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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond
Autoren: L Burton
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sein, aber diese Sache mit Darius, Elic und Inigo … es ging nicht darum, dass der Stamm Götter anbetete, davon gab es schließlich Dutzende. Aber diese speziellen Götter lebten immer noch in Grotte Cachée. Ich hatte sie kennengelernt, du liebe Güte. Sollte ich ernsthaft glauben, dass sie keine Menschen waren, sondern göttliche, sexbesessene Wesen, die Tausende von Jahren alt waren?
    »Du hast deinen Vater angelogen.«
    Ich drehte mich um. Adrien stand im Eingang, in einem silbergrauen Anzug, einer Krawatte in derselben Farbe. Die Hände hatte er in die Taschen gesteckt. Anscheinend war er gerade von seinem Termin in Lyon zurückgekommen. Unwillkürlich fragte ich mich, wie lange er dort schon gestanden haben mochte.
    »Du hast gar nicht die Absicht, ihm als administrateur nachzufolgen«, schalt er mich sanft. »Das hast du ihm nur gesagt, um ihn zu beruhigen.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    »Ich war nicht so sicher, bis ich dich hier gesehen habe. Ich muss zugeben, dass ich erleichtert bin. Es ist das Beste so.« Er blickte auf das Buch, während er sein Jackett ablegte. »Ein bisschen viel, um es auf einmal zu verdauen, was?«
    Er wirkte entspannt und beherrscht, als versuche er auszublenden, was genau hier am Tag zuvor passiert war. Gestern war es mir schon schwergefallen, ihn anzusehen, aber heute war es geradezu eine Qual.
    Ich hob das Buch und sagte: »Was ist das eigentlich? Ein mehrbändiger Fantasy-Roman, der tatsächliche historische Ereignisse mit mythologischen …«
    »Es ist keine Fiktion.« Adrien nahm eine Schachtel Sobranie Black Russians und ein goldenes Feuerzeug aus der Innentasche seines Jacketts, bevor er es über die Rückenlehne eines
schmiedeeisernen Stuhls hängte. Er setzte sich und lockerte seine Krawatte.
    »Ach, willst du behaupten, es sei alles wahr? Selbst der Teil mit den Follets?« Adrien bildete sich das wahrscheinlich alles nur ein, und mein früher so rationaler Vater hatte sich irgendwie komplett hineinziehen lassen. Aber war es angesichts seiner angegriffenen Gesundheit und des Wissens, dass Stress seinen Zustand nur noch verschlimmerte, überhaupt ratsam, es ihm ausreden zu wollen? Vielleicht sollte ich ihn einfach glauben lassen, was er glaubte.
    »Das Buch ist ein nüchterner, auf Tatsachen basierender Bericht über Leben und Geschichte der Vernae, geschrieben von Brantigern, dem Protektor«, sagte Adrien. »Ich habe ihn nur aus dem Gallischen ins Französische übersetzt, und dein Vater hat den Text nach und nach ins Englische übertragen.«
    »Bereitet es dir keine Sorgen, dass eine reine ›Zivilistin‹ an dieses ach so geheime Dokument gekommen ist?«, fragte ich.
    »Du würdest niemals ausplaudern, was du hier erfahren hast«, sagte Adrien mit ruhiger Gewissheit.
    »Woher willst du das wissen? Von meiner Aura?«
    »Ich weiß das, weil du zuverlässig und vertrauenswürdig bist und deinen Vater viel zu sehr liebst, als dass du das verraten würdest, was ihm wichtig ist. Auch nicht nach seinem Tod.«
    »Du erzählst ihm doch nicht, dass ich nicht wirklich vorhabe, seine Nachfolge anzutreten, oder? Er ist so krank. Er braucht nicht …«
    »Nein, natürlich nicht. Aber es ist gut, dass ich es weiß. Dann kann ich mich um einen Ersatz kümmern. Du erlaubst?«, fragte er und nahm eine Zigarette aus der Schachtel.
    Ich nickte. »Und sag ihm auch nicht, dass du von seiner Krankheit weißt – bitte. Er muss es dir von sich aus sagen. Er ist so zurückhaltend, so stolz und gefasst.«

    Adrien zündete die schwarze Zigarette mit dem goldenen Mundstück an und sagte, nachdem er den ersten Zug inhaliert hatte: »Ich habe schon vor über einem Jahr gemerkt, dass mit deinem Vater etwas nicht in Ordnung war, weil seine Aura dunkler wurde. Ein- oder zweimal machte ich eine beiläufige Bemerkung, aber er wehrte ab, und so schwieg ich. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, wann ich den Mund halten muss.«
    »Ich bin dir sehr dankbar dafür.« Ich blickte auf meine Armbanduhr und sagte: »In einer knappen Stunde muss ich zum Flughafen aufbrechen. Da Dad nicht mehr so viel reisen darf, möchte ich ihn gerne alle paar Wochen besuchen kommen, wenn das für dich in Ordnung ist.«
    Adrien ließ seine Zigarette sinken. In seinen Augen stand eine Spur von Qual und Verzweiflung. »Es tut mir weh, dass du das noch fragst …« Er senkte den Blick und schüttelte leicht den Kopf, als wolle er sich ermahnen, nicht zu viel preiszugeben. Dann blickte er wieder auf und sagte: »Du bist
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