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Taberna Libraria

Taberna Libraria

Titel: Taberna Libraria
Autoren: Sandra Dageroth
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"Also gut. Bitte, die Überraschung gebührt dir."
    Corrie nahm die auf dem Boden liegenden Enden des Lakens auf. "Ta-Da!"
    Silvana hob die Brauen. "Wow!"
    Auch Corrie staunte. "Der ist wirklich - unglaublich."
    Unter dem Tuch war ein großer Standspiegel verborgen gewesen. Seine Oberfläche wies keinerlei Risse oder Verschmutzungen auf, so als wäre er gerade erst geputzt worden. Sein Rahmen bestand aus grünlichem Metall, vielleicht oxidiertem Kupfer, und schien auf den ersten Blick eine Szene aus dem Garten Eden darzustellen. Rechts stand ein Mann, links eine Frauengestalt, unter ihnen Gräser und Blüten und über ihnen ein kunstvolles Geflecht aus Ästen und Blättern. Erst auf den zweiten Blick sah man, dass lediglich die Frau menschlich aussah. Der Mann hingegen schien pelzige Gesichtszüge zu besitzen und Tatzen statt Füßen; außerdem wuchs ihm eine Hunderute. Jedes Detail war so plastisch und fein ausgearbeitet worden, als habe man sein Original vor sich - und nicht eine metallene Nachbildung. Fast konnte man glauben, die Blätter rauschen und das Gras rascheln zu hören. Eine feine, süß duftende Brise schien durch den Raum zu schweben …
    Silvana blinzelte. "Na komm, Corrie, wir müssen uns beeilen."
    Ihre Freundin nickte, wenn auch etwas widerstrebend. "Na gut. Aber ich frage Mr. Watson, ob wir zumindest den Spiegel behalten könnten. Die Tiere müssen nicht unbedingt sein - und was sonst vielleicht noch unter den Tüchern lauert."
    Mit einem letzten Blick auf den Spiegel folgte sie Silvana, die bereits vor der nächsten Tür links von dem Raum stand. Gemeinsam warfen sie jeweils aber nur noch kurze Blicke in die übrigen Zimmer - einen leeren Gästeraum, das große Badezimmer und zwei weitere Räume, die Corrie spontan zu ihren Schlafräumen erklärte. "Geräumig", stellte sie noch einmal fest, während sie in den halbdunklen Laden und zu Mr. Watson zurückgingen. "Und wir sind nah bei unseren Büchern."
    "Aber wenn du während der Öffnungszeiten mit deinem Nachthemd ins Bad willst, sieht halb Woodmoore, was du im Bett trägst."
    "Und sie werden vor Neid erblassen", kicherte Corrie.
    "Was du nicht sagst. Ich wollte noch nie rosa Hemden mit weißen Kuschelhasen drauf haben."
    Corrie streckte ihr die Zunge heraus. "Die sind niedlich."
    Mr. Watson, der scheinbar vor der Eingangstür gestanden hatte, kam ihnen entgegen. "Und? Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?"
    "Ist schon alles nicht so schlecht wie auf den ersten Blick", antwortete Corrie vage und versuchte dabei ihre Begeisterung im Zaum zu halten. Schließlich wollte sie sich die Option offen halten, noch mit dem Makler zu verhandeln. Und wenn er merkte, dass sie das Haus
um jeden Preis
haben wollen würde, schmälerte das ihre Erfolgsaussichten ganz erheblich.
    "Ich versichere Ihnen, dass Sie hier ein wirklich solides, haltbares und vor allem
besonderes
Schmuckstück erwerben werden. Und lassen Sie sich bitte nicht von Woodmoores erstem Eindruck täuschen. Die Leute hier lesen wirklich sehr gerne und warten schon seit Jahren sehnsüchtig auf eine Wiedereröffnung. Sie werden sich keine Gedanken um Ihr Einkommen zu machen brauchen. Woodmoore wirkt nur nach außen so verschlafen - lernen Sie es von Innen kennen und sie werden begeistert sein." Er zwinkerte Corie vielsagend zu.
    "Trotzdem würden wir gerne noch eine Nacht darüber schlafen", wandte Silvana ein.
    Mr. Watson neigte verstehend den Kopf. "Aber natürlich. Zwei junge Frauen wie Sie sollten in Ruhe überlegen, ob sie das Abenteuer wagen wollen, das hier auf sie wartet. Da sollte man nicht zu überstürzt handeln. Aber hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, wenn ich Ihnen diesen Rat geben darf." Er streckte die Hand aus und Corrie gab ihm die Schlüssel wieder. "Ich gehe davon aus, dass Sie mich morgen aufsuchen werden, wenn Sie sich entschieden haben?", fragte er im Hinausgehen. Draußen waren bereits die Laternen angegangen. Die Sonne schien beinahe gänzlich versunken, auch wenn man sie hinter den Wolken ohnehin nicht sehen konnte.
    Corrie nickte. "Sobald wir uns einig geworden sind."
    "Sehr schön." Mr. Watson tippte kurz an seine Schläfe. "Ich wünsche noch einen schönen Abend. Das
Woody Inn
, wo Sie vermutlich die Nacht verbringen werden, finden Sie übrigens am schnellsten, wenn Sie jetzt nach links gehen, am Ende der Straße wieder links und schräg rechts über den Marktplatz. Ich kann die morgendlichen Pfannkuchen nur empfehlen." Damit wandte er sich in die entgegengesetzte Richtung und
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