Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taberna Libraria

Taberna Libraria

Titel: Taberna Libraria
Autoren: Sandra Dageroth
Vom Netzwerk:
Mängel des Objekts zu verbergen.
    Silvana tippte auf Letzteres, jetzt, wo sie das Haus
in natura
sah. Überhaupt hatte sie die ganze Anzeige von Anfang an eher skeptisch gestimmt …
    "Was für eine Freude endlich ihre persönliche Bekanntschaft zu machen!", rief Watson als wären die beiden lang erwartete Verabredungen, mit denen er schon hunderte Male telefoniert hatte. Fröhlich schüttelte er ihnen so heftig die Hände, dass beide das Gefühl hatten, noch mehr durchgerüttelt zu werden, als auf der Fahrt hierher. "Sie haben sich da für ein wirkliches Prachtstück entschieden. Ein Schnäppchen, wie sie es kein zweites Mal in England finden werden!"
    Silvana krauste zweifelnd die Nase und ließ ihren Blick die Fassade des Ladens empor gleiten, während sie sich eine rote Strähne aus der Stirn strich.
    Das Haus war zwei Stockwerke hoch, mit einer weiß getünchten, stellenweise allerdings rußgeschwärzten Mauer und schiefergrauen, moosbewachsenen Dachpfannen. Die Stuckeinfassungen der Fenster und der Tür waren in einem dunklen, hier und da bereits abblätternden Tannengrün gestrichen worden, ebenso die drei Stufen, die zu der Eingangstür führten. Flankiert wurde diese Treppe von zwei kindsgroßen Wasserspeiern mit auf dem Rücken gefalteten Flügeln und großen, abstehenden Ohren. Zwei weitere, wenn auch deutlich kleinere Exemplare, hingen über dem Eingang.
    "Hat der Trottel endlich jemanden gefunden."
    "Wäre zu schön, um wahr zu sein."
    Irritiert wandte Silvana den Kopf zu beiden Seiten. Wer hatte da gesprochen?
    "Stimmt etwas nicht, Silvana?" Corrie sah von dem Grundrissplan auf, den Watson ihr unter die Nase hielt, und bedachte ihre Freundin mit einem Stirnrunzeln.
    "Die beiden gefallen mir."
    "Ich dachte, ich hätte etwas gehört." Silvana zuckte die Schultern und lächelte. "War bestimmt nur der Wind in den Ästen."
    "Was hat sie gesagt?"
    "Halt die Klappe, Snick!"
    "Kann sie uns hören?"
    Silvanas Blick wanderte suchend über die Straße und die Fassade des Hauses. Woher kamen diese flüsternden Stimmen? Und warum hörte Corrie nichts?
    Silvana schüttelte den Kopf. Der eine Kaffee am Morgen war eindeutig falsch gewesen.
    Sie hätte wenigstens noch eine zweite Tasse trinken sollen.
    Hinter ihr klatschte Watson voller Tatendrang in die Hände und zog einen Schlüsselbund aus der Tasche, der an einer Art Kristallkugel hing. "Dann zeige ich Ihnen beiden das Schmuckstück mal von innen, oder?"
    Corrie hielt ihm die Hand hin. "Dürfte ich, Mr. Watson? Ich denke der erste Schritt über die Schwelle gebührt den möglichen neuen Besitzern."
    Silvana war vorsichtig näher an die Wasserspeier herangetreten und betrachtete sie eingehend. "Denkst du wirklich, dass dies der richtige Laden für uns sein könnte?", fragte sie über ihre Schulter.
    "Die ist aber mal skeptisch!"
    "Halt doch die Klappe, Snick!"
    Eine tiefe Falte begann sich über Silvanas Nasenwurzel zu bilden. Hier vorne waren die Stimmen eindeutig lauter ... Aber das konnte doch nicht sein. Nicht nach so langer Zeit. Das war absolut lächerlich. Alleine schon der Gedanke …
    Corrie klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter und hielt die Schlüssel hoch wie einen Pokal. Die grauen Wolken des Himmels spiegelten sich in der glatten Oberfläche der Kugel. "Findest du die Gargoyles etwa nicht toll? Die hat man auf den Fotos im Internet gar nicht richtig gesehen."
    "Sie weiß, dass wir Gargoyles sind! Fantastisch!"
    "Snick!"
    "Schon", erwiderte Silvana zögernd und fuhr mit den Fingern über die gefalteten Steinflügel des linken Wasserspeiers. "Besonders den hier mit seinem Ziegenbärtchen."
    "Hey, die Dame hat Geschmack!"
    "Fang du nicht auch noch an, Claw!"
    "Wo ist dann das 'Aber'?", wollte Corrie wissen.
    Silvana seufzte unhörbar. Bilder von früher huschten in Sekundenschnelle vor ihrem inneren Auge vorbei. Von den Fresken am Haus ihrer Eltern und den Grotesken an der kleinen Kirche in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen war. "Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob ..."
    Watson unterbrach Silvana, indem er den beiden Frauen schwungvoll die Arme um die Schultern legte und sie die Treppe hinauf vor den Eingang zog. "Bitte sehr, Ms. Vaughn", verkündete er lautstark. Zurückgeworfen von der Holztür schien seine Stimme zu scheppern, "walten Sie Ihres Amtes als Schlüsselmeisterin!"
    Corrie warf ihrer Freundin noch ein aufmunterndes Lächeln zu, dann schob sie den Schlüssel in das Schloss. Zu ihrem Erstaunen ließ er sich leicht, und ohne ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher