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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
Autoren: Kai Meyer
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wenige Meter entfernt. Almarik mochte ihn vor einige Rätsel stellen, aber im Vergleich zu ihm war Khalis ein einziges großes Mysterium. Der Hofmagier des Kalifen setzte ihrer aller Leben aufs Spiel, um das seiner Tochter zu retten, obgleich sie ganz offensichtlich tot war; er behauptete, die Menschheit vor der Vernichtung bewahren zu wollen, dabei hatte er selbst nicht die geringste Spur von Menschlichkeit gezeigt, als Almarik den Ifrit vor seinen Augen gequält hatte; und obgleich er ein so umfassendes Wissen über den Dritten Wunsch und die Spaltung der Welt besaß, wollte er sie glauben machen, dass er keine Ahnung hatte, was sie an ihrem Ziel erwartete.
    Tarik traute dem alten Mann nicht. Noch heute Morgen hatte er geglaubt, sich vor allem vor Ifranjis Jähzorn und ihrem Dolch in Acht nehmen zu müssen. Allmählich aber erschien ihm die Diebin fast wie eine enge Vertraute im Vergleich zu ihren übrigen Reisegefährten. Selbst das verfluchte Pferd erwies sich als unberechenbar.
    Nicht, dass er das nicht vorausgesehen hätte.
    »Nachtgesicht«, rief er dem Schwarzen zu, »wir folgen dem Elfenbeinpferd noch bis zu den Ausläufern der Berge. Falls es dann nicht wieder den Kurs nach Süden einschlägt, übernimmst du die Führung.«
    Nachtgesicht nickte und ignorierte den aufmunternden Knuff in seine Seite, den ihm die stolze Ifranji verpasste. »Irgendwann mussten sie ja einsehen, dass auf dich mehr Verlass ist als auf diesen dummen Gaul.«
    Sabatea beugte sich enger an Tariks Ohr. »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?« Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel, wie sie darüber dachte, und er fragte sich, warum sie ihm das nicht offen ins Gesicht sagte, wie es doch sonst ihre Art war.
    Im nächsten Augenblick aber begriff er, denn Almarik rief: »Ich wusste nicht, dass jetzt du allein die Entscheidungen für uns alle triffst!« Genau das hatte Sabatea vermeiden wollen: Tariks Autorität vor den anderen in Frage zu stellen.
    Gelassen ging er über den Einwurf des Byzantiners hinweg und senkte seine Stimme, bis er sicher war, dass nur Sabatea ihn verstehen konnte. »So weit wird es nicht kommen, hoffe ich. Anfangs sind wir schnurstracks in südliche Richtung geflogen. Es hat eine Weile gedauert, ehe das Pferd den Kurs geändert hat. Ich denke, es hat irgendwas gewittert.«
    »Dschinne? Dann hätte Khalis also recht.«
    Er deutete ein Schulterzucken an. »Warten wir’s ab.«
    Sie mussten sich nicht lange gedulden. Bald überflogen sie den Tigris. Die Berge veränderten allmählich ihre Farbe, von dunstigem Blaugrau zu Ocker und Gelb. Ihre Umrisse standen nun scharf umrissen vor dem Horizont. Das Elfenbeinpferd hielt inne, stellte sich in den Lüften auf die Hinterbeine, verharrte für einen Augenblick auf der Stelle und schlug dann eine weite Kreisbahn ein.
    »Da sind Menschen!«, rief Nachtgesicht. »Da unten, am Rande des Wadis.«
    Eine braune ausgetrocknete Senke mäanderte durch das Wüstenland, wo sich einst Wasser aus den Bergen seinen Weg zum Tigris gesucht hatte. Irgendwann einmal musste etwas Gewaltiges durch das Flussbett von Osten nach Westen gezogen sein: Aus der Luft war eine lange Reihe von Spuren zu erkennen, jede einzelne so groß wie ein Ochse, dreifach verzweigt, mit einem langen Sporn an der Ferse. Als hätte ein turmhoher Vogel diesen Weg genommen, mit riesenhaften Schritten, zwischen denen eine Galeere Platz gefunden hätte. Instinktiv sah Tarik nach Westen, aber dort war längst nichts mehr zu sehen. Die Spuren mochten ein paar Jahrzehnte alt sein und waren nur aus großer Höhe zu erkennen, sosehr waren sie bereits Teil der Landschaft geworden.
    Nahe bei einem dieser Abdrücke, nicht weit von der Bodenwelle entfernt, die den südlichen Rand des Wadis markierte, lagerten zwei Menschen neben einem winzigen schlammigen Wasserloch.
    Ein Teppich lag ausgerollt neben ihnen am Boden.
    Das Elfenbeinpferd galoppierte abwärts auf sie zu, wirbelte mit seinen Schwingenschlägen Staub auf und stieg umgehend wieder in die Höhe. Eine der beiden Gestalten hob den Kopf.
    »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte Sabatea.
    Tarik ballte die Hand im Muster zur Faust und stieß sie hart abwärts. Der Teppich schoss in einem waghalsigen Sturzflug in die Tiefe. Der Einzige, der ihnen umgehend folgte, war Nachtgesicht. Ifranji stieß einen schrillen Schrei aus, als der Teppich der Geschwister steil nach unten rauschte.
    Tarik sah die beiden Menschen am Boden immer größer werden. Er hatte den einen ebenso
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