Wolkenmassen verloren. Der Grat der Bergkette bestand aus Schiefer und hatte sich für die Tsurani als uneinnehmbar erwiesen, als sie versucht hatten, Krieg gegen die Thuril zu führen. Immer wieder waren die Kaiserlichen Streitkräfte in dieses unwirtliche Land eingefallen, nur um sich jedes Mal aufs neue von den wilden, nackten Schwertkämpfern mit der bemalten Haut und dem barbarischen Kriegsgeschrei durch die
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