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Strengstens verboten

Strengstens verboten

Titel: Strengstens verboten
Autoren: Patrick Carman
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die Enten aufzupassen.
    Aber Mr Fillmore hatte etwas anderes vor, etwas, das seinen Sohn aufheitern würde, wenn auch nur ein wenig. Er starrte auf das Feld mit bunten Knöpfen und drückte mit seiner fleischigen Handfläche auf einen roten. Dann tippte er ein paar Buchstaben auf eine Tastatur und aus der Schaltzentrale kam eine Schlüsselkarte heraus. Dabei wurden Wörter in die Karte eingeritzt, die Leo jedoch nicht lesen konnte.
    Â»Das sollte funktionieren«, sagte Mr Fillmore und reichte Leo die Schlüsselkarte. »Pass bloß gut auf. Und schnall dich diesmal an. Wir wollen so früh in der Woche nicht schon wieder blutige Nasen. Du weißt doch, wie sich Mrs Sparks aufregt.«
    Leo hatte schon viele Schlüsselkarten des Whippet Hotels in den Händen gehabt. Sie waren ungefähr so groß wie Kreditkarten. Doch jede Whippet Hotel-Schlüsselkarte hatte ihre Besonderheiten. Vor allem wusste niemand außer Merganzer D. Whippet, wie sie gemacht wurden oder was sie konnten. Es wurde gemunkelt, dass sie jeden Schritt der jeweiligen Empfänger verfolgten, entscheidende Hinweise kontrollierten, ja sogar Gedanken lesen konnten. Wer Dauergast im Whippet war, hatte eine gelbe Schlüsselkarte. Die Karte für einen Kurzaufenthalt war grün. Clarence Fillmore und Mrs Sparks hatten blaue Karten, die viele Türen öffneten. Und dann gab es noch die roten Whippet-Karten, wie diejenige, die Leo jetzt in der Hand hatte. Es waren Karten zum einmaligen Gebrauch. Sobald man sie in den Schlitz einer Wand oder einer Tür steckte, verschwanden sie.
    Es gab noch eine weitere Karte – die silberne Schlüsselkarte –, die Mr Whippet an einer ebenfalls silbernen Kette in der Tasche mit sich trug. Mit dieser Karte konnte man in jeden, wirklich jeden Raum im Hotel … selbst in die geheimen Zimmer, die kaum einer jemals gesehen hatte.
    Die Ränder von Leos roter Karte waren mit feinen Zeichen und Linien bedruckt und in der Mitte stand: Aufs Dach! Dalli! Keine schöneren Worte waren je an einem Montagmorgen ausgedruckt worden.
    Â»Die Doppelhelix?«, flüsterte Leo und die Begeisterung war seiner Stimme anzuhören.
    Â»Du weißt doch, was Dalli! heißt – verschwinde, ehe ich es mir anders überlege«, sagte Mr Fillmore.
    Kurz darauf rannte Leo die Kellertreppe hinauf in die Eingangshalle des Whippet Hotels und dachte, wie toll sich der Montagmorgen doch noch entpuppte.

    Wenn es an der Zeit war, mit den Enten spazieren zu gehen, benutzte Leo normalerweise den Entenaufzug für die lange Strecke zum Dach. Der Entenaufzug war eine Vorrichtung, die einem Fahrstuhl ziemlich ähnlich war, nur niedriger, schmaler, langsamer und angefüllt mit dem Geruch nach nassen Federn. Aber jetzt handelte es sich um einen Notfall – die Zeit drängte –, und das bedeutete, er musste einen anderen, geheimeren Weg aufs Dach des Whippet Hotels nehmen.
    Leo stand vor Mrs Sparks und spürte den Schatten ihrer Bienenkorbfrisur, als er ihr seine Whippet-Schlüsselkarte hinstreckte.
    Â»Eine Dalli! -Schlüsselkarte«, merkte Leo an. »Sehen Sie, es steht extra drauf, da.«
    Mrs Sparks’ bleistiftstrichfeine Augenbrauen schossen hoch. Sie beugte sich ruckartig über ihren Empfangstresen und ihre Lesebrille balancierte gefährlich ganz vorne auf ihrer Nasenspitze. Dann nahm sie die Schlüsselkarte, wie es ihre Art war, fest zwischen die spitzen Finger und zog sie dem Jungen aus der Hand. Mit dem Fingernagel kratzte sie daran herum, um ihre Echtheit zu überprüfen.
    Nachdem die Schlüsselkarte den Test bestanden hatte, warnte Mrs Sparks: »Wenn Betty noch mal einen Gast beißt, gebe ich dir die Schuld.«
    Betty war die Leitente, eine wahre Unruhestifterin, wenn sie wollte, doch Leo wusste, wie er sie bei Laune halten konnte. Mrs Sparks hasste Enten – vor allem Betty –, und sie verabscheute das Hausmeisterteam, mit anderen Worten, Leo und Clarence Fillmore.
    Â»Machen Sie sich keine Sorgen wegen Betty«, sagte Leo. »Ich kann mit ihr umgehen. Ich habe Leckerli dabei.«
    Leo klopfte sich auf die Brusttasche seines Overalls, um sicherzugehen, dass er alles hatte, was er brauchte. Währenddessen kam der neue, für den Sommer eingestellte Hotelpage von der Eingangstür auf sie zugeschlichen. Er war der Sohn von Pilar, dem Zimmermädchen des Hotels. Sie arbeitete schon lange im Whippet, aber das
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