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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
Autoren: Kai Meyer
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Stiefel. Das unmenschliche Schreien brach ab. Zuletzt erstarb auch das letzte Zittern inmitten des bizarren Knochengewirrs.
    Junis konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, als er sich humpelnd und mit rasselndem Atem zwei, drei Schritte von dem Kadaver entfernte.
    Dann entdeckte er dreierlei.
    Als Erstes die Massen aus Kali-Assassinen, die wie ein Heuschreckenschwarm aus dem Staub auftauchten und auf ihren acht Gliedern den Steilhang des Berges erklommen, scharrend und rasselnd und zischelnd immer näher kamen.
    Als Zweites seinen Teppich, der nur wenige Meter neben ihm am Boden lag, flach ausgebreitet unter einer Schicht aus Knochensplittern und Sand.
    Und zuletzt den verdrehten Frauenleib, hingeschleudert zwischen verkohlten Dschinnen, rußgeschwärzten Waffen und den weitverstreuten Überresten des Knochenthrons.
    Maryam hob den Kopf, sah ihn und blickte zugleich an ihm vorbei – hinauf in den Himmel. Ihre Augen weiteten sich.
    »Jibril«, stöhnte sie.
    Junis stolperte durch die Asche verbrannter Dschinne auf sie zu, fiel neben ihr auf die Knie und untersuchte ihren Körper flüchtig nach Verletzungen. Sie blutete aus vielen Wunden, aber er konnte nicht erkennen, wie schlimm es wirklich um sie stand.
    Bebend streckte sie eine Hand aus, hinauf zum Himmel über dem Tal. Weiße Reflexe der Lichttentakel flirrten über ihre Züge. »Sieh… doch.«
    »Sie werden gleich hier sein«, keuchte er atemlos. »Kali-Assassinen… der ganze Hang wimmelt von ihnen.« Während er die Worte aussprach, wurde ihm bewusst, was er tatsächlich damit sagte: dass die Schlacht verloren war, die Sturmkönige besiegt und dass sich die Kreaturen nun den letzten Überlebenden zuwandten, hier oben auf dem Berg.
    »Jibril!«, stieß Maryam abermals aus, und diesmal folgte er widerwillig ihrem Blick.
    Die Fangarme aus weißem Licht flimmerten, wurden dünner, zogen sich zusammen. Die Kraft des Jungen war aufgebraucht. Er schwebte dort oben am Himmel, noch immer von einer gleißenden Kugel umgeben, aber er war nicht länger allein inmitten des Lichts. Die beiden Dschinnfürsten auf ihren fliegenden Thronen hatten ihn von zwei Seiten angegriffen. Schattenfäden faserten aus ihren Händen, bildeten einen schwarzen Kokon um Jibril. Und nun, da Junis’ Augen sich an die Helligkeit gewöhnten, erkannte er, dass Jibril sich nicht mehr bewegte, fast waagerecht auf den Lüften trieb, während sich die Schatten um ihn zusammenzogen und das Licht mehr und mehr verschluckten. Die Dschinnfürsten nahmen ihn in ihre Mitte, während sie ihr zitterndes Gewirr aus Dunkelfäden sponnen, wahrscheinlich kein so mächtiger Zauber, wie ihn die Kettenmagier zustande gebracht hätten, aber er reichte aus, um den entkräfteten Jibril zu bannen.
    »Müssen ihn… retten«, flüsterte Maryam. »Ohne ihn ist… alles verloren.«
    »Erst mal müssen wir uns selbst retten«, widersprach Junis und schob seine Arme unter ihren geschundenen Leib. Von hier aus konnte er die Kali-Assassinen hinter der Felskante nicht sehen, aber er hörte das Scharren und Rasseln ihrer Hornpanzer näher kommen.
    »Nein!« Maryam schien ihre letzte Kraft in diese Worte zu legen. »Jibril… müssen ihm helfen!«
    Junis hob sie hoch und schleppte sich mit ihr zum Teppich. Er wusste nicht, ob das Knüpfwerk sie beide noch tragen konnte, ob überhaupt noch Leben in ihm war. Aber er hatte den Teppich kaum betreten, da spürte er ein Beben unter sich und wusste, dass sie eine Chance hatten.
    Der Lärm der Kali-Assassinen wurde lauter.
    Oben am Himmel verschmolzen Jibril und die Dschinnfürsten zu einem einzigen dunklen Punkt.
    Junis legte Maryam quer über den Teppich, hockte sich vor sie und grub mit einer gemurmelten Beschwörung die Hand ins Muster. Die Stränge und Fäden saugten sich als Schlaufen und Schlingen um seine Finger. Er gab seine Befehle, und im nächsten Augenblick löste sich das Knüpfwerk vom Felsboden.
    Die Kali-Assassinen strömten über die Felskante. Auf ihren sechs Armen und zwei Beinen kletterten sie wie Spinnen in changierenden Farben über die Bergkuppe.
    Der Teppich stieg steil nach oben. Junis musste Maryam mit einem Arm festhalten, um sicherzugehen, dass sie nicht über die Fransenkante rollte. Ihre Lippen formten Worte, fast tonlos. Dazwischen der Name Jibrils, immer wieder. Jibril, der sie alle geopfert hatte, um Kraft zu sammeln für den einen großen Zauber. Jenen Zauber, der zu spät gekommen war oder zu schwach war oder aus weiß der Teufel welchen Gründen
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