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Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Titel: Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)
Autoren: Claudia Schreiber
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unterbrach sie ihn. »Und Galle hat mitgemacht?«
    »Er hat sie im Feld gefunden, schwer verletzt.«
    Nette fragte: »Was ist denn hier los?«
    Niemand antwortete ihr.
    Annie fragte Paula kühl: »Du wohnst auch hier?«
    »Ja.«
    »In diesem Hotel?«
    »In dieser Stadt.«
    »Und was soll aus dem kleinen Gangster werden?«
    Jetzt antwortete Karl für Paula: »Es ist nicht ihr Kind, glaub mir das, nicht ihr Kind.«
    »Nicht mein Kind«, plapperte die Mutter wider Willen nach.
    Annie war sich sicher, dass er ihr das eingeredet hatte, damit sie sich leichter fühlt. Paula war diese Aussprache ganz offensichtlich unangenehm, man musste sie dazu gezwungen haben.
    »Wissen deine Eltern davon?«, fragte sie nun. Paula schüttelte den Kopf.
    »Darf ich jetzt gehen?«, bat sie den Apotheker.
    »Ja. Danke, dass du gekommen bist, und vergiss nicht, was ich dir gesagt habe!«
    So drehte sie sich um und ging durch das Foyer zum Ausgang. Annie war das zu schnell: »Wars das etwa?«
    Karl nickte.
    »Sehe ich die nie wieder?«
    »Tja.«
    Sie sprang auf, lief Paula nach, erwischte sie gerade noch im kleinen Hof bei den Brunnen, hielt sie am Arm fest: »Komm vorbei, wenn du ihn sehen willst, ich weiß, wo er
großgezogen wird.«
    Paula schüttelte den Kopf.
    »Was wirst du denn machen?«, fragte Annie.
    »Wann?«
    »Na, immer, in deinem Leben?«
    »Egal, irgendwas.«
    Paula riss sich los in Richtung Straße.
    Annie rief hinterher: »Geh viel spazieren.«
    Paula drehte sich noch einmal um: »Wohin?«
    »Na, an der frischen Luft.«
    Paula schüttelte den Kopf: »Du bist so …«
    »Was?«
    Sie zögerte: »Ich weiß nicht, simpel.«
    Dann ging sie davon.
    Annie berührte die Hauswand des Palais, wieder ein herrlicher Stein – simpel wie sie, so war das. Aus Paulas Sicht war sie wohl eine Fritzi, machte sie sich klar, das Dummchen
vom Dorf, eine nützliche Idiotin. Dabei waren sie sich so nah gekommen, Annie hatte alles an ihr gesehen, dazu ihr Blut und ihren Schweiß an den Händen gehabt, ihren Hunger und
Durst gestillt, die Angst geteilt, Tränen getrocknet – und doch keine Nähe erlebt, kein bisschen Freundschaft genossen. Als Paula jemanden gebraucht hatte, war Annie ihr gut
genug gewesen, danach nichts weiter. Otto wird immer seine Mutter suchen und sie nie finden, geschweige denn seinen Vater. Vielleicht war das gut so.
    »Ich kriege keine Belohnung, oder?«, murrte sie, als sie zu den anderen zurückging.
    Der Apotheker schaute sie erstaunt an: »Du hast zwei Menschenleben gerettet, das kommt dir später mal zugute.«
    »Wann später?«
    »Im Himmel oder als Karma, was weiß ich.«
    Sie winkte ab: »Ich hab gedacht, da kommt mal irgendwer und ist mir total dankbar für alles.«
    »Ich bin dir überaus dankbar. Ich bezahle dieses sündhaft teure Haus, ist das keine Belohnung?«
    »Sind wir deshalb hergefahren, um Paula zu sehen?«
    »Und Dresden zu sehen, um das Hotel zu erleben, den Kirschkern, und mir zur Strafe, wenn du so willst.«
    »Weil Sie mich verpfiffen haben.«
    »Ja, irgendwie ja.«
    »Apotheker verdienen gar nicht so schlecht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Steht in der Zeitung.«
    »Das hab ich nun davon.«
    Nette saß aufgewühlt im Sessel: »Wer war das denn?«
    Annie antwortete: »Erzähl ich dir später.«
    Karl stand auf und reichte Annie die Hand: »Entschuldige.«
    Nette ließ nicht locker: »Ottos leibliche Mutter, nicht wahr? So jung, das arme Ding.«
    Annie fragte den Apotheker: »Was haben Sie ihr denn gesagt, was sie nicht vergessen soll?«
    »Sie soll sich eine Regenjacke kaufen.«
    »Aha, wozu?«
    »Um viel spazieren gehen zu können.«
    Annie grinste breit.
    Er lächelte: »Ich heiße übrigens Karl.«
    »Jetzt auf einmal?! Auch für mich?«
    »Es wäre mir eine Ehre.«

BLÜTEZEIT
    O ben im Zimmer beobachtete Annie beeindruckt, wie die Zimmermädchen die Räume für die Nacht vorbereiteten, damit die Gäste
kein bisschen Arbeit hatten, bevor sie zu Bett gingen. Sie öffneten den Fernsehschrank und drehten das Gerät so zum Bett, dass man von dort den Bildschirm perfekt sehen konnte. Die
Fernbedienung wurde mitsamt einem aktuellen Programmheft ans Bett gelegt, frisches Obst auf den Tisch gestellt, Konfekt dazu, die Decke etwas aufgeschlagen, saubere Hausschlappen davorgestellt,
auch noch einen Bettvorleger, damit die reichen Füße ja keinen Hauch schmutzig wurden.
    Man wurde als reicher Mensch verwöhnt, als wäre man im Paradies. Doch wenn man das jeden Tag und jeden Abend hat,
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