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Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Titel: Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)
Autoren: Claudia Schreiber
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überlegte Annie, wird der Tag kommen, da man meckert, wenn der
Fernseher nicht richtig hingeschoben ist oder mal ein Pantoffel zu viel bereitliegt. Besser, man ist reich für eine Nacht und dann nix wie weg.
    Galle wurde von den Zimmermädchen angehimmelt, besonders nach seiner Bemerkung Ich habe alles versucht, das können Sie mir glauben. Aber für heute Abend sieht
es gut aus waren sie ganz verrückt nach ihm, und bei Das Flugzeug landet um 4 Uhr 30 – falls diese Dreckskommunisten es nicht
abschießen hielten sie ihn für einen Traumtypen.
    Abends genoss die Gruppe ein tolles Essen, das Restaurant in Blau, die Bäckerin in Rosa, Fritzi in Weiß und Silber. Galle wurde die Serviette von den jungen Kellnerinnen mehrmals
bewusst langsam auf den Schoß gelegt. Karl bemerkte das mit einem Schmunzeln und suchte vergeblich jemanden, der ihm Ähnliches antat.
    Die Bäckerin hob ihr Glas und trank auf das Wohl aller. Parfüm hatte sie auch gekauft und sich mächtig eingesprüht damit.
    »Ich möchte essen, was ich noch nie in meinem Leben geschmeckt habe«, wünschte sie sich und bestellte Austern.
    Der Kellner fragte freundlich: »Welche Sorte möchten Sie, wir servieren französische und holländische.«
    »Das ist mir gleich«, hat sie ihm lächelnd geantwortet. »Ich will ja nicht mit ihnen sprechen.«
    Fritzi kippte ihre Suppe auf den Boden, woanders hätte es ein Theater gegeben, hier aber kamen schnell zwei Leute, entschuldigten sich bei ihr statt umgekehrt und wischten die Lache auf.
Reiche Leute, dachte Annie, konnten sich benehmen, wie sie wollten, es machte gar nichts aus. Sie beobachtete die Gäste genauer: Die Stimmung an manchen gut gedeckten Tischen schien wie bei
ihnen an der Bushaltestelle morgens um sechs bei Nebel. Ernst wirkten die meisten, manche gar unglücklich wie Nette nach einem Hagelschlag. Lachten wenig, sprachen kaum miteinander, guckten
aneinander vorbei, insbesondere die Ehepaare; es wird etwas vorgefallen sein, mutmaßte sie, vielleicht war es die Steuer oder das steife Knie.
    Fritzi genierte sich nicht, ohne jede Rücksicht und Anstand einen sehr alten Mann zu beobachten, der allein an einem Tisch saß und zu essen versuchte. Er zitterte stark, so als wolle
er sich mit seinen Händen Luft zuwedeln. Mühsam nahm der Alte sein Weinglas mit beiden steifen Händen, der Rotwein schwappte zum Mund, spritzte aufs Hemd. Das Gemüse kullerte
von der Gabel, mit den Fleischstücken passierte das Gleiche, er bekam das Essen nicht in den Mund. Das elegante Personal sah darüber hinweg, als sei nichts geschehen.
    Fritzi stand auf und ging schnurstracks hin zu ihm, alle starrten ihr nach, und Karls Gesicht wurde gar schamrot. Annie zog den Kopf ein, sie wollte nicht zu der Doofen gehören, die sich
gleich blamieren würde.
    Fritzi sagte dem Opa kurz was, was sie nicht verstehen konnten. Der Mann nickte, er musste ihr Kauderwelsch tatsächlich verstanden haben, dann setzte sie sich neben ihn, der Alte schien
sich zu freuen. Fritzi half ihm, fütterte ihn, schenkte ihm ein, wischte ihm den Mund ab, unterhielt sich mit ihm, lachte und aß nun selbst. Der Opa schien entzückt zu sein. Auch
ihr hing mal ein Krümel am Kinn, oder sie kleckerte wieder mit der Suppe, mit ihm zusammen fiel das aber nicht weiter auf.
    »Ich muss schon sagen«, meinte Karl anerkennend. »Das habe ich ihr nicht zugetraut.«
    »Wir sollten sie zurückholen«, sagte die Bäckerin.
    Nette schüttelte den Kopf: »Ihm gefällts, das ist die Hauptsache. Sie wird schon kommen, wenn er satt ist.«
    Sie sollte sich täuschen, denn Fritzi half ihm nach dem Essen, vom Tisch aufzustehen, er stützte sich auf ihren Arm, und sie führte ihn Richtung Ausgang. Noch dachte die Runde,
Fritzi sei unter die Samariter gegangen, doch dann schmatzte sie ihm ein Küsschen auf die Wange, sodass der Alte rot wurde vor Freude, und das ungleiche Paar verschwand aus dem Restaurant.
    »Na, das ist ja mal was!«, staunte die Bäckerin. »Dieses kleine Luder.«
    Karl wandte ein: »Sie will ihm bloß helfen.«
    »Wie naiv bist du denn?«, fragte Nette.
    Fritzi blieb die ganze Nacht über fort, Annie war so komfortabel wie nie zuvor untergebracht und konnte doch vor Sorge kaum schlafen.
    Beim Frühstück staunte Nette weiter über den Überfluss, es war, als müsse sie mit ihren Augen alles fotografieren, was ihr vor die Linse kam: die
elegant zurechtgelegten Ananasstücke, die nicht zu fette Leberwurst, der Frühstücksspeck, der so dünn
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