Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strengstens verboten

Strengstens verboten

Titel: Strengstens verboten
Autoren: Patrick Carman
Vom Netzwerk:
war der erste Sommer, in dem ihr Sohn ebenfalls im Hotel arbeiten durfte.
    Der Junge blieb hinter Leo stehen und starrte auf die Schlüsselkarte.
    Â»Du hast ’ne Dalli! -Karte«, sagte er. »Das nenn ich Glück!«
    Leo nickte und versuchte, dem kleineren, dunkelhäutigen Jungen in der schicken Uniform nicht allzu begeistert zuzugrinsen. Woher wusste der überhaupt, was eine Dalli! -Karte war?
    Â»Remi, an die Tür, sofort!«, bellte Mrs Sparks und der neue Laufbursche flitzte an seinen Posten zurück. Dort stand er und blickte mürrisch zu Boden, sah jedoch ab und zu auf, um mitzubekommen, was nun passieren würde. Er tat Leo leid, weil er den ganzen Tag hier bei Mrs Sparks in der Hotellobby festsaß. Das glich ja einem Fluch!
    Mrs Sparks wandte sich einer leuchtend grünen Froschfigur auf ihrem Tresen zu. Der Frosch hatte einen dicken Bauch wie ein Buddha und lachte. Sie steckte die Karte in einen Schlitz direkt dort, wo sich der Bauchnabel befunden hätte, wenn er einen gehabt hätte, und die Karte verschwand. Das hatte zur Folge, dass zwei orangefarbene Murmeln aus dem Kopf des Frosches zur Decke schossen und punktgenau auf zwei Metallschienen landeten, die sich da oben wild drehten und zuckten. Als Leo den Weg der Murmeln über die Schienen verfolgte, konnte er sich die gesamte Lobby genau ansehen. Der Raum wurde beherrscht von riesigen grünen Pflanzen, die zu Tierformen zurechtgestutzt waren und vor den violetten Wänden standen. Es gab einen Fahrstuhl mit glänzenden goldenen Türen – nur für Gäste – und eine breite, reich verzierte Treppe mit rotem Teppich und dunklen Holzgeländern.
    Die orangefarbenen Murmeln folgten den Schienen zu einer grünen Giraffe, umliefen ihren Hals spiralförmig, kamen schließlich auf eine gerade Strecke und verschwanden in zwei Löchern über einer kleinen orangefarbenen Tür. Sie ging leise knarrend ein Stück auf und Mrs Sparks beugte sich erneut über den Tresen, um Leo wieder mit vernichtendem Blick anzusehen. Der neue Hotelpage warf einen sehnsüchtigen Blick auf die orangefarbene Tür, hatte aber nicht den Mut, näher zu kommen.
    Â»Lass aber keine Ente dorthinein, AUF KEINEN FALL«, befahl Mrs Sparks streng. »Wenn du eine Ente mitnimmst, benutze den Entenaufzug.«
    Â»Ja, Ma’am«, sagte Leo. »Keine Enten, wo keine Enten hingehören. Das ist doch sonnenklar.«
    Hauptmann Rickenbacker, der vor zwei Jahren aufgekreuzt war und das Gebäude seitdem nicht mehr verlassen hatte, betrat die Lobby. Sein rotes Cape flatterte hinter ihm her. Er war ein vielfacher Technologie-Millionär, aber der ganze Stress und die Computer-Bildschirme waren ihm zu viel geworden. Mrs Sparks sagte gerne, er sei nicht ganz richtig im Kopf, doch da war sich Leo nicht so sicher. Hauptmann Rickenbacker hatte sich Hals über Kopf in das Hotel verguckt, seit er einen Fuß in die Lobby gesetzt hatte. Er liebte das Whippet Hotel. Es machte ihn glücklich. Es machte ihn zufrieden. Also war er geblieben – zwei Jahre am Stück – im dritten Stock in einer der ältesten Suiten des Hotels.
    Leo vermied es, sich in ein Gespräch mit Hauptmann Rickenbacker verwickeln zu lassen – das konnte nämlich dauern. Daher öffnete er schnell die kleine orangefarbene Tür und trat ein. Er blickte zurück zu dem Hotelpagen, der ihm den erhobenen Daumen zeigte. Leo erwiderte die Geste und schloss die orange Tür hinter sich.
    Leo wusste, was zu tun war. Er war schon ein paarmal hier drin gewesen, immer mit Mr Whippet zusammen. So allein hier drin vermisste er Merganzer Whippet mehr denn je.
    Leo schob diese Gedanken beiseite und ging wenige Schritte in der Dunkelheit bis zu einem Sitz neben einem Paar sich drehender Stangen, die scheinbar endlos in die Dunkelheit über ihm stiegen. Wenn man auf dem Sitz Platz nahm, fingen die Stangen leicht zu leuchten an – eine orange, die andere rot –, und plötzlich war der Schacht, der nach oben führte, voller weißer Punkte, wie Sterne am Himmel.
    Das wird gut, dachte Leo und schnallte sich erst mit dem Sicherheitsgurt an, dann klappte er noch den Schulterriegel herunter. Wie in einer Achterbahn, dachte Leo, nur besser, weil er nämlich wusste, was jetzt kam. Kaum war er angeschnallt, da katapultierte die Doppelhelix, wie Mr Whippet sie nannte, ihn durch die Mitte des Whippet Hotels wie einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher