Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Titel: Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)
Autoren: Claudia Schreiber
Vom Netzwerk:
geschnitten war wie Papier und so knusprig gebraten, dass er sofort auf der
Zunge bröselte und einfach köstlich schmeckte; bei ihr daheim pikte oder labberte der Speck, wenn sie überhaupt welchen zum Frühstück zubereitete.
    Ihr schien alles perfekt, nur dass Galle hier an diesem edlen Büfett scheinbar dasselbe aß wie üblich, störte sie: Leberwurstbrötchen und saure Gurken.
    »Nimm doch was Teures, Galle. Etwas, was sonst für dich nicht zu haben ist! Hier, der Lachs.«
    Sie schaute ihn dabei so streng an, dass er erschrak und beinahe den Appetit verlor. Schließlich stand er bedrückt auf, legte sich die rechte Hand aufs Herz und schwor: »An
Lenins Grab nehme ich meine Mütze ab, wenn Tschaikowsky spielt, nehme ich meine Mütze ab, aber in so einem Coca-Cola-Laden?!«
    Nette antwortete: »Ich kenne deinen Film nicht.«
    Galle lächelte sie an.
    Eine ältere Küchenhilfe, die eben das verschmutzte Geschirr einsammelte, hatte Galle zugehört und starrte ihn fassungslos an.
    In der Küche sprach sich die Geschichte herum, unter den Gästen gebe es wahrhaftig einen allerletzten aufrechten Kommunisten.
    Fritzi kam in den Frühstücksraum geschlendert.
    »Wo warst du denn heute Nacht?«, fragte Annie. »Und wo ist der zittrige Opa?«
    Fritzi winkte ab, sie solle still sein. Sie griff sich alles, was es zu essen gab, verschlang es und steckte sich noch Croissants als Reiseproviant in die Taschen.
    Beim Abschied weinte die Bäckerin, drückte den Portier fest an ihre große Brust und gab dem Concierge so viele nasse Küsse, dass die beiden Männer gar nicht wussten,
wohin mit ihrer Verlegenheit.
    Galle wurde von einer Delegation alter Angestellter per Handschlag verabschiedet: »Freies Holz wächst, wo es will.« Galle antwortete: »Yankee go home!« Begeistert
winkten sie ihm nach.
    Auf der Rückfahrt schüttelte Fritzi ununterbrochen den Kopf. Sie wird sich mit Parkinson angesteckt haben, befürchtete Annie. Doch sie wackelte nicht so zittrig
wie der alte Mann, sondern langsam und ungläubig, ein Hauch Erschrockenes war auch mit dabei. Wenn Annie sie ansprechen wollte, giftete Fritzi bissig, sie solle sie in Ruhe lassen, sie
müsse nachdenken.
    Annie staunte: »Ausgerechnet du?«
    »über zukunft so.«
    »Du meinst, was du morgen machst?«
    »nee, beruf un das.«
    »Wie bitte, du sprichst von Arbeit?«
    »fresse jetz.«
    Nach zweihundert Kilometern zeigte Fritzi Annie, ohne dass die anderen Mitfahrer es sehen konnten, was sie in ihrer Tasche vergraben hatte: zehn Hunderterscheine. Annie starrte ihre Freundin an
und fragte flüsternd: »Wie willst du die gewechselt kriegen?«
    »das is einziges problem für dich eh«, keifte Fritzi.
    »Geklaut?«, flüsterte sie erschrocken.
    Fritzi schüttelte sich wieder: »das binnisch wert, sachter, das hier ne, binnisch wert.«
    »Was musstest du dafür machen?«
    Sie ahnte Schreckliches, war ja Forscherin auf diesem Gebiet.
    »er sachte, bitte bitte noch mal. einmal im leben. macht mir nix, habisch mich zu ihm gelegt, zehn grüne, hammer ne?«
    »Du hast mit dem gepennt, ja bist du bekloppt?«
    »dem war kalt, habbich warm gemacht, mehr net, isch schwör.«
    »Kein Sex?«
    Fritzi war stinksauer: »meinste, ich blas dem einen?«
    Annie nickte.
    »boh bist du krank eh. dem opi war nur kalt.«
    Fritzi schaute konzentriert auf ihre zehn Finger. Annie war überzeugt davon, dass ihre Freundin sich auf diese Art klar darüber werden wollte, wie viel zehn wirklich sind.
    »wenn das jede nacht«, fragte sie, »wie viel dann alle zusammen?«
    »Welche zusammen?«
    »von andere kalte männer?«
    »So ein Geschäft machst du nur einmal im Leben.«
    »ich hab in des hotel viele zittern sehn.«
    »Das war ein teurer Ausflug, da kommst du nie mehr rein!«
    »wie viel, wenn jeden tag?«, fragte sie schon wieder.
    »Fritzi!« Jetzt redete Annie beinahe wie eine ihrer Lehrerinnen: »Man verdient nicht so viel an einem Tag, es sei denn …«
    Fritzi packte sie am Hals und würgte sie: »sach, wie viel?«
    Sie nickte, und Fritzi ließ sie los.
    »Bei einer Fünftagewoche im Monat, wenn du Urlaub rechnest im Jahr … einen Monat, bei dem anstrengenden Job rechne mal mit mehr, das sind …«
    Annie schloss die Augen, rechnete wohl zu langsam, nun packte Fritzi wieder zu, würgte ihre Kehle, starrte sie ungeduldig an, drückte weiter auf ihre Stimmbänder. Mühsam
brachte Annie hervor: »Zweihunderttausend.«
    Endlich ließ Fritzi los, Annie räusperte sich und rieb ihren Hals.
    »im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher